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Studie über Strategien zur Mitarbeiterförderung

In drei Jahren wird die erste Welle der Baby Boomer 62 Jahre alt. Laut Umfrage von Deloitte schätzt ein Drittel aller befragten Unternehmen, dass sie bis 2008 mindestens elf Prozent ihrer derzeitigen Belegschaft verlieren.

Bürogebaeude Frankfurt an dem der neue Markenname "Deloitte" steht.

Studie über Strategien zur Mitarbeiterförderung
München, 10.03.2005 (ots) - In den kommenden Jahren wird ein großer Teil der »Baby Boomer« in Rente gehen. Nachrückende Generationen sind aufgrund sinkender Bildungs- und Ausbildungsstandards weniger gut qualifiziert. Viele Unternehmen fördern wichtige Mitarbeiter nicht ausreichend. Deloitte warnt in der aktuellen Studie »It`s 2008: Do You Know Where Your Talent Is? Why Acquisition and Retention Strategies Don`t Work« davor, dass diese Faktoren eine weltweite Gefahr nicht nur, aber auch für Unternehmen darstellen könnte.

In der kürzlich vorrangig unter US-amerikanischen Personalmanagern durchgeführten Umfrage gaben über 70 Prozent der 123 Befragten an, am meisten gefährdet sei die Unternehmensleistung in den kommenden drei Jahren durch mangelnde Kompetenz neu eingestellter Mitarbeiter. Danach folgten der Rückzug der Baby Boomer aus dem Arbeitsmarkt (61 Prozent) und die Abwanderung von Mitarbeitern aus Schlüsselpositionen (55 Prozent).

»Die Ergebnisse zeigen, dass zunehmende Qualifikationsdefizite, besonders bei Mitarbeitern, das Wachstum und die Leistung des Unternehmens überdurchschnittlich stark beeinflussen. Die Wirtschaft steht vor bisher ungeahnten Herausforderungen«, erklärte Jörg Schiele, Partner bei Deloitte und Leiter des Beratungsbereichs Human Capital Services. »Die Auswirkung demografischer und sozialer Trends wird in drei bis fünf Jahren wirklich spürbar werden, zeigt aber heute bereits erste Anzeichen. Unternehmen, die ihr Personalmanagement nicht neu konzipieren, werden längerfristig auf der Strecke bleiben.«

Auszehrung des globalen Arbeitsmarktes
In drei Jahren wird die erste Welle der Baby Boomer 62 Jahre alt. Das ist das durchschnittliche Rentenalter in Nordamerika, Europa und Asien. Laut Umfrage von Deloitte schätzt ein Drittel aller befragten Unternehmen, dass sie bis 2008 mindestens elf Prozent ihrer derzeitigen Belegschaft verlieren. »Die Überalterung des Arbeitsmarktes wird Branchen übergreifend zu großen Lücken führen. Die geringen Geburten- und Einwanderungsraten in Europa machen dieses Problem deutlich und bergen immense Risiken für Unternehmen. Risiken stellen aber auch Chancen für Unternehmen dar«, so Schiele. »Wir werden das Paradox erleben, dass wir bei sehr hoher Sockelarbeitslosigkeit verzweifelt nach qualifizierten und gut ausgebildeten Mitarbeitern am Standort Deutschland suchen werden. Von heute bis 2010 müssten wir den Anteil von Hochschulabsolventen verdreifachen, um dem Arbeitsmarkt die notwendigen Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen Auch wird das Problem mangelnder Qualifikation in den kommenden Jahren nicht kleiner werden.«

Gesundheitswesen, Versorgung und der öffentliche Sektor werden von diesen Entwicklungen am stärksten betroffen sein, gefolgt von der Konsumgüterindustrie und den Finanzdienstleistern. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage der National Association of Manufacturers (USA) ergab, dass über 80 Prozent der Fertigungsunternehmen dringend auf der Suche nach qualifizierten Mechanikern, Facharbeitern und Technikern sind. Es wird auch prognostiziert, dass 60 Prozent aller neuen Arbeitsplätze im 21. Jahrhundert Fähigkeiten voraussetzen, die nur 20 Prozent der derzeitigen Erwerbstätigen vorweisen können. Auch die Anpassung der Bildungssysteme, die diese neuen Fähigkeiten vermitteln müssen, wird in den einzelnen Ländern bei Weitem nicht Schritt halten können. Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt im Übrigen die kürzlich veröffentlichte OECD Studie.

»Kritischer« Faktor
Die gravierendste Gefahr für den weltweiten Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren könnte die Abwanderung besonders wichtiger Arbeitskräfte (critical talent) sein. Deloitte definiert »critical talent« als Personen oder Gruppen, die überdurchschnittlichen Einfluss auf die Unternehmensleistung haben und für Kunden und Shareholder besonders wertschöpfend arbeiten. »Wenn wir von critical talent sprechen, beziehen wir uns nicht notwendigerweise auf die »Schwergewichte« oder »Spitzenmanager«, erklärt Jörg Schiele. »Vielmehr geht es um die Personen, die über besondere Fähigkeiten und umfassende Kenntnisse nicht nur der Branche, sondern auch des Unternehmens verfügen. Diese Mitarbeiter sind nicht nur für die Erbringung der Unternehmensleistungen zwingend erforderlich, sondern sind als Gruppen oder Individuen häufig zentrale Schaltstellen in Unternehmensnetzwerken. In Deutschland kann man beispielhaft die Folgen der teilweise exzessiven Nutzung von Vorruhestandsregeln in Unternehmen anführen. Frühpensionierung als bequeme, aber einseitige Maßnahme zur Kostensenkung erweist sich in nicht wenigen Unternehmen als ein Schuss, der auch nach hinten losgehen kann. Neben fachlichem Wissen entstanden nicht selten Lücken in Unternehmens- und Kundennetzwerken, die von der nachrückenden Generation nicht immer vollständig zu schließen sind. Das betrifft nicht nur die Arbeit an sich, sondern auch die Einflussnahme auf die Dynamik eines Unternehmens. Einfache Beispiele dafür sind die Kurierfahrer eines Paketdienstes, die in täglichem Kontakt mit dem Kunden stehen und die Lieferkette aus der Praxis kennen, oder auch Forscher und Ärzte in einem Pharmaunternehmen.«

In nur wenigen Unternehmen existieren Personalmanagementprozesse, die rechtzeitig auf negative Veränderungen der Personalstruktur reagieren. Nur die Hälfte der von Deloitte befragten Unternehmen hat untersucht, welche Fähigkeiten und Kompetenzen für künftiges Wachstum benötigt werden. Mehr als ein Viertel der Befragten halten dieses Personalplanungsinstrument sogar für »unwichtig«.

Defizite beim Personalmanagement
Herkömmliche Personalmanagementkonzepte beschränken sich häufig auf die Gewinnung neuer Mitarbeiter und die Mitarbeiterbindung. Als die Anzahl hoch qualifizierter Bewerber in den neunziger Jahren sank, schufen Unternehmen umfangreiche Zusatzleistungen und »Qualifikations-Boni« mit enttäuschendem Ergebnis: Die Personalbeschaffungskosten explodierten, während Investitionen in Aus- und Weiterbildung stagnierten. Und die Konkurrenz überbot zusätzliche Leistungen.

Laut Studie planen Unternehmen für 2005, ihre Investitionen in herkömmliche Personalmanagementlösungen weiter zu erhöhen. Etwa 60 Prozent der Befragten wollen in die Anwerbung erfahrener Arbeitskräfte intensivieren und 42 Prozent mehr Mitarbeiter direkt aus den Universitäten und Ausbildungsstätten rekrutieren. Außerdem wird verstärkt in Bonusleistungen für besonders erfahrene Mitarbeiter (39 Prozent)und Neueinsteiger (30 Prozent)investiert.

»Strategien zur Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern sind und bleiben wichtige Bestandteile des Personalmanagements. Sie können neue Probleme allerdings nur kurzfristig lösen«, so Schiele. »Um in einem veränderten Arbeitsmarkt bestehen zu können, sind umfassendere Personalmanagementlösungen nötig, die die Karriere der kritischen Mitarbeiter fördert. Dazu gehören auch Modelle, die sich noch stärker an den natürlichen auch altersbedingten Lebens- und Leistungszyklen von Mitarbeitern orientieren.«
 


Effizientes Personalmanagement
Laut Deloitte entwickeln personalbewusste Unternehmen Strategien bezüglich persönlichem Wachstum oder Entwicklung (development) der kritischen Mitarbeiter oder bezüglich deren Einsatzes in interessante, herausfordernde Positionen oder Aufgaben (deployment). Zudem soll deren Einbindung in ein Netzwerk das Unternehmen als Ganzes produktiver machen.

Fast drei Viertel (70 Prozent) der von Deloitte befragten Firmen haben vor, ihre Investitionen in Mentoring und Coaching in 2005 zu erhöhen. Ähnlich sieht es beim E-Learning (64 Prozent) und bei Präsenzschulungen (49 Prozent) aus.

»Obwohl die meisten Unternehmen bereit sind, Kompetenz und Know-how ihrer Mitarbeiter zu stärken, wird immer noch zu wenig getan«, vermerkt Schiele. »Einzelne Elemente des Personalmanagementprozesses reichen nicht aus, um das Unternehmen zukunftssicher zu machen oder seine Performance nachhaltig zu steigern - dazu sind langfristige Investitionen und vor allem ein grundlegendes Umdenken nötig.« So geben Unternehmen heute im Durchschnitt die fünffache Summe für die Gewinnung eines neuen Mitarbeiters aus im Vergleich zu Investitionen in Training und Einarbeit innerhalb der ersten beiden Jahre.

Das von Deloitte Consulting entwickelte »Develop-Deploy-Connect«-Modell ist eine eindeutige Abkehr von traditionellen Personalmanagementstrategien, weil es direkt auf das Herz des Personalmanagementprozesses abzielt: Entwicklung, Einsatz und Einbindung kritischer Mitarbeiter. Ergänzt durch zusätzliche Programme können Strategien, die auf diesem Modell aufsetzen, im Personalbereich die Voraussetzungen für bessere Unternehmensperformance schaffen. Mitarbeitergewinnung und -bindung erledigen sich dann fast von selbst.

Unternehmen können sich also nicht nur davor schützen, von der bevorstehenden Personalkrise direkt getroffen zu werden, sondern aus den Risiken sogar Nutzen ziehen, wenn sie ihre Personalmanagementprozesse in eine ausgereifte Personalstrategie umwandeln. Eine Strategie, die wichtige Mitarbeiter als Wettbewerbsvorteil versteht und das Unternehmen damit von der Konkurrenz abhebt.