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Konstruktion - Der Wirtschafts-Thriller: Teil 13

Das Geständnis - Es ist nicht so wie du denkst!

Philipp hatte gerade seinen Freund in die Wohnung gelassen, als dieser sofort wieder zum Aufbruch drängte. „Hey, was ist denn los?“ wollte Philipp wissen. „Es ist besser, wenn wir uns an einem anderen Ort als diesem hier unterhalten. Ich kann Dir jetzt unmöglich alles erklären. Auch wenn Dich das jetzt irritiert! Vertrau mir einfach!“ „Okay. Dann lass uns irgendwo hinfahren wo wir ungestört reden können. Es scheint Dir ja wirklich am Herzen zu liegen.“ Dann fiel Colin´s Blick auf den Fernseher, aus dem unaufhörlich die Bilderflut hervor prasselte. Es waren immer noch die Bilder vom Bombenattentat. „Schöne Scheiße, die da am J.F.K. passiert ist!“ „Das kannst Du wohl laut sagen!“ gab Philipp zurück. Kurz darauf hatten sie die Wohnung von Philipp verlassen und saßen im Wagen von Colin, einem Jaguar Sport Coupé.

Wo fahren wir denn hin?“ wollte Philipp wissen. „Ins Tasmanian Garden. Es liegt an der Columbus Avenue in Manhattan.“ Es wird Dir zusagen, ich bin mir da sicher!“ „Vielleicht? Nur dieses beschissene Hämmern in meinem Kopf treibt mich langsam in den Wahnsinn. Ganz zu schweigen von dem unendlichen Druck der auf meinen Augen lastet.“ Colin griff ins Handschuhfach und holte etwas hervor, worin Philipp eine Tablettenpackung erkannte. „Hier nimm davon zwei. Es lässt den Schmerz verschwinden, ohne dass es dich ausknockt! Und es schärft Deine Sinne. Es gibt Dir den durchdringenden Blick eines Raubtieres. „Scheiße, sind das etwa Drogen?“ „Was denkst Du? Was sind denn bitte schön keine Drogen? Nimm sie also oder lass es bleiben!“

Philipp schluckte, blickte kurz hoch in den Innenspiegel, registrierte seine elenden Gesichtszüge und sah das Bild eines Mannes, den er am liebsten vergessen hätte. Dann drückte er aus der Packung zwei Tabletten heraus und nahm sie zu sich. Für einen Moment lang beschlich ihn die Hoffnung, dass er alles hinter sich lassen konnte. Insbesondere die letzten achtundvierzig Stunden hätte er am liebsten aus seinem Gedächtnis ausgelöscht. Es war so etwas wie der Glaube daran, das herbeizuführen, was ihn so oft aufgesucht hatte, die Phasenverschiebung. Aber er wollte die absolute, die unwiderrufliche, die keine weiteren mehr nach sich ziehen sollte. Er wollte seinen Geist befreien. Um das zu erreichen hätte er nahezu alles geschluckt.

Im Tasmanian Garden wurde ihnen sogleich ein Tisch zugewiesen. Das allein war nicht weiter verwunderlich, denn das Tasmanian Garden schien ein Club zu sein, in dem man auf Aspekte einer gewissen Ordnung Wert legte. Tatsächlich schien der Laden nur von der besser verdienenden Schicht aufgesucht zu werden. Und es hätte Philipp gar nicht gewundert, wenn es ein geheimes Abkommen gab, das einen berechtigte hier Einlass zu erhalten. So war denn auch die Atmosphäre dem dezenten Gebaren der Gäste angepasst. Man bewegte sich hier in unaufdringlichen und diskreten Umgangsformen. Hier schienen die Gäste sogar ausgesprochen Wert darauf zu legen, eine gewisse Distanz zueinander zu wahren. Es wirkte partout nicht so als wäre man hier ausschließlich unter Freunden, obschon es auch nicht wie das Gegenteil war.

Die Einrichtung war in dunkle Farben gehalten. Viel Samt und verhalten gesprenkelter Marmor gestalteten die satte Wirkung, welche die Räumlichkeit auf Philipp machte. Die Sessel rund um die Glastische, waren tief und ausladend in ihrer Formgebung, wenngleich das nahezu einen Verstoß gegen die schlichte aber wohl platzierte Ordnung darzustellen vermochte. An den Wänden waren verschiedene Bilder angebracht, die überwiegend geometrische Formen in allen möglichen Variationen darstellten. Eben dieser ganze New Deco-Style wie er es nannte.

Was denkst du Philipp?“ wollte Delaney wissen. „Ja. Es ist okay, nicht ganz mein Ding, aber, nein, es ist okay. Wirklich!“ „Ich sehe es dir doch an wie steif du da in deinem Sessel sitzt!“ „Steif? Nein, das ist sicher nicht deswegen, es ist nicht weil es hier etwas versnobt ist!“ erwiderte Philipp und fuhr dann fort. „Es ist wohl weil ich in eine Katastrophe hineingeraten bin. und ich nicht weiß, wie ich da herauskommen soll. Ich schaffe es weder alleine noch mit der Hilfe anderer!“ „Genau in dem Punkt solltest Du Dir nicht so sicher sein! Wir sind Freunde, ich bitte das zu beachten!“ „Klar sind wir das, aber du kannst das alles unmöglich begreifen! Abgesehen davon wollten wir über deine Sache reden!“ „Das Ding ist, dass ich denke, ja, sogar weiß, dass dein Ding und mein Ding quasi dasselbe Ding sind!“

Colin blickte ihn lange an. Es herrschte Schweigen zwischen den beiden, denn Philipp wusste nicht genau, was er von der Aussage Delaney´s halten sollte. Ihm war auf einmal heiß geworden. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und löste seine Krawatte. Dann brachen die Worte des Kellners ihr Schweigen. „Was darf ich ihnen zu trinken bringen!“ ertönte die Stimme des Kellners, eines jungen gut aussehenden Mannes mit einem smarten Lächeln. „Für mich bitte ein Coors.“ ließ Delaney wissen. „Für mich bitte das gleiche.“ antwortete Philipp. „Was hast Du damit gemeint? Wie soll ich deine Worte verstehen, dein Ding ist auch mein Ding und umgekehrt?“ „Sag es ruhig. Es hört sich atavistisch an und von mir aus auch sokratisch und bedeutungsvoll, aber es ist nicht nur einfach so daher gesagt. Und es ist auch nicht nur so, weil wir Freunde sind!“ „Aber was meinst Du dann, wenn Du sagst, dass wir dasselbe durchleben, denn das heißt es ja, oder?“ „Oh Mann, wo soll ich anfangen?“ „Ich kann es Dir nicht sagen!“ erwiderte Philipp mit leichter Ungeduld in der Stimme. „Also gut! Ich weiß ziemlich genau was Du durch machst zur Zeit. Ich weiß was Dich bedrückt. Die Sache am Flughafen, was da heute Nachmittag passiert ist, ich weiß, dass die Bombe in diesem Koffer war, und dass Du ihn an diesen Frazier übergeben hast.“

In Philipps Augen stand plötzlich das blanke Entsetzen. Seine Augen hatten sich zu langgezogenen Schlitzen verengt und sein Gesicht war in tiefe Falten geworfen. Er war fassungslos, und konsterniert starrte er in die Augen von Delaney. „Scheiße Mann, aber woher? Ich meine woher weißt du das alles? Wer bist du gottverdammt?“ „Ich hätte dir und uns beiden am liebsten diesen Moment erspart, doch es war immer schon klar, dass es eines Tages so weit sein würde.“ „Das was so weit sein würde? Wovon redest du, ich versteh das alles nicht!“ brachte Philipp gehetzt hervor. Delaney hatte seine Hände mit weit gespreizten Fingern vor seinen Kopf geführt. Er schien sich konzentrieren zu müssen. Er schien nach dem richtigen Gedanken zu suchen, dem richtigen Einstieg in das, was offensichtlich eine hohe Bürde für ihn bedeutete. „Wo soll ich nur anfangen?“ brachte er leise und überlegt hervor. „Ich kann es dir nicht sagen, wenn du es selber schon nicht weißt ...?“

Als wir uns vor zehn Monaten auf dem Flug von Hamburg nach New York kennen gelernt haben ... es war dein erster Flug nach New York!“ Er zögerte, unterbrach sich für einen kurzen Moment. „Sag´s mir verdammt was war da?“ „Es war kein Zufall, dass wir uns kennen gelernt haben!“ „Wie meinst du das?“ Philipp wirkte irritiert und nervös, konnte sich den Sinn von Colin´s Worten nicht erschließen. „So wie ich es gesagt habe. Es war von Anfang an so geplant!“ Die Gesichtszüge von Philipp begannen sich anzuspannen, sein Blick wirkte verbittert und desorientiert. Dann stand Delaney auf, griff in die Innentasche seines Sakkos und holte einen runden schweren Gegenstand hervor, den er unvermittelt auf den Tisch fallen ließ. Es lag ein kalter Glanz auf dem Metall. Nicht weniger schien sich dieser kalte distanzierte Glanz in Philipps Augen wider zu spiegeln. Die Luft wirkte so als wäre sie schlagartig verdichtet worden, als hätte sich die Schwere des Metalls auf den Raum und die Situation gelegt. Es war eine Marke vom C.I.A.

Sag, dass das nicht wahr ist! Das kann unmöglich wahr sein!“ Philipp blickte nahezu flehentlich in Colin´s Augen. Delaney hielt seinem Blick stand, seine Augen ruhten, er hatte nach Fassung gerungen, sich gesammelt, jetzt war er ein Fels in der Brandung. Es war raus.


Dann kam der Kellner mit den Getränken an ihren Tisch. Er sah die Marke, die auf dem Tisch lag, schien einen Moment lang eine Verbindung dazu herstellen zu wollen, hätte es sicherlich geschafft, doch dann riss ihn Delaney heraus aus diesem forschenden Gedankenmoment. „Sie sehen schlecht aus! Ihre Augen, sie haben so einen leichten Gelbstich!“ Während Delaney das aussprach hatten sich ihre Augenpaare gekreuzt. Er fixierte den jungen Mann, der seinem durchdringenden Blick nicht auszuweichen vermochte. Seine Nasenflügel bebten, seine Pupillen zuckten nahezu unmerklich. Diesen Augenblick nutzte Colin, um seine Dienstmarke vom Tisch zu entfernen und in seiner Hosentasche verschwinden zu lassen. „Sie sollten sich wirklich mal untersuchen lassen. Hier ich gebe ihnen mal meine Karte. Ich bin Arzt für Augenheilkunde!“ Dann holte er aus seinem Portemonnaie eine Visitenkarte hervor, die er dem Kellner mit einer flinken Handbewegung aufs Tablett warf. „Man sehen sie schlecht aus. Gar nicht gut. Was meinst Du Philipp?“

Philipp hatte einen Moment lang völlig gebannt das sich ihm gebotene Schauspiel verfolgt. Dann hatten ihn die Worte heraus gerissen aus diesem Bann. „Was sagtest du? Hast du mit mir gesprochen?“ wandte sich Philipp fragend an Colin. Unterdessen schien es so als ob der junge Kellner vollkommen neben sich stehen würde. Er war geschockt, konnte gar nichts mehr einordnen, wusste überhaupt nicht mehr was er noch denken sollte. „Ich fragte Dich nach deinem Eindruck. Der gute Mann hier vor uns hat doch offensichtlich ein Leiden. Du erkennst es an der starken Verfärbung seiner Pupillen!“ „Ja, kann schon sein!“ gab Philipp auch im Tonfall leichter Verunsicherung zurück. Nicht nur der Kellner, sondern auch Philipp war sichtlich irritiert von dem Schauspiel, das Delaney ihm da gerade bot. Colin war in eine Rolle geschlüpft. Es war erstaunlich wie sehr er da so schnell hinein gewachsen war. Philipp begann zu frösteln, als er den harten Ausdruck, diese Ernsthaftigkeit in Delaneys Augen wahrnahm.

Also, Sie können mich jederzeit anrufen, sie haben ja meine Nummer. Ich will ihnen gerne helfen!“ sagte Delaney mit stechender Intensität im Blick nahezu beschwörend in Richtung des jungen Mannes. Der trat schließlich völlig verwirrt und mit einem betretenen Gesichtsausdruck zurück und hatte dabei eine etwas molligere ältere Frau übersehen, die hinter ihm gerade zu ihrem Platz gehen wollte. Die beiden stießen zusammen. Die Frau stolperte, geriet aus dem Gleichgewicht und fiel neben ihm zu Boden. Das Tablett war dem Kellner beim Zusammenstoß aus der Hand gerutscht. Es ging ebenfalls zu Boden aber mit einem lauten Scheppern. Das Geräusch der zerschmetterten Gläser wurde vom erschrockenen, Schmerz verzerrten Schrei der Frau durchbrochen. Der gesamte Inhalt eines Cocktailglases hatte sich über das Kleid der alten Dame ergossen. Sie wimmerte, wirkte wie ein begossener Pudel! Die Situation hatte etwas Entwürdigendes. „Es es tututuut mir leid, entschuldigen sie vivielmals!“ brachte der Kellner stotternd und mit hochrotem Gesicht hervor. An den umstehenden Tischen hatten die Leute sich umgedreht. Auch sie starrten irritiert zu ihnen herüber. Auch sie wirkten verunsichert. Ihr Begleiter, ein südamerikanischer Typ, war unterdessen zu ihr geeilt, doch auch er stand nur hilflos neben ihr.

Dann endlich stand ausgerechnet Delaney auf und beugte sich zu ihr herunter, blickte zu ihrem Knöchel und betastete ihn vorsichtig. „Der ist geschwollen, vielleicht ist es sogar eine Fraktur! Sie sollten besser einen Krankenwagen verständigen!“ sprach Colin zum Chef des Hauses. „Wenn sie das sagen.“ antwortete der Chef des Hauses und machte kehrt, um zum Telefon zu eilen. Die Frau hatte man inzwischen zu einem Sessel getragen. Zwei weitere Kellner hatten sich erbarmt. „Lass uns aufbrechen!“ sagte Delaney Philipp zu gewandt. „Okay, wie du meinst.“ Die beiden zahlten und verließen dann den Club. Auf dem Weg zum Auto hielt Colin dann an, wandte sich noch einmal Philipp zu und sagte dann: „Es ist nicht so wie Du denkst!“