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Arbeitsleben & HR-NewsZz

Zwischenzeugnis: Arbeitszeugnis darf nicht vom Zwischenzeugnis abweichen

Hat der Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis erteilt, ist er an den Inhalt aus dem Zwischenzeugnis grundsätzlich gebunden. Erteilt er dem Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis, wenn dieser das Unternehmen verlässt, darf dieses vor allem in der Beurteilung nicht erheblich vom Zwischenzeugnis abweichen. Dies gilt auch, wenn das Zwischenzeugnis für den Leiter Gesamtinkasso vor einem Betriebsübergang erteilt wurde und das Endzeugnis vom neuen Firmeninhaber verfasst wird.

Gesetz und Recht - Das  Paragrafenzeichen einer Schreibmaschine ist angeschlagen.

Zwischenzeugnis: Arbeitszeugnis darf nicht vom Zwischenzeugnis abweichen
Wie das Bundesarbeitsgericht im Urteil 9 AZR 248/07 vom 16. Oktober 2007 feststellt, darf ein Endzeugnisses vom Zwischenzeugnis nur unerheblich abweichen. Dies gilt auch, wenn das Zwischenzeugnis dem in diesem Fall kaufmännischen Angestellten vor einem Betriebsübergang erteilt wurde und das Endzeugnis vom neuen Besitzer des Unternehmens verfasst wird. Als Leitsätze schreibt das Bundesarbeitsgericht hierzu: "Hat der Arbeitgeber zuvor ein Zwischenzeugnis erteilt, ist er regelmäßig an den Inhalt des Zwischenzeugnisses gebunden, wenn er ein Endzeugnis erteilt. Dies gilt auch, wenn der Betriebsveräußerer das Zwischenzeugnis vor einem Betriebsübergang erteilt hat und der Arbeitnehmer das Endzeugnis vom Betriebserwerber verlangt."


Tatbestand war der Streit zweier Parteien über den Inhalt eines bereits erteilten Arbeitszeugnisses. Der Kläger wurde von einer GmbH beschäftigt, die ihm anlässlich eines erfolgten Betriebsübergangs auf die Beklagte ein Zwischenzeugnis erteilte. Danach war der Kläger in einer Niederlassung der Beklagten ein weiteres halbes Jahr als Leiter des Bereichs Gesamtinkasso tätig. Für diese Zeit erteilte die Beklagte ihm ein Arbeitszeugnis beziehungsweise Endzeugnis, welches vom früher erteilten Zwischenzeugnis abwich.

Das Endzeugnis lautet wörtlich zitiert wie folgt:
       
Z e u g n i s
       
Herr H. S., geboren am 27.09.1966 in O, war vom 01.03.2002 bis 31.08.2002 in unserem Unternehmen als Leiter Gesamtinkasso für die Niederlassung W tätig.
             
Sein Aufgabengebiet umfasste mit seinem Mitarbeiterstab die vollständige Bearbeitung von Forderungsakten und die Motivation, Anleitung und Information der den Aufgaben bezogenen relevanten Mitarbeitern. Ebenfalls zählten die komplette Korrespondenz zwischen Schuldner, Schuldnervertretern, Gläubiger, Rechtsanwälten, Gerichtsvollziehern, Einwohnermelde- und Gewerbeämtern, verbunden mit entsprechender Fristen- und Terminkontrolle und Wahrung zu seinem Aufgabengebiet. Weiterhin gehörte die Vermittlung zwischen den Beteiligten bezüglich vorgeschlagener Raten- und Vergleichszahlungen und auch die Abwicklung von Forderungsakten im Insolvenzverfahren zu seinen Aufgaben.

Der Kläger beanstandete das Arbeitszeugnis und bat um Überarbeitung. Er rügte insbesondere, dass seine Arbeitsleistung in der Zeit vor dem Betriebsübergang nicht beurteilt worden sei. Außerdem bat er im Rahmen einer Mängelliste um Korrektur der Form, des Aufbaus und des Inhalts des Zeugnisses. Dieser ersten Beanstandung folgte weiterer Schriftwechsel, der im Einzelnen dem Urteil zu entnehmen ist.

Muster Arbeitszeugnis Leiter Gesamtinkasso
Letztlich wurde die Beklagte verurteilt, ein Arbeitszeugnis folgenden Inhalts zu erteilen:
        
Herr H. S., geboren am 27.9.1966 in O, war vom 1.7.2000 bis zum 31.8.2002 in unserem Unternehmen als Leiter Gesamtinkasso für die Niederlassung W tätig.
             
Sein Aufgabengebiet umfasste zunächst nur die IT-Entwicklung sowie die Betreuung der gesamten IT-Infrastruktur. Im Rahmen dieses Tätigkeitsgebietes arbeitete Herr S. mit großem Engagement an der Entwicklung neuer Lösungen zur Automatisierung und Optimierung IT-gestützter Geschäftsprozesse im Inkassobereich. Er analysierte in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung interne Abläufe und erarbeitete neue Lösungsansätze, die er eigenverantwortlich auf Basis der bei uns eingesetzten Forderungsmanagement-Software implementierte. In kürzester Zeit eignete er sich eigenständig die notwendigen Software-Kenntnisse an und vertiefte diese im Rahmen diverser Programmierlehrgänge, die er erfolgreich absolvierte. Darüber hinaus verantwortete er den Betrieb der gesamten, in unserem Hause eingesetzten Hard- und Software, darunter das Netzwerkmanagement unter Einsatz von Windows NT 4.0.
             

Urteilsbegründung: Arbeitszeugnis nach Zwischenzeugnis
Zu den Entscheidungsgründen schreibt das Bundesarbeitsgericht

A. Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

I. Der Kläger hat Anspruch auf Erteilung des verlangten Arbeitszeugnisses.

  1. Der Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis war bis zum 31. Dezember 2002 für kaufmännische Angestellte in § 73 HGB, für gewerbliche Arbeitnehmer in § 113 GewO und für andere Arbeitnehmer in § 630 BGB geregelt. Seit dem 1. Januar 2003 ist § 109 GewO die maßgebliche Rechtsgrundlage für alle Arbeitnehmer (Senat 21. Juni 2005 - 9 AZR 352/04 - Rn. 12, BAGE 115, 130; 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03 - Rn. 23, BAGE 108, 86) . Auf den Streitfall ist noch der inzwischen aufgehobene § 73 HGB anzuwenden. Die Beklagte beschäftigte den Kläger als kaufmännischen Angestellten. Der Zeugnisanspruch entstand “bei der Beendigung des Dienstverhältnisses” am 31. August 2002 und wurde zugleich fällig (vgl. BAG 23. Juni 2004 - 10 AZR 495/03 - Rn. 26, BAGE 111, 135) . Auf die nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung liegenden Zeitpunkte der bisherigen Erteilung des Zeugnisses unter dem 25. Juli 2003, 15. September 2005 und 5. Dezember 2005 kommt es deshalb nicht an.
     
  2. Dem Kläger steht ein Zeugnis zu, das eine Dauer des Arbeitsverhältnisses vom 1. Juli 2000 bis 31. August 2002 bestätigt, inhaltlich dem Zwischenzeugnis vom 28. Februar 2002 entspricht und die Eingangs- und Schlussformulierungen des zuletzt unter dem 5. Dezember 2005 erteilten Endzeugnisses aufnimmt. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.

a) Sowohl nach altem als auch nach neuem Zeugnisrecht muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses erteilen. Auf Verlangen des Arbeitnehmers war das Zeugnis nach dem aufgehobenen § 73 Abs. 1 Satz 2 HGB auf “die Führung und die Leistungen” auszudehnen. Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO ist es auf “Leistung und Verhalten” zu erstrecken. Der Arbeitgeber erfüllt den Anspruch mit einem Zeugnis, das nach Form und Inhalt den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Genügt das Zeugnis diesen Erfordernissen nicht, kann der Arbeitnehmer gerichtlich dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen. Mit einer solchen Klage macht der Arbeitnehmer keinen dem Gesetz fremden Berichtigungsanspruch geltend, sondern weiterhin die Erfüllung seines Zeugnisanspruchs (st. Rspr. vgl. Senat 21. Juni 2005 - 9 AZR 352/04 - Rn. 19, BAGE 115, 130; 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03 - Rn. 24 und 40, BAGE 108, 86).

Der gesetzlich geschuldete Inhalt des Zeugnisses bestimmt sich nach den mit ihm verfolgten Zwecken. Dem Arbeitnehmer dient es regelmäßig als Bewerbungsunterlage. Für Dritte, insbesondere künftige Arbeitgeber, ist es Grundlage der Personalauswahl. Dem Arbeitnehmer gibt es zugleich Aufschluss darüber, wie der Arbeitgeber seine Leistung und sein Sozialverhalten beurteilt. Inhaltlich muss das Zeugnis daher den Geboten der Zeugniswahrheit und Zeugnisklarheit gerecht werden (Senat 21. Juni 2005 - 9 AZR 352/04 - Rn. 20, BAGE 115, 130; 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03 - Rn. 24, BAGE 108, 86) .
    
b) In diesem Rahmen ist der Arbeitgeber frei in der Wahl seiner Formulierungen (st. Rspr. vgl. Senat 21. Juni 2005 - 9 AZR 352/04 - Rn. 21, BAGE 115, 130; 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03 - Rn. 25, BAGE 108, 86) . Dennoch ist die Beklagte inhaltlich an das von der H GmbH unter dem 28. Februar 2002 erteilte Zwischenzeugnis gebunden. Gegen die Einzelheiten des Texts dieses Zwischenzeugnisses wendet sich die Beklagte nicht. Sie macht lediglich geltend, der Geschäftsführer der Betriebsveräußerin habe den Entwurf des Klägers ungeprüft unterzeichnet. Außerdem sei sie heute nicht mehr in der Lage, ein inhaltlich zutreffendes Zeugnis zu erteilen oder die Richtigkeit des ungewöhnlich detaillierten Zwischenzeugnisses zu beurteilen.
   

   
(1) Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kam es am 1. März 2002 durch Rechtsgeschäft zu einem Betriebsübergang von der H GmbH auf die Beklagte. Die Beklagte trat damit gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB im Weg der Sondernachfolge in alle Rechte und Pflichten des im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden und darüber hinaus fortdauernden Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger ein (vgl. ErfK/Preis 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 66; Staudinger/Annuß (2005) § 613a BGB Rn. 131 f.) . Durch den gesetzlich angeordneten Vertragspartnerwechsel auf Arbeitgeberseite wurde die Beklagte Schuldnerin des Zeugnisanspruchs (vgl. Schleßmann Das Arbeitszeugnis 18. Aufl. S. 148).

(a) Auf Grund ihres Eintritts in die Arbeitgeberstellung schuldete die Beklagte im Zeitpunkt der Fälligkeit des Zeugnisanspruchs - bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. August 2002 - ein Zeugnis über die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses. Der Betriebsübergang ließ den Bestand des Arbeitsverhältnisses unberührt. Die Verpflichtung zur Erteilung eines Endzeugnisses bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht unabhängig davon, wie lange das Arbeitsverhältnis nach dem Betriebsübergang fortgesetzt wurde. Die persönlichen Kenntnisse der Geschäftsführerin der Beklagten sind nicht entscheidend. Auch in größeren Betrieben kennen der Arbeitgeber, sein gesetzlicher Vertreter oder die für ihn handelnden Personen den Arbeitnehmer nicht immer persönlich und müssen sich auf die Beurteilungen Dritter stützen. Insoweit ist an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Insolvenz- und Konkursordnung anzuknüpfen (vgl. BAG 23. Juni 2004 - 10 AZR 495/03 - Rn. 21, BAGE 111, 135; 30. Januar 1991 - 5 AZR 32/90 - Rn. 15 ff., BAGE 67, 112) .
   
(b) Dass § 613a BGB abweichend von § 97 InsO, § 100 KO keinen spezialgesetzlichen Auskunftsanspruch des Erwerbers gegen den Veräußerer vorsieht, steht dem nicht entgegen. Außerhalb der gesetzlich oder vertraglich geregelten Auskunftsansprüche besteht ein Auskunftsrecht dann, wenn die Rechtsbeziehungen der Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang eines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen tatsächlichen Angaben unschwer machen kann (für die st. Rspr. BAG 22. Mai 2007 - 3 AZR 357/06 - Rn. 23, Kurzwiedergabe zB in FA 2007, 217; Senat 19. April 2005 - 9 AZR 188/04 - Rn. 21, AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 242 Auskunftspflicht Nr. 1 mwN) . Entsprechendes gilt unter den übrigen genannten Voraussetzungen, wenn es nicht der mögliche Berechtigte ist, der im Unklaren über ein Recht ist, sondern der Anspruchsteller zur Erfüllung einer Pflicht auf die Auskunft angewiesen ist.
   
Das trifft auf die Beklagte als neue Inhaberin zu. Sie nahm die Arbeitsleistung des Klägers nur während des letzten halben Jahres des Arbeitsverhältnisses entgegen und konnte sich für die Zeit zuvor kein eigenes Bild von den Leistungen und dem Sozialverhalten des Klägers machen. Wie die Erteilung des Zwischenzeugnisses vom 28. Februar 2002 anlässlich des Betriebsübergangs auf die Beklagte zeigt, ist die frühere Arbeitgeberin zur Auskunftserteilung unschwer imstande. Auf der Basis der Rechtsgeschäfte, die den Betriebsübergang herbeiführten, besteht zwischen Veräußerin und Erwerberin auch eine Sonderverbindung. Ob die Auskunftspflicht der früheren Arbeitgeberin aus einer Nebenpflicht ihrer vertraglichen Vereinbarungen mit der Beklagten oder aus § 242 BGB herzuleiten ist, kann deswegen offenbleiben (vgl. Senat 19. April 2005 - 9 AZR 188/04 - Rn. 22, AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 242 Auskunftspflicht Nr. 1).


(2) Die Beklagte ist wegen ihres Eintritts in die Rechtsstellung der früheren Arbeitgeberin an den Inhalt des von der Veräußerin erteilten Zwischenzeugnisses gebunden, was die Tätigkeitsbeschreibung, die Leistungs- und die Verhaltensbeurteilung angeht.


(a) Im Regelfall besteht eine solche Bindung. Sie kann sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben. Daneben kann sie darauf beruhen, dass das Zeugnis Wissenserklärungen des Arbeitgebers zu Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers enthält, von denen er nur abrücken darf, wenn ihm nachträglich Umstände bekannt werden, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen (Senat 21. Juni 2005 - 9 AZR 352/04 - Rn. 13, BAGE 115, 130) . Der Arbeitgeber ist nicht nur an erteilte Endzeugnisse gebunden. Auch ein Zwischenzeugnis dient wie ein Endzeugnis regelmäßig dazu, Dritte über die Tätigkeit des Arbeitnehmers zu unterrichten. Im Fall eines Betriebsübergangs ist dieser Zweck besonders augenfällig (vgl. Schleßmann S. 60; Weuster/Scheer Arbeitszeugnisse in Textbausteinen 9. Aufl. S. 25) . Um ihm gerecht zu werden, ist der Arbeitgeber für den Zeitraum, den das Zwischenzeugnis erfasst, grundsätzlich auch hinsichtlich des Inhalts des Endzeugnisses gebunden. Er kann vom Zwischenzeugnis nur abweichen, wenn die späteren Leistungen und das spätere Verhalten des Arbeitnehmers das rechtfertigen (vgl. BAG 1. Oktober 1998 - 6 AZR 176/97 - Rn. 20, AP BAT § 61 Nr. 2 = EzA BGB § 630 Nr. 21; 8. Februar 1972 - 1 AZR 189/71 - BAGE 24, 112; zu der regelmäßigen Bindung des neuen Arbeitgebers an das Zwischenzeugnis des Veräußerers auch zulasten des Arbeitnehmers im Fall eines Betriebsübergangs LAG Bremen 9. November 2000 - 4 Sa 101/00 - Rn. 77 f., NZA-RR 2001, 287)
    
(b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte keine Umstände vorgetragen, die es rechtfertigten, wegen der Leistung und des Verhaltens des Klägers nach dem Betriebsübergang in der Zeit vom 1. März 2002 bis 31. August 2002 vom Text des Zwischenzeugnisses abzurücken. Der Kläger durfte sich deshalb auf die Tätigkeitsbeschreibung des Zwischenzeugnisses und die dort getroffenen Beurteilungen verlassen. Die Eingangs- und Schlussformulierung des mit der Klage zuletzt beanspruchten Zeugnisses sind zwischen den Parteien nicht umstritten. Seit der unter dem 5. Dezember 2005 erfolgten erneuten Erteilung des Zeugnisses gilt das auch für das Ausstellungsdatum des 31. August 2002.


   
II. Der Zeugnisanspruch des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt.
 

  1. Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses wie jeder schuldrechtliche Anspruch der Verwirkung unterliegt (Senat 4. Oktober 2005 - 9 AZR 507/04 - Rn. 31, BAGE 116, 95; BAG 17. Februar 1988 - 5 AZR 638/86 - Rn. 14, BAGE 57, 329) . Die Verwirkung des Zeugnisanspruchs setzt voraus, dass der Arbeitnehmer sein Recht über längere Zeit hinweg nicht ausgeübt hat (Zeitmoment) und bei dem Arbeitgeber dadurch die Überzeugung hervorgerufen hat, er werde sein Recht nicht mehr durchsetzen (Umstandsmoment). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist dem Arbeitgeber die Erfüllung des Zeugnisanspruchs nach Treu und Glauben nicht zumutbar (Senat 4. Oktober 2005 - 9 AZR 507/04 - aaO).   
     
  2. Die Frage, ob ein Anspruch verwirkt ist, hängt im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalls ab. Deren Feststellung und Würdigung ist vorrangig Aufgabe des Tatrichters, der den vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu beurteilen hat. Ob Verwirkung eingetreten ist, ist in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt nachprüfbar. Das Berufungsurteil kann vom Revisionsgericht lediglich darauf überprüft werden, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen der Verwirkung beachtet hat, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Aspekte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (Senat 12. Dezember 2006 - 9 AZR 747/06 - Rn. 19, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1).   
     
  3. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, weder das Zeit- noch das Umstandsmoment seien gewahrt. Im Hinblick auf das Umstandsmoment habe bei der Beklagten kein Vertrauen darauf entstehen können, der Kläger werde seinen Anspruch auf “Berichtigung” des erteilten Zeugnisses nicht mehr geltend machen. Im Unterschied zu der vom Fünften Senat in seiner Entscheidung vom 17. Februar 1988 (- 5 AZR 638/86 - BAGE 57, 329) entschiedenen Konstellation habe der Kläger nach Erteilung des ihn nicht zufriedenstellenden Zeugnisses nicht mehrere Monate gewartet, bis er erstmals eine Korrektur verlangt habe. Vielmehr habe er seine Berichtigungsanliegen innerhalb des ersten halben Jahres nach der ursprünglichen Erteilung mehrfach durchzusetzen versucht. Die Beklagte habe also sehr rasch gewusst, dass der Kläger mit dem Zeugnistext nicht einverstanden gewesen sei. Die späteren längeren Zeitabstände der Geltendmachungsschreiben seien keine Reaktion auf eine Änderung des Zeugnisses gewesen. Sie gingen darauf zurück, dass die Beklagte selbst auf die Schreiben des Klägers anderthalb Jahre lang nicht reagiert habe.
       
  4. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Das Landesarbeitsgericht hat das Umstandsmoment in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Ob das Zeitmoment erfüllt ist, kann deswegen auf sich beruhen. Mit dem einzigen Einwand der Beklagten im Zusammenhang mit dem Umstandsmoment, sie habe sich darauf einrichten dürfen, dass der Kläger seinen Anspruch nicht weiterverfolge, nachdem er ihn in der Folge seiner drei ersten Schreiben nur noch deutlich nachlässiger durchzusetzen versucht habe, hat sich das Berufungsgericht befasst. Es hat ihn als unerheblich bewertet und damit die Grenzen seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Das Landesarbeitsgericht hat die Verwirkungsvoraussetzungen erkannt und alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt. Die Verneinung des Umstandsmoments ist auch von den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts getragen.

a) Nach der Erteilung des Zeugnisses vom 25. Juli 2003 versuchte der Kläger intensiv, die geforderten Korrekturen durchzusetzen. Unmittelbar nach der Erteilung dieses Zeugnisses verfolgte er seinen Anspruch zweimal in etwa monatlichem Abstand mit Schreiben vom 22. August 2003 und 26. September 2003. Bis zum nächsten Schreiben vom 12. Dezember 2003 verstrichen nur weitere zweieinhalb Monate. Trotz der größeren zeitlichen Abstände der Schreiben vom 11. Juni 2004, 5. Januar 2005 und 18. Februar 2005, die seinen ersten Korrekturanliegen folgten, ließ der Kläger nie Zweifel daran, dass er an seinem Anspruch festhielt. Das hat das Berufungsgericht zu Recht betont.

b) Angesichts der Vielzahl der Berichtigungsbemühungen des Klägers nach der Erteilung des Zeugnisses vom 25. Juli 2003 unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt, den der Fünfte Senat in seiner Entscheidung vom 17. Februar 1988 zu behandeln hatte (- 5 AZR 638/86 - BAGE 57, 329) . Dort war der Arbeitnehmer vor der ersten Erteilung eines Zeugnisses in einem Zeitraum von weniger als elf Monaten dreimal an die Arbeitgeberin herangetreten, während er nach der Erteilung etwa zehn Monate untätig blieb, bevor er Änderungen verlangte.

B. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).