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Anlage, Aktien & VermögenGeldpolitik

Zinspolitik der EZB - Mehr Schaden als Nutzen

Die Inflationsraten im Euroraum sind weiterhin sehr niedrig. Deshalb setzt die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Kaufprogramm für Staatsanleihen bis mindestens März 2017 fort. Mit der Senkung der negativen Zinsen um 10 Basispunkte auf minus 0,3 Prozent würde die EZB die Situation jedoch nur verschlimmern, warnt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW).

Eine gerissene Fensterscheibe.

Zinspolitik der EZB - Mehr Schaden als Nutzen
Köln, 03.12.2015 (iw) - Die US-amerikanische Federal Reserve Bank wird aller Voraussicht nach noch im Dezember die Zinsen erhöhen – das erste Mal seit Juni 2006. Die EZB wird ihre expansive Geldpolitik dagegen wohl weiter verschärfen. Zwar haben beide Zentralbanken mit niedrigen Inflationsraten zu kämpfen, was ihnen eine Zinserhöhung bislang erschwert hat. Der US-amerikanische Arbeitsmarkt hat sich mittlerweile aber soweit erholt, dass sich Inflation und Zinsen in den USA wohl bald normalisieren werden. Im Euroraum bewegt sich die Inflation hingegen kaum vom Fleck und ein nachhaltiger Aufschwung an den Arbeitsmärkten lässt vielerorts auf sich warten.

Die EZB hat außerdem ein zusätzliches Problem: Die Kreditvergabe der Banken reagiert noch immer nicht auf die expansive Geldpolitik. Die geringe Kreditnachfrage der Unternehmen erklärt allerdings nur einen Teil dieser Entwicklung, stellt die IW-Studie klar. Vielmehr zwingt die Eigenkapitalregulierung die Banken dazu, mehr Eigenkapital in Relation zu ihren Risikoaktiva vorzuweisen. Um diese Vorgabe zu erfüllen, ist es für die Banken am einfachsten, die Kreditvergabe an Firmen zu reduzieren und stattdessen Kredite an Mitgliedsstaaten des Euroraums zu vergeben. Denn anders als Kredite an Unternehmen gelten jene an Staaten noch immer nicht als riskant.

„Wenn sich die Kreditvergabe endlich normalisieren soll, dürfen Staatsanleihen nicht weiter bevorzugt werden“, sagt IW-Direktor Michael Hüther. Zudem sind es die profitablen Banken, die Kredite an die Wirtschaft vergeben. Negativzinsen belasten ihre Ertragskraft und damit auch die Kreditvergabe – schließlich können Banken Negativ-Zinsen kaum an ihre Kunden weitergeben. „Eine Geldpolitik der Negativzinsen ist kontraproduktiv“, stellt Hüther klar. Zudem würden dauerhafte Niedrig- oder Negativzinsen Ersparnisse und die Altersvorsorge langfristig gefährden.

Download IW Monetary Outlook December 2015 [PDF, 11 Seiten - 510 KB]
Weak Credit Growth Hinders Eurozone Inflation to Increase


 ifo-Präsident Hans-Werner Sinn kritisierte die Ausweitung der Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) ebenfalls

„Das QE-Programm hatte bereits gewaltige Dimensionen. In der Tat hat es dazu geführt, dass der Euro stark abwertete. Das ist alles, was die EZB braucht, um die europäische Wirtschaft mittelfristig zu inflationieren, wie sie es vorhat“, sagte Sinn am Donnerstag in München. Man sehe die Effekte auch bereits in der Kern-Inflationsrate, die seit dem Jahresbeginn angezogen habe. „Noch mehr zu tun, ist angesichts der starken, bislang schon sichtbaren Effekte übertrieben. Es stärkt den Verdacht, dass es der EZB statt um Preisstabilität um die Rettung maroder Staaten und Banken geht.“ Das indes sei eine wirtschaftspolitische Zielsetzung, die nicht durch das Mandat der EZB gedeckt sei. Die EZB habe sich zu einer Bail-Out-Maschinerie entwickelt, die ihre geldpolitischen Ziele vorschiebe, um den Eindruck zu erwecken, sie bewege sich im Rahmen ihres Mandats.