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Nachgefragt: Ist der schwache Euro problematisch?

Angesichts der Verschuldungsproblematik einiger Euroländer ist die Gemeinschaftswährung stark unter Druck geraten. Wolfgang Franz spricht über den Einfluss eines schwachen Euro auf die deutsche Konjunktur und plädiert für einen strengen Konsolidierungskurs der Euroländer.

Der Ausschnitt eines 5-Euro-Scheines.

Nachgefragt: Ist der schwache Euro problematisch?
Angesichts der Verschuldungsproblematik einiger Euroländer ist die Gemeinschaftswährung stark unter Druck geraten. So hat der Euro gegenüber dem US Dollar in den vergangenen Wochen enorm an Wert verloren. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Franz, Leiter der Forschungsgruppe Wachstums- und Konjunkturanalysen am ZEW, spricht über den Einfluss eines schwachen Euro auf die deutsche Konjunktur und plädiert für einen strengen Konsolidierungskurs der Euroländer, um die Währung zu stabilisieren.

 

Ist die Abwertung des Euro für die deutsche Konjunktur überhaupt ein Problem?

Franz: Da gibt es Gewinner und Verlierer. Exporteure, die nicht in Euro, sondern in Dollar fakturieren, erhalten Währungsgewinne, zumindest temporär. Falls die Abwertung des Euro von Dauer sein sollte, beflügelt dies die Exporte in die Länder, die nicht dem Euroraum angehören. Zwar geht über die Hälfte unserer Exporte außerhalb des Euroraums, dennoch sollte dieser mögliche Konjunkturschub nicht überbewertet werden.

Die Verlierer sind die Importeure, sofern sie nicht in Euro bezahlen. Dies betrifft etwa Unternehmen, die Vorprodukte nicht aus dem Euroraum beziehen, aber beispielsweise auch Konsumenten, die sich über gestiegene Preise an der Tankstelle oder höhere Kosten für Reisen nach Amerika und Asien ärgern. Insoweit sie den Konsum heimischer Güter einschränken, belastet dies die Konjunktur.

 

Wer trägt Schuld am schwachen Euro?

Franz: Die beliebten Schuldzuweisungen an die bösen Spekulanten gehen am Kern des Problems vorbei. Die Finanzmärkte zeigen wirtschaftspolitisches Fehlverhalten gnadenlos auf und bestrafen dafür mit Risikoaufschlägen auf Zinsen und Korrekturen beim Wechselkurs des Euro.

 

Was müssen die Mitgliedsländer der Eurozone jetzt tun, um den Euro langfristig zu stabilisieren?

Franz: Die Mitgliedsländer müssen nun zielführende und einschneidende Programme zur Rückführung der dramatisch angestiegenen Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte konzipieren und baldmöglichst und für mehrere Jahre in die Tat umsetzen. Am besten wäre es, wenn sie einen Konsolidierungspakt mit festgelegten Ausgabenpfaden des Staates und automatisch einsetzenden Sanktionen bei Zielverfehlungen vereinbarten. Dazu hat übrigens der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten 2009/ 2010 Vorschläge unterbreitet.

 

Die Regierungen der Euroländer haben ein 750-Milliarden-Euro-Rettungsprogramm für überschuldete Mitgliedsstaaten verabschiedet. Trägt dieser Rettungsschirm zur Gesundung des Euro bei oder werden tiefer liegende Probleme verschleppt?

Franz: Ich kann die Argumente gegen das Rettungspaket gut verstehen. Die Gefahr, dass wir in Europa in eine Transfergemeinschaft schliddern, darf nicht kleingeschrieben werden. Eine solche könnte Deutschland nicht stemmen, wir haben schon genug Probleme mit unserem hiesigen Finanzausgleich.

Warum ich schweren Herzens trotzdem für das Rettungspaket bin, liegt daran, dass ich die Risiken von Alternativen höher bewerte als die Gegner des Rettungspakets. Vor dem Hintergrund der immer noch nicht ganz ausgestandenen Finanzmarktkrise hätte eine Umschuldung von Staatsanleihen der PIIGS-Staaten möglicherweise einen Crash verursacht, der die Dimensionen des Zusammenbruchs von Lehman Brothers vielleicht noch in den Schatten gestellt hätte. Wie gesagt, vielleicht, wir wissen es nicht, weil wir eine solche kontrafaktische Situation kaum abschätzen können. Hinzu kommt die Erfahrung aus der Finanzkrise, dass letztlich nur Rettungsschirme und nicht Einzelmaßnahmen helfen, so wie bei uns das Finanzmarktstabilisierungsgesetz mit dem SoFFin die Situation beruhigt hat und nicht die Rettung einer einzelnen Bank, wie etwa der Hypo Real Estate.

 

Die EZB hat im Rahmen der Finanz- und nun auch der Verschuldungskrise die Geldmenge stark ausgeweitet, zuletzt durch den Ankauf von Staatsanleihen hochverschuldeter Länder. Droht Euroland in den nächsten Jahren die Inflation?

Franz: Unmittelbar sehe ich diese Gefahr nicht, denn die EZB hat aus meiner Sicht glaubwürdig versichert, dass sie die überschüssige Liquidität wieder einsammeln und bei dem Ankauf der Staatsanleihen eine stabilisierende Geldpolitik betreiben wird. Allerdings muss sie einem eventuellen politischen Druck, es mit der Preisstabilität nicht allzu genau zu nehmen, wirklich standhalten.

 

Professor Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Franz promovierte nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim.1981 habilitierte er sich und folgte einem Ruf an die Universität Mainz. 1984 nahm er einem Ruf an die Universität Stuttgart, 1989 einen Ruf an die Universität Konstanz an. Seit 1997 ist Franz Präsident des ZEW in Mannheim und Inhaber eines Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Überdies leitet er seit September 2007 die Forschungsgruppe Wachstums- und Konjunkturanalysen des ZEW. Seine Hauptarbeitsgebiete sind die Makroökonomie, die Arbeitsmarkt- und die empirische Wirtschaftsforschung. Seit 2003 ist Franz Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Seit März 2009 fungiert er als Vorsitzender des Gremiums.