Die Entscheidung solltest du nach deinen Neigungen treffen.
Wenn du wirklich Steuern machen willst, bist du bei KPMG sicherlich besser aufgehoben. Dann solltest du allerdings auch genau darauf achten, in welche Abteilung du gesetzt wirst. Einige - sehr spezialisierte - Bereiche, sind vom Tätigkeitsfeld her stark eingeschränkt. Z.B. wirst du bei FS Tax möglicherweise nur Erklärungen für Investmentfonds erstellen. Zum Berufseinstieg würde ich ein breiter angelegtes Tätigkeitsfeld wählen. Man fährt damit zu Beginn - finde ich - besser, weil man so besser auf die Steuerberaterprüfung vorbereitet wird und eine gute Grundlage für die zukünftige Tätigkeit erhält. Die Spezialisierung kommt noch früh genug.
Mal abgesehen von der Tätigkeit, wirfst du die Frage nach dem Verhältnis von Arbeitszeit/Gehalt auf. Okay, 50k für 35h/Woche klingt fast unschlagbar. Bei KPMG Tax würde ich mit durchschnittlich 45h/Woche rechnen. Dabei dürfte das Gehalt deutlich niedriger sein. Andererseits bezweifle ich, dass die 35h-Woche bei Siemens eingehalten wird. Sehr wahrscheinlich wirst du dort auch mehr arbeiten müssen, als im Arbeitsvertrag steht. Bei KPMG stehen auch 40h drin und dort wirst du definitiv doch etwas mehr arbeiten...
In die Überlegungen würde ich auch die Entwicklungsmöglichkeiten einbeziehen. Was ich bei Unternehmen beobachte, sind die berühmten flachen Hierachien. Flache Hierachien bedeuten im Ergebnis, dass es einen Leiter in der Abteilung, einen Stellvertreter und viel Fußvolk gibt = kaum Aufstiegsmöglichkeiten. Meines Erachtens kommt man in Unternehmen kaum voran. Der Großteil der Einsteiger versauert dauerhaft auf Sachbearbeiterposten, weil es schlicht zu wenig Stellen für den Aufstieg gibt. Bei KPMG hat man dagegen realistische Chancen im Jahr der mündlichen Beraterprüfung oder spätestens im Jahr darauf zum Manager bestellt zu werden. Dann kann man ganz schnell 2-3 Mitarbeiter unter sich und ein eigenständiges Aufgabengebiet haben. In diesem Zeitraum macht man eine enorme Entwicklung durch vom Assistenten zum erfahrenen Assistenten (der schon kleinere Aufgaben delegieren und überwachen darf) bis hin zum Manager mit eigenständigen Mandaten. Ich habe diesen Weg jetzt hinter mir, bin Manager, habe schon mal einen Mitarbeiter und einen kleinen Bereich für den ich intern als "Experte" gelte. Da kommen schon mal Anfragen aus anderen Niederlassungen und die ersten eigenständig erworbenen Mandate. Reich wird man nicht als Manager aber ich kann gut davon leben. Ich habe herausfordernde Aufgaben und mir macht die ständige Weiterentwicklung Spaß. Der Illusion einmal Partner zu werden gebe ich mich nicht hin. Aber wenn es in ein paar Jahren auf einen Senior Manager herauslaufen sollte, ich intern weiterhin so gut im Netzwerk eingebunden bin kann ich an dem Job noch viel Spaß haben. Was mich vor allen Dingen daran freut, ist der ständige fachliche Austausch mit Kollegen. Ich wundere mich immer wieder über die hohe Fluktuation. Meiner Meinung nach schmeißen viel zu viele Kollegen viel zu früh hin. Es ist einfach so, dass man sich bei KPMG nach dem Steuerberater in einem echt dynamischen Umfeld noch enorm weiterentwickeln kann. Überwiegend hat man es mit jungen und auch interessanten Kollegen zu tun. Und wenn man einfach mal eine Weile dabei ist, die ersten Partner einem das "du" anbieten, stellt man fest, dass darunter auch einige wirklich gute Typen sind. Das Gehalt könnte wie gesagt besser sein. Ich denke, das auf einige Posten in den Unternehmen vielleicht 5k/Jahr mehr drin wären. Die bekommt man aber sicher auch nicht bei einer 40h-Woche und ich müsste dafür ein wirklich interessantes und dynamisches Umfeld verlassen.
Ist eine schwierige Entscheidung! Ich wünsche dir viel Glück, dass du die richtige triffst!
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