WiWi Gast schrieb am 15.05.2023:
WiWi Gast schrieb am 15.05.2023:
In Richtung Niederlassung gehen als Psychologischer Psychotherapeut mit Kassensitz. Da können mit angenehmen Arbeitszeiten zwischen 120-300k erwirtschaftet werden. Hier ist die Range von Kollegen oftmals so, dass die mit 4000-12000k Netto (Abzug nach ALLEN Abgaben) nach Hause gehen (Nettoarbeitszeit ca. 20-30h) auf 42 Wochen im Jahr gerechnet.
Die Rechnung ist ziemlicher Quatsch. Wenn man Kassenpatienten hat, dann ist das Sitzungsentgeld auf ca. 90 Euro gebündelt. Alleine da sieht man schon, wie Ahnungslos du bist, da du mit unrealistischen Sitzungssätzen kalkuliert hast.
Viel mehr als 20 Termine wird man in der Woche nicht schaffen. Besonders dann nicht, wenn man gar keinen Angetellten für die Verwaltung und Terminierung hat. Selbst , wenn man wirklich annimmt, dass man durcharbeitet und nur 2 Wochen für Feiertage abzieht, sind das bestenfalls an die 90k Umsatz. Umsatz ist aber nicht Gewinn, denn da gehen alle Kosten ab. Wenn da 30 - 50k Reingewinn bleiben, ist das viel.
Deine Rechnung ist aber genauso Quatsch. Zum einen sollte das durchschnittliche Sitzungsgeld höher sein (eher ca. 100€ die Stunde), zum anderen stellst du die wirtschaftlich absolut dämlichste Konstellation auf. Wenn ich nur 20h die Woche arbeite, werde ich offensichtlich nicht allein eine Praxis betreiben. Entweder habe ich einen halben Praxissitz und tue mich mit jemand zusammen oder ich hab einen vollen Praxissitz und stelle noch jemanden an. Darüber hinaus vernachlässigst du sämtliche weitere möglichen Einkünfte, z.B. Quartalsbonus, Privatpatienten oder Gruppentherapie - nehm ich diese Mischkalkulation, kommt man auch mit 20h/Woche locker auf einen Jahresumsatz in der Größenordnung 85-90k€ als absolute Basis ohne Angestellte oder besondere Spezialisierungen.
20h sind normale Vollzeit für Psychotherapeuten. Da kommt noch Vor- und Nachbearbeitung, Verwaltung, Abrechnung usw. dazu.
Ähnlich der Lehrer, wo 27 Unterrichtsstunden je 45 Minuten einem tatsächlichen Work-Load All-In von ca. knapp über 48 realen Stunden pro Woche entsprechen.
Mit 85k Umsatz Vollzeit liegst du gar nicht so schlecht, siehe oben: 74.036 Euro sollten es sein. Davon ab alle Kosten, Miete, Mobiliar, Computer, Versicherungen/Berufshaftpflicht & Co. und davon ab SV-Anteile AN, AG sowie Steuern.
Warum arbeiten wohl so viele Psychotherapeuten fachfremd, freuen sich über eine HR-Sachbearbeiterstelle wie über einen Lottogewinn?
Ich bin Psychologische Psychotherapeutin, habe also Psychologie Bachelor/Master studiert + die psychotherapeutische Ausbildung in Verhaltenstherapie mit Approbation angehängt. Ich bin etwas erstaunt über die pessimistischen Gehaltsvorstellungen, die sich für Interessenten recht abschreckend anhören könnten.
Erstmal zum Gehalt eines Psychologen nach Master / in Psychotherapeutenausbildung bei Anstellung (ich spreche hier nicht von den 1800 Psychiatrie/Psychosomatikstunden, die für die Therapeutenausbildung benötigt werden). Nach Tvöd wird man hier zb nach VKA in E13 eingruppiert. Also deutlich über dem Gehalt eines Sozialpädagogen. Ab Approbation (= Beendigung der Psychotherapeutenausbildung) kommt man in E14, übernimmt man eine Leitungsposition meist in E15, was der höchsten Eingruppierung entspricht.
Wird man in einer psychotherapeutischen Praxis angestellt kann das Gehalt auch darüber liegen. Das ist aber recht individuell und es macht Sinn zu vergleichen.
Zu den Kassensitzen. Zumindest im Raum München (20-30 Min von München entfernt, aber an das Münchner SBahnnetz angeschlossen. Wie es in der Stadtmitte ist, weiß ich nicht) kosten halbe Sitze aktuell meist 30000€. Zudem gibt es (zumindest in Bayern) auch ein paar nicht gesperrte Gebiete, wo man gar nichts zahlen muss. (Zumindest war das Anfang 2023 noch so). Ein halber Sitz reicht völlig, weil man damit bis zu 30 gesetzlich Versicherte sehen kann. Da sind privat Versicherte, von denen genau so viele auf Therapeutensuche sind, oder Paartherapien, Selbstzahler etc noch nicht mal inbegriffen. Die können also noch dazu kommen.
Das Honorar für eine Therapiestd für gesetzl Versicherte liegt aktuell bei ca 108 € (Sprechstd, Probatorik etc sind etwas anders vergütet. Das lasse ich jetzt der Einfachheit halber weg).
Für Privatpatienten ist ein Satz von 100 oder zunehmend 150€/50 Min üblich. Hier ist anzumerken, dass die privaten KK auch reine Videotherapien zahlen, wodurch man räumlich nicht mehr gebunden ist und wenn man ein bisschen mutiger ist auch mit einer reinen Privatpraxis genug Patienten haben kann und nicht mal unbedingt Miete für Räumlichkeiten ausgeben muss.
Die meisten Therapeuten sehen am Tag 6-8 Patienten. Das auf 5 Tage verteilt zeigt, dass 100.000€ /200.000€ (teils auch mehr) im Jahr nicht unrealistisch sind, was sich auch mit Erfahrungen aus meinem Umfeld deckt. Natürlich gibt es auch die, die wesentlich weniger machen, aber das ist dann die eigene Entscheidung.
Vielleicht konnte das ein bisschen entwirren und die Verunsicherung nehmen, wenn jemand diesen Beruf in Erwägung zieht ;)
antworten