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Anlage, Aktien & VermögenAnleihen

EZB-Programm zum Ankauf von Vermögenswerten

Die EZB dehnt ihre Ankäufe auf Anleihen aus, die von Staaten im Euroraum, Emittenten mit Förderauftrag und europäischen Institutionen begeben werden. Insgesamt sind monatliche Ankäufe von Vermögenswerten in Höhe von 60 Milliarden Euro geplant. Die Ankäufe sollen bis September 2016 erfolgen. Das Programm dient der Erfüllung des Mandats der EZB zur Gewährleistung von Preisstabilität.

EZB kündigt erweitertes Programm zum Ankauf von Vermögenswerten an
Frankfurt am Main, 22.01.2015 (ezb) - Der EZB-Rat hat heute ein erweitertes Programm zum Ankauf von Vermögenswerten angekündigt. Ziel des Programms ist es, dass die EZB ihr Mandat zur Gewährleistung von Preisstabilität erfüllt. Es sieht vor, dass die EZB zusätzlich zu ihren bestehenden Programmen zum Ankauf von Vermögenswerten des privaten Sektors Staatsanleihen ankauft, um den Risiken einer zu lang anhaltenden Phase niedriger Inflation zu begegnen.

Der EZB-Rat hat diesen Beschluss in einer Situation gefasst, in der sich die meisten Indikatoren für die gegenwärtige und erwartete Inflation im Euroraum historischen Tiefständen angenähert hatten. Da die Gefahr bestand, dass mögliche Zweitrundeneffekte auf die Lohn- und Preissetzung die mittelfristige Preisentwicklung negativ beeinflussen, erforderte diese Situation eine starke geldpolitische Reaktion.

In einem Umfeld, in dem die Leitzinsen der EZB ihre Untergrenze erreicht haben, schaffen Ankäufe von Vermögenswerten monetäre Anreize für die Wirtschaft. Sie bewirken eine weitere Lockerung der monetären und finanziellen Bedingungen, sodass Unternehmen und private Haushalte günstiger Finanzmittel aufnehmen können. Dies stützt tendenziell die Investitionen und den Konsum, was letztendlich dazu beiträgt, dass sich die Teuerungsraten wieder dem Niveau von 2 Prozent annähern.

Das Programm wird das Ankaufprogramm für Asset-Backed Securities (ABSPP) und das Ankaufprogramm für gedeckte Schuldverschreibungen (CBPP3) einschließen. Beide Programme wurden Ende 2014 aufgelegt. Insgesamt sind monatliche Ankäufe von Vermögenswerten in Höhe von 60 Mrd Euro geplant. Die Ankäufe sollen mindestens bis September 2016 und in jedem Fall so lange erfolgen, bis der EZB-Rat eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennt, die im Einklang steht mit seinem Ziel, mittelfristig Inflationsraten von unter, aber nahe 2 Prozent zu erreichen.

Die EZB wird von im Euroraum ansässigen Zentralstaaten, Emittenten mit Förderauftrag und europäischen Institutionen begebene Anleihen im Sekundärmarkt gegen Zentralbankgeld erwerben. Diese Mittel können die Verkäufer der Wertpapiere zum Erwerb anderer Vermögenswerte und zur Kreditvergabe an die Realwirtschaft verwenden. In beiden Fällen trägt dies zu einer Lockerung der finanziellen Bedingungen bei.

Das Programm signalisiert die Entschlossenheit des EZB-Rats, sein Ziel von Preisstabilität in einem beispiellosen wirtschaftlichen und finanziellen Umfeld zu erreichen. Die eingesetzten Instrumente sind in der derzeitigen Situation angemessen und stehen vollständig im Einklang mit den EU-Verträgen.

Was die zusätzlichen Ankäufe von Vermögenswerten betrifft, so behält der EZB-Rat die Kontrolle über sämtliche Gestaltungsmerkmale des Programms. Die EZB übernimmt die Koordination der Ankäufe und wahrt somit die Einheitlichkeit der Geldpolitik des Eurosystems. Bei der Umsetzung verfolgt das Eurosystem einen dezentralen Ansatz, um seine Ressourcen zu mobilisieren.

Was hypothetische Verluste anbelangt, so hat der EZB-Rat beschlossen, dass Verluste aus Ankäufen von Wertpapieren europäischer Institutionen gemeinsam zu tragen wären. Diese Wertpapiere machen 12 Prozent der zusätzlichen Ankäufe von Vermögenswerten aus und werden von NZBen erworben. Die übrigen zusätzlichen Ankäufe von Vermögenwerten durch die NZBen unterliegen nicht der Verlustteilung. Die EZB hält 8 Prozent der zusätzlich angekauften Vermögenswerte. Somit unterliegen 20 Prozent der zusätzlichen Ankäufe von Vermögenswerten dem Prinzip der Risikoteilung.

Aufkaufprogramm kein Allheilmittel – nur Strukturreformen helfen
„Mit ihrem Aufkaufprogramm dramatisiert die Europäische Zentralbank (EZB) die Preis- und Wirtschafts­entwicklung im Euro-Raum unnötig. Zudem geraten Nutzen und Risiken der Niedrigzinspolitik allmählich in eine ungünstige Schieflage“, kritisiert Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, die heutige Entscheidung der EZB.

„Die Wirtschaftsschwäche im Euro-Raum ist derzeit vor allem strukturell geprägt, daher dürften die unmittelbaren Preis- und Konjunktureffekte des Aufkaufprogramms marginal sein“, so Kemmer weiter. Vielmehr sei zu befürchten, dass die zusätzliche Liquidität in der gegenwärtigen Situation vor allem in die Finanzmärkte fließe. Kemmer: „Dann steigt spürbar die Gefahr von Vermögenspreisblasen, von falschen Risikobewertungen und fehlgelenkten Investitionen.“ Auch das Risiko von Währungs­turbulenzen und Abwertungswettläufen werde zunehmen. Erfahrungsgemäß belaste dies vor allem die Investitionen. „Und die sind im Euro-Raum ohnehin ein gravierender Schwachpunkt“, bekräftigt der Bankenverbands-Chef.

„Auf keinen Fall dürfen die Euro-Staaten jetzt der Illusion erliegen, die mit dem Aufkaufprogramm verbundenen Zinserleichterungen reichten aus, nun könne man bei den wirtschaftlichen Reformen die Hände in den Schoß legen“, mahnt Kemmer. Die strukturellen Wirtschaftsprobleme im Euro-Raum – allen voran die mangelnde internationale Wettbewerbsfähigkeit, der extrem flache Wachstumstrend, die hohe Abgabenbelastung und eine aufgeblähte Staatsverwaltung – ließen sich auch durch eine noch so expansive Geldpolitik nicht beheben. Ohne zusätzliche Wirtschaftsreformen – gerade in den großen Kernländern Frankreich und Italien – werde der Euro-Raum auf keinen nachhaltigen und höheren Wachstumspfad gelangen. Kemmer: „Diese Erfahrung macht Japan inzwischen seit 25 Jahren.“

Martin Wansleben zum heute beschlossenen Ankaufprogramm
Als riskant bewertet Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), die heutige Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), massenhaft Staatsanleihen und andere Wertpapiere aus den Euro-Ländern aufzukaufen.

Wansleben: "Die EZB ist zum Gefangenen der eigenen Ankündigungen geworden. Sie hat ohne Not nun ihren letzten Trumpf ausgespielt.

Dabei überwiegen eindeutig die Risiken: Die Wirkung des Ankaufs von Staatsanleihen auf die Preisentwicklung in der Eurozone ist unsicher. Zugleich schwächt er den Druck zu dringend notwendigen Reformen in den Mitgliedstaaten.

Auch die Gefahr von Spekulationsblasen an den Finanzmärkten lässt er weiter steigen. Die EZB muss deutlich machen, dass Geldpolitik die Reformanstrengungen der Mitgliedstaaten zwar unterstützt, nicht aber ersetzen kann.

Dass die nationalen Zentralbanken ihre eigenen Staatsanleihen größtenteils auf eigenes Risiko kaufen, sieht auf den ersten Blick gut aus. Aber die Fehlanreize für die Reformanstrengungen und Spekulationsblasen bleiben. Würde es wirklich zu einem Zahlungsausfall kommen, landeten die Lasten letztlich doch bei der gesamten Eurozone."

ifo-Präsident Sinn kritisiert die Europäische Zentralbank
ifo-Präsident Hans-Werner Sinn hat die Beschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) kritisiert. „Das ist illegale und unsolide Staatsfinanzierung durch die Notenpresse. Wenn die EZB Papiere kauft, werden die Staaten neue Papiere verkaufen und somit von der Druckerpresse finanziert. Das ist nach Artikel 123 des EU-Vertrages eigentlich verboten und bedarf der Klärung durch das deutsche Verfassungsgericht“, sagte er in München.

„Es ist schwer nachvollziehbar, warum die EZB sich daran stört, dass die Ölpreise gefallen sind und nun eine Politik betreibt, die über eine Abwertung des Euro die Ölpreise wieder erhöht, zumal die Abwertung auch noch andere Importpreise erhöhen und die Realeinkommen der Verbraucher vermindern wird.“ Zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Staaten Südeuropas müssten dort entweder die Preise fallen oder Deutschland müsse inflationieren. Die EZB habe sich nun für den zweiten Weg entschieden.

Der Hauptgrund für die Beschlüsse sei nicht die Bekämpfung der Deflation, sondern die Rettung der Banken und Staaten der Krisenländer. „Die Käufe werden die Kurse der von den Banken gehaltenen Staatspapiere erhöhen und den Banken neues Eigenkapital verschaffen“, sagte Sinn. Zugleich würden sie die ohnehin niedrigen Zinsen auf Staatspapiere weiter senken und die Anreize zur Neuverschuldung insbesondere bei den Krisenstaaten vergrößern, was den Reformdruck verringere. „Wenn 20 Prozent der Käufe in gemeinschaftlicher Haftung liegen, bedeutet das, dass die EZB zu 20 Prozent Eurobonds schafft. Es ist bemerkenswert, dass die EZB in aller Deutlichkeit erklärt hat, dass das Programm fiskalische Risiken für die Steuerzahler mit sich bringt. Diese Risiken werden zu einem Teil über die Landesgrenzen umverteilt.“


ZEW-Präsident Fuest zum EZB-Entscheid über den Ankauf von Staatsanleihen
Der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Prof. Dr. Clemens Fuest, stellt hierzu fest: "Ich halte die Entscheidung der EZB heute für einen akzeptablen Kompromiss, bei dem sich die EZB meines Erachtens auch im Rahmen ihres Mandats bewegt.

Vor dem Hintergrund der sehr geringen Inflation in der Eurozone ist dies eine vertretbare Entscheidung. Die EZB wird nur Investment Grade Anleihen kaufen, also zum Beispiel keine griechischen Anleihen. Und die nationalen Notenbanken werden für 80 Prozent eventueller Verluste haften. Durch diese Einschränkungen wurde der Sorge über eine unerwünschte Vergemeinschaftung der Haftung für Staatsschulden Rechnung getragen. Der Gefahr, dass die EZB im Fall eines Schuldenschnitts Verluste erleidet, die dann von allen Mitgliedstaten getragen werden müssen, wurde dadurch entgegengewirkt. Es ist jetzt allerdings wichtig, dass die wirtschaftspolitischen Reformen in Europa weitergehen und die Krisenstaaten sich nicht auf der Entlastung durch die Anleihekäufe ausruhen."