Erfahrungsbericht Auslandsstudium in Kanada: Ein Semester in Toronto
Tim Thabe verbrachte acht Monate an der Schulich School of Business.
Auslandsstudium in Kanada: Studieren
Der Unterricht selber findet in wesentlich kleineren Gruppen statt, als man das von Deutschland her gewohnt ist. Der Ablauf ist am ehesten noch mit einem Seminar zu vergleichen. Da wir an unsere Learning Agreements gebunden sind und fast alle Professoren aus Mannheim nur Kurse anerkennen, die eine 6000er Nummer haben, waren wir immer mit Studierenden zusammen, die sich bereits in ihrem zweiten Jahr im MBA-Programm befinden.
Die 5000er-Kurse sind die sogenannten Core-Courses, die im ersten Jahr gehalten werden und den MBA-Studenten, die nicht alle eine betriebswirtschaftliche Vorbildung haben, einen Überblick über das Fach vermitteln. Die 6000er Kurse nehmen daher allerdings keine Rücksicht darauf, dass die Austauschstudenten erst seit einer Woche im Land sind, wenn der Unterricht beginnt. Es kann also durchaus sein, dass nach zwei Wochen die ersten prüfungsrelevanten Leistungen in Form eines Essays einzureichen sind.
Die Prüfungsleistungen sind von Kurs zu Kurs unterschiedlich und sehr vielfältig. Mündliche Mitarbeit und Anwesenheit werden genauso bewertet wie einzureichende Fallstudien, Präsentationen, Gruppenarbeit und auch Klausuren. Wichtiger Tipp: Bildet keine Arbeitsgruppen mit anderen Austauschstudenten! Dies hat mehrere Gründe. Zum ersten haben die auch nicht mehr Ahnung von Kanada als ihr, und die Aufgabenstellungen sind zum Teil landesspezifisch. Zum zweiten müssen alle anderen Austauschstudenten ihre Kurse nur bestehen, während wir unsere Noten umgerechnet bekommen.
Ihr könnt euch eventuell denken, wer dann am Ende die Arbeit macht und wer Zeit hat, sich das Land anzusehen. Ich spreche hier aus schmerzlicher Erfahrung. Kurse zu bestehen ist an der SSB kein Problem, eine gute Note zu bekommen aber um so mehr. Der Durchschnitt aller Kurse hat nach MBA-Ordnung nicht höher als B+ zu sein, das entspricht in Mannheim ungefähr einer 2,8. Die Noten werden normalverteilt, es sind daher meist nicht mehr als 10 Prozent der Studierenden im A-Bereich. A+ und A sind sehr selten, ein A- entspricht ca. einer 2,2 in Mannheim. Alle, die bessere Noten in Toronto haben wollen, werden sich auf sehr viel Arbeit einstellen müssen, aber keine Angst, wie gesagt, durchfallen ist kein Thema, wenn man sich etwas anstrengt. Was ich jedem empfehlen würde, ist die Anschaffung eines Notebooks. Es geht sicherlich auch ohne (es gibt 24-Stunden-Computerpools), aber es ist ungleich schwerer, da man nicht auf seinem Zimmer arbeiten kann und in den Pools auch nachts relativ viel Betrieb ist.
Die normalen Arbeitstage an der SSB sind relativ lang, insbesondere weil die meisten 6000er-Kurse abends von 19 bis 22 Uhr gehalten werden. Das ist der Fall, weil viele Studierende Teilzeit studieren und nebenbei arbeiten. Die Unterrichtseinheiten sind immer drei Stunden, beginnen morgens um 8.30 und enden, wie gesagt, abends um 22 Uhr. Fünf Kurse bedeuten fünf Einheiten à 3 Stunden pro Woche. Das hört sich relativ wenig an, beinhaltet aber noch nicht die Vorbereitung für die Kurse. Die besteht aus relativ umfangreicher Lektüre, vorzubereitenden Fallstudien und meistens einem semesterbegleitenden Gruppenprojekt. So können in Spitzenzeiten noch mal locker 20 Stunden pro Kurs an Vor- und Nachbereitung hinzukommen. Wer an der SSB fünf Kurse pro Semester machen und gute Noten erzielen möchte, wird von dem Land selber wahrscheinlich nicht allzu viel mitbekommen. Auch diese Erkenntnis resultiert aus eigener Erfahrung. Nichtsdestotrotz werdet ihr sehr viel lernen, insbesondere das Umgehen mit anderen in einer Gruppe, das Halten und Vorbereiten von Präsentationen, das freie Reden vor einer Gruppe in einer Fremdsprache und das Verteidigen eurer Ergebnisse.
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