Ich versuche in der Regel, mit einem der Sachbearbeiter zu sprechen (geht nicht immer da teilweise die Bereichs/Abteilungsleiter unbedingt das Gespräch selber führen wollen). Meiner Erfahrung nach wissen die Sachbearbeiter aber deutlich besser, wie der Prozess (zumindest für ihren Bereich) läuft.
Wenn ich mit einem spreche, ist mein einleitender Satz immer in Richtung: Erklären Sie mal was Sie so machen als wäre ich ein neuer Kollege und hätte überhaupt keine Ahnung. Grundsätzlich finde ich es deutlich sinnvoller, den Mandanten einfach mal erzählen zu lassen und ggfs. Zwischenfragen zu stellen, als einfach stumpf eine Checkliste abzuhacken. Je nachdem wie eure Checkliste aufgebaut ist, kann es allerdings Sinn machen, diese vorab mit der Bitte um Beantwortung der Fragen an den Mandanten zu schicken.
Unsere Checkliste behandelt viele allgemeine Fragen wie: welches System wird verwendet; besteht eine Funktionstrennung usw.
Im Gespräch selber liegt der Fokus auf den Kontrollen, das ist für viele Mandanten schwer verständlich da sie immer gerne davon erzählen was sie für tolle Sachen machen können. Dein Interesse liegt allerdings, viel mehr darauf wie Sie am Ende sicherstellen, dass es richtig ist und nicht wie schön die Auswertung am Ende aussieht oder wie einfach das doch alles ist. Trotzdem solltest du den Mandanten von seinen "Leuchtturmprojekten" erzählen lassen, schon allein um die Gesprächsatmosphäre angenehm zu halten. Kritisch ist es allerdings insbesondere wenn du mit Verkäufern sprichst, da die sehr gerne davon erzählen was Sie noch alles vor haben und dein Blick aber auf die Vergangenheit (das abgelaufene Geschäftsjahr) gerichtet ist.
Deine häufigsten Zwischenfragen sind: "Ok, ja kontrolliert das was Sie gemacht haben danach nochmal jemand? " und "Ah ok, schreiben Sie das auf/speichern Sie das ab?" (Thema Prüfspur).
Es empfiehlt sich den Prozess anhand eines konkreten Fallbeispiels durchzugehen, erstens überspringt ihr dann nichts Wichtiges und zweitens hast du den Durchlauftest auch direkt erledigt.
Außerdem gilt es bei der Prozessaufnahme die Art der Kontrollen zu unterscheiden: manuell, It-gestützt, automatisch. Grundsätzlich ist vor allem die Unterscheidung zwischen automatisch und den anderen beiden wichtig, da erstere nur einmal geprüft wird allerdings ggfs. noch weitere Prüfungen durch einen It-Auditer erfordert um Bsp. genau abzugrenzen auf welche Buchungen die Kontrolle wirkt oder dass die Kontrolle nicht umgangen werden kann.
Bsp. Manuelle Kontrolle: Unterschrift auf Papier zur Rechnungsfreigabe,
Bsp. IT-Gestützt: Unterschrift elektronisch (bsp. Pdf) zur Rechnungsfreigabe
Bsp. Automatische Kontrolle: wie IT-gestützt aber Rechnung kann systemtechnisch erst nach erfolgt Freigabe gebucht werden.
Grundsätzlich geht es in der Prozessaufnahme neben dem Identifizieren von Kontrollen auch um das Aufdecken von Kontrolllücken. Wenn z.B. der Buchhalter der die Zahlläufe macht auch alle Bankverbindungen pflegt und da sonst keiner mehr drüber schaut, macht es Sinn hier eine zusätzliche Prüfungshandlung einzubauen und mal mit dem Mandanten über das Thema Funktionstrennung zu sprechen.
Zu den Prozessen an sich:
Auch wenn der Mandant es meist nicht wahrhaben will, die meisten Prozesse unterscheiden sich in den einzelnen Unternehmen nicht besonders stark. Die größten Abweichungen hat man meiner Meinung nach im Umsatzprozess weil dieser sehr stark von der Tätigkeit des Unternehmens abhängt, je nach Branche gibt es aber auch hier große Überschneidungen. (Ich klammer den hier jetzt aber aus).
Einkauf: Läuft überall gleich! Es gibt ein paar zentrale Fragen wobei alles am Ende auf die Rechnungsprüfung als Zentrale Kontrolle hinausläuft.
- Bestellung: Wie wird der Bedarf ermittelt; Wer darf bestellen, gibt es Bestellgrenzen, wie ist sichgestellt, dass Bestellanforderungen nicht doppelt bearbeitet werden (zweimal bestellt wird)
- Wareneingang: Wer kontrolliert die Ware; wie wird der Wareneingang im System erfasst. I.d.R. wird in irgend einer Art und Weise der Lieferschein freigezeichnet. Das kann durch händische Unterschrift sein oder dass er im System angelegt und freigegeben wird.
- Rechnungsprüfung: Nahezu jedes Unternehmen hat eine Rechnungsprüfung (ja es gibt tatsächlich Ausnahmen). In den meisten Fällen gibt es eine Rechnerrische und eine Sachliche Prüfung. Am Ende läuft aber alles darauf hinaus, dass jemand schaut ist das in Rechnung gestellt (zu den Konditionen) was wir bestellt haben und wurde auch das was in Rechnung gestellt wurde geliefert und war in Ordnung. D.h. jemand gleich Rechnung mit Lieferschein und Bestellung ab, bzw. Prüft ob Bestellung genehmigt und Lieferschein abgezeichnet sind.
Viele Unternehmen haben hierzu inzwischen Elektronische Workflows welche verhindern, dass die Rechnung überhaupt gebucht werden kann wenn Bestellung oder Lieferung nicht zur Rechnung passt.
- Zahlungslauf: Wer darf Zahlungen freigeben, wer bereitet die Zahllisten vor? Hier gibt es in der Regel eine Funktionstrennung.
Personal: Auch hier in allen Unternehmen gleich! Es gibt drei wesentliche Teilprozesse
Eintritt, Austritt, Gehaltslauf.
Ein- & Austritt: Sind relativ simpel, im Grunde geht es immer darum wie das ganze im System erfasst wird damit am Ende die Datenbank stimmt. Viele Unternehmen haben hierzu Checkliste die alle wichtigen Arbeitsschritte zur Neuanlage bzw. Austritt abarbeiten.
Ansonsten kann es bei manchen Unternehmen noch wichtig sein, dass die korrekte Berufsqualifikation im System hinterlegt ist. Z.B. bei Krankenhäusern examinierte Pflegekräfte.
Gehaltslauf: Hier dreht sich auch wieder viel darum wie sichergestellt wird, dass am Ende die Gehaltslauf stimmt d.h. Es bekommen alle Geld die Geld bekommen sollen (Vollständigkeit), es bekommt niemand Geld der kein Geld bekommen soll (Existenz), es bekommt jeder in der richtigen Höhe Geld (Genauigkeit). Die meisten Unternehmen machen vor dem richtigen Gehaltslauf noch Probeläufe, welche kontrolliert werden. Häufig gibt es Fehlerprotokolle oder Veränderungslisten (im vgl. zum Vormonat) welche geprüft werden.
Viele Unternehmen (insbesondere kleinere) bedienen sich außerdem einem externen Dienstleiter für die Gehaltsabrechnung. Hier sollte nach einer Bescheinigung über ein funktionierendes Kontrollsystem beim Dienstleister gefragt werden (PS 951 oder ISAE 3402)
Außerdem sollte die genaue Trennung der Aufgaben hinterfragt werden, oft wird nur der reine Abrechnungslauf durch den Dienstleister vorgenommen während die gesamte Datenpflege im Bereich des Unternehmens verbleibt. Hierzu sollte der Dienstleistungsvertrag angefragt werden.
Am Ende stellen sich aber immer zwei zentrale Fragen:
- Wie stellt das Unternehmen sicher, alle relevanten Daten an den Dienstleister übermittelt zu haben.
- Wie stellt das Unternehmen sicher, dass das Ergebnis vom Dienstleister korrekt ist.
Zahllauf: entsprechend wie beim Einkauf.
Ansonsten sollten im Bereich der Prozessaufnahme noch die Themen für die Personalrückstellungen aufgenommen werden. Also Urlaub Überstunden Boni ggfs. Sonderdienste oder andere Sonderleistungen.
Viele Unternehmen haben eine elektronische Zeiterfassung, hier sollte es immer Kontrollen geben, das Zeiterfassungsfehler (z.B. Mitarbeit hat sich Abends vergessen auszustempeln) vor Berechnung der Rückstellung behoben werden. Außerdem solltest du Fragen wie Urlaub genehmigt wird und wie die Resturlaubskoten der Mitarbeiter gepflegt/überwacht werden.
Ggfs. gibt es auch eine Betriebsvereinbarung zu Resturlaub und oder Bonuszahlungen.
Außerdem sollte im Rahmen der Prozessaufnahme gefragt werde, ob das Unternehmen einen Tarifvertrag und wenn ja welchen anwendet.
Du solltest keine falsche Scharm vor zu vielen Fragen haben, erstens kannst du insbesondere bei einer Erstprüfung nicht alles wissen und zweitens bist du der Prüfer und es ist wichtig dass du am Ende den Prozess verstanden hast, also wenn etwas unklar ist Frag lieber einmal zu viel als einmal zu wenig nach.
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