WiWi Gast schrieb am 23.11.2021:
Die Teilfreistellung des InvStG hier mit reinzurechnen (ich unterstelle mal, dass du das meinst), macht aus meiner Sicht nicht wirklich Sinn, da du dann die gesamte verbleibende Vorbelastung auf Fondsebene ebenfalls musst. Das ist im Übrigen die steuersystematische Rechtfertigung für die AbgeltungSt, dass die ausgeschütteten Einkünfte regelmäßig vorbelastet sind. Deshalb kommst du im Ergebnis auf ähnliche effektive Steuersätze, als wenn du eine PersG mit gewerblichen oder freiberuflichen Einkünften hast, deren Einkünfte dir direkt zugerechnet werden. Ich kann in deiner Argumentation also kein Argument gegen einen Wegzug erkennen.
Bei deinen Ausführungen zur Teilfreistellung hast du grundsätzlich recht. Trotzdem darf man das hier der Vergleichbarkeit wegen berüchsichtigen und einrechnen. Denn im Thread ging es um die Frage, dass ein Anleger bis zur Rente in Deutschland einen ETF-Sparplan bedient (ob Thesaurierer oder Ausschüttend mit Wiederanlage der ausgeschütteten Beträge lassen hier mal unberücksichtigt). Nach dem Renteneintritt möchte eben dieser Anleger seine Anteile so im Ausland (bspw. Malta) veräußern, dass auf den realisierten Kursgewinn keine Abgeltungssteuer fällig wird. Alle von dir genannten vorgelagerten Besteuerungen auf Fondsebene während der Ansparphase hat dieser Anleger natürlich ebenso durchlaufen, insofern macht dieser Effekt im Vergleich zwischen a) Verkauf in Malta und b) Verkauf in Deutschland mit Abgeltungssteuer (nach Teilfreistellung) keinen Unterschied.
Ich wollte also nicht den effektiven Steuersatz berechnen und vergleichen sondern nur die Steuer die zum Zeitpunkt der Veräußerung in beiden Szenarien anfällt.
Ich möchte auch nochmal kurz erwähnen, dass die von dir genannte Besteuerung auf Fondsebene (15% für in DE domizilierte Produkte) natürlich nur bei Erträgen, die dem Fonds zufließen, anfällt. Also auf Dividenden der im Fondsvermögen enthaltenen Aktien.
Beispiel: ein Fonds F enthält 100 Aktien eines Unternehmens U. U zahlt 1€ Dividende je Aktie, dann gehen von den 100 EUR Bruttoerträgen 15% = 15€ an den Staat. F schüttet jetzt die Nettoerträge vollständig an den in Deutschland steuerpflichtigen Anleger A aus, also 85€. Auf diesen Betrag abzgl. Teilfreistellung zahlt A dann nochmal Abgeltungssteuer (85€ x 0,7 x 26,375% = 15,7€). Die Gesamtsteuerbelastung von 100€ Bruttoertrag beträgt also hier etwa 30,7€ = 30,7%. Das ist etwas höher als wenn A direkt Anteile von U halten würde und die Dividende ihm direkt zufließt.
Bevor der Einwand kommt: ich weiß, dass U die ausgeschütteten Erträge aus bereits besteuertem Gewinn gezahlt hat. Ja das stimmt natürlich! Allerdings lässt sich diese erste Besteuerungsstufe nun wirklich in keinem Falle umgehen.
Aber: die Teilfreistellung wirkt für den Anleger tatsächlich vorteilhaft, wenn er durch Verkauf Buchgewinne erzielt, die allein durch Kursgewinne der im Fondsvermögen enthaltenen Aktien entstehen. Ähnliches simpifiziertes Beispiel:
F enthält ausschließlich Aktien von U. Der Kurswert der Aktie U steigt um 100%, folglich steigt auch der Anteilswert von F um 100%. Der Anleger A hat für 1.000€ Anteile von F gekauft, verkauft diese jetzt für 2.000€ und realisiert dadurch einen Veräußerungsgewinn von 1.000€. Von diesem zieht er die Teilfreistellung ab und muss somit nur auf 700€ Abgeltungssteuer zahlen (~185€). Auf Fondsebene von F findet hier keinerlei Besteuerung statt!
Ein Anleger der direkt Aktien von U hält, müsste hingegen bei Veräußerung ~264€ Abgeltungsssteuer zahlen. Als Fondsanleger zahlt man hier also effektiv weniger Steuer als ein Aktionär.
Fazit: je höher der Anteil der Kursgewinne im Portfolio eines Aktien-Fonds/ETF an dessen Gesamtrendite ist (also je geringer der Anteil der Dividenden an der Gesamtperformance), desto vorteilhafter wirkt für den Fonds-/ETF-Investor also die Teilfreistellung.
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