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AuslandsstudiumSchweden

Erfahrungsbericht Auslandsstudium in Schweden: Universität Växjö

Der BWL-Student Martin Dreyer aus Duisburg berichtet von seinem Auslandsstudium in Schweden an der Universität von Växjö.

Die schwedische Fahne weht im Wind.

Vorbereitungen
Ich bin 22 Jahre alt und habe im Herbst 1999 an der Uni Duisburg mein Studium der Wirtschaftswissenschaften begonnen. Nach dem Bestehen des Vordiploms im Sommer 2001 bin ich im fünften Semester nach Schweden gegangen. Mein Interesse an einem Auslandsstudium hat sich sehr schnell ergeben und ich habe mich schon relativ früh in meinem Grundstudium über die Rahmenbedingungen informiert. Der Internationale Studenten- und Mitarbeiteraustausch - ISMA hat dazu eine gute Informationsbroschüre, die für die allgemeine Information ausreicht.

Die Wahl von Schweden als mein Wunschland hatte zwei Hauptgründe: Zunächst schieden viele Länder aus, da ich als Fremdsprache für ein Auslandsstudium nur Englisch ausreichend gut spreche. Die meisten skandinavischen Universitäten bieten wie Växjö ein vielfältiges Studienprogramm sowie auch das administrative Drumherum in Englisch an. Des weiteren ist meine Mutter Schwedin und dementsprechend kannte ich schon die schwedische Kultur und habe auch Verwandte in Schweden. Allerdings sage ich gleich, dass dies nicht eine notwendige Voraussetzung war, da Skandinavien sehr weltoffen und gastfreundschaftlich ist und man gerade als Deutscher aus einen ähnlichen Kulturraum kommt.

Konkretisiert hat sich dann alles im Frühjahr des letzten Jahres. Bei guter Koordination sind die administrativen Erledigungen wirklich kein Problem. Als der Vorlauf beendet war, schickte der ISMA meine Unterlagen nach Schweden und ab dann lief jeglicher Kontakt zur Universität in Växjö direkt über mich. Ich bekam ein festgelegtes BWL-Programm zugewiesen und auch die Unterkunft wurde entsprechend meiner Wahl bereitgestellt. Im Vorlauf sind nur die Fristen und die doch zu Deutschland sehr unterschiedlichen Semesterzeiträume zu beachten. Für mein Studium von Mitte August bis Weihnachten musste ich mich spätestens zum 15. Juni bewerben.

Anreise, Orientierung und Kurse
Nach einer doch recht stressigen Zeit mit VWL als Grundstudiums-Abschlussklausur Anfang August und gleichzeitiger Vorbereitung auf mein Auslandssemester saß ich Mitte August mit Gepäck und Fahrrad im Zug Richtung Norden. Der Empfang an der Universität in Växjö war herzlich und wohlorganisiert. Mir wurde ein Zimmer im Studentenwohnheim zugewiesen und das Programm der Orientierungswoche überreicht. Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass die ersten Tage nicht gerade einfach waren. Mit wild zusammengewürfelten Menschen verschiedenster Nationen im Korridor des Studentenwohnheimes in Kontakt treten zu müssen, war für mich zunächst nicht gerade einfach. Zudem kam anfangs die fehlende Praxis der Kommunikation in Englisch hinzu. Diese Last trug ich durch die ersten zehn Tagen Orientierungswoche mit, in der ansonsten über alles Wesentliche sehr gut informiert wurde. Dann wich langsam sowohl bei mir als auch bei den anderen die anfängliche Schüchternheit. Ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich eine Atmosphäre und eine Art von Zusammenleben, welche ich wohl nie in meinem Leben wieder vergessen werde.

Direkt im Anschluss an die Informationen der Orientierungs-Woche folgten die ersten BWL-Vorlesungen. Mein Programm setzte sich aus vier verschiedenen Fächern zusammen (Organisation, Marketing, Unternehmensführung und Logistik), welche jeweils in vier Wochen einzeln und unabhängig voneinander unterrichtet und mit einer Gruppenarbeit und einer fünfstündigen Abschlussklausur in jedem Fach bewertet wurden. Ich war sehr überrascht, mit welchem Niveau und welcher Inhaltsfülle die Kurse der internationalen Studenten gehalten wurden. Auf der einen Seite bedeutete dies, dass für das Bestehen der Prüfungen ein wirklich hoher Lernaufwand erforderlich war. Auf der anderen Seite habe ich dafür eine Menge in der Betriebswirtschaft gelernt und die einzelnen Kurse waren wirklich interessant.

Leider erforderte es erhebliche Anstrengungen, um die Lehrstühle in Duisburg dazu zu bewegen, mir meine Studienleistungen anzuerkennen. Für mich bedeutete dies etliche Male zur Universität zu fahren und mit verschieden Leuten zu verhandeln. Nach einigen Misserfolgen bekomme ich nun doch einige von meinen Prüfungsleistungen aus Växjö anerkannt.

Als ein zusätzliches Angebot bestand die Möglichkeit, an einem Schwedischkurs für Anfänger teilzunehmen. Ich nahm dieses wahr, und obwohl die Belastung teilweise wirklich doppelt war, entwickelte sich eine interessante Seminar- und Arbeitsatmosphäre, zumal die Aufgabe darin bestand, eine fremde Sprache in Englisch erlernen.

Leben und Ausflüge
Natürlich müsste ich lügen, wenn ich behaupten würde, mein ganzer Aufenthalt in Schweden habe sich ausschließlich um das Studium gedreht. Alleine schon der Alltag war ein aufregendes Abenteuer. Da waren beispielsweise die unzähligen gemeinsamen Mahlzeiten, die in der Gemeinschaftsküche gebrutzelt und dann bei lebhaften Diskussionen gemeinsam verspeisst wurden. Oder die internationalen Fußball-Partien, in denen man sich mit dem Rest der Welt messen konnte. Oder das Zusammensitzen und Lachen über die kleinen und großen Dinge im Leben eines Ausländers in einem fremden Land mit schüchternen, gerne über den Durst trinkenden, hübschen aber vor allem freundlichen Schwedinnen.

Eine wirklich wunderbare Sache, die wir internationalen Studenten in regelmäßigen Abständen selbst organisiert haben, waren auch die mehrtägigen Ausflüge durch ganz Skandinavien. Das Reisen ist in Schweden für Studenten wirklich preiswert. So sind wir mit Mietautos, Mietbussen, Zügen und Flugzeugen nach Öland, Stockholm, Göteborg, Oslo und an den Polarkreis gereist. Bei diesen Trips konnte ich die Freundschaften noch weiter vertiefen, die sich im Laufe der Zeit ergeben haben und Dinge erleben, die witziger und aufregender nicht seien können. Genannt seien beispielsweise ein unfreiwilliger Aufenthalt in einen Fünf-Sterne-Hotel in den norwegischen Bergen für 20 EUR p.P., wo wir uns mit unserem Minibus total verfahren hatten oder eine Husky-Schlitten-Tour in Nordschweden. Des weiteren haben wir natürlich auch eine Menge gefeiert. Die Universität hat drei eigene Studentenpubs bzw. -diskotheken, wo man zu noch halbwegs akzeptablen Preisen auch mal ein oder zwei Biere trinken konnte. Ein mehr oder weniger gutes Bier im staatlichen Alkohol-Laden, der das absolute Monopol auf Getränke mit mehr als 3% hat, kostet ansonsten gut und gerne 1,50 Euro. In einer Kneipe ist man häufig erst ab 5 Euro pro „Schlabber“-Bier dabei. Aber man kann auch hier von den Schweden dazulernen, so zum Beispiel wie sich eine Sauna betriebswirtschaftlich für diese Problematik nutzen lässt.

Die Zeit verging durch all diese Dinge wirklich wie im Fluge. Alle Bedenken, die Zeit sei zu lange und ich würde vielleicht Langeweile oder Heimweh bekommen, stellten sich als absolut unbegründet heraus. Englisch spreche ich mittlerweile fast fließend. Auch die Klausuren und Gruppenarbeiten habe ich ohne größere Schwierigkeiten bewältig, durch die ich am Ende auch ein hervorragendes Zeugnis und einen guten Zusatz für meinen Lebenslauf erhielt. Als dann das Ende des Aufenthaltes immer näher rückte, stand so ziemlich jedem von uns Internationalen die Trauer darüber, dass alles schon vorbei ist und der Alltag im Heimatland wieder vor der Türe stand, ins Gesicht geschrieben.


Fazit
Meiner Ansicht nach ist die Möglichkeit eines Studienaufenthalts im Auslands so reizvoll und so individuell ausfüllbar, dass jeder Student, der diese Chance während seines Studiums nicht ergreif, eine Menge verpasst. Natürlich ist es meistens deutlich teurer, als wenn man daheim in Deutschland studiert. Wer jedoch all diese kleinen Unannehmlichkeiten, die zur Organisation und Verwirklichung erforderlich sind, in Kauf nimmt, wird Erfahrung machen, die wohl lebenslang prägen.

Ein Beispiel ist alleine das Zusammenleben mit Menschen anderer Nationalitäten, welches eine Menge Fingerspitzengefühl und Menschenkenntnis erfodert. Dies habe ich in dieser Zeit intensiv erlebt und erlernt, denn die Sichtweise von Dingen des täglichen Lebens ist bei den verschiedenen Nationalitäten häufig sehr unterschiedlich. Wenn man in Englisch einen BWL-Vortrag vor der gesamten Klasse halten muss, dann lernt man Englisch am besten. Selbst wenn das Wasser sehr kalt ist, in das man springt. Ich habe in den fünf Monaten in Schweden zudem Freunde in der ganzen Welt gefunden und mein persönlicher Horizont hat sich in dieser Zeit wohl stärker erweitert, als zu jeder anderen Zeit meines Leben zuvor. Einige Freundschaften bleiben vielleicht auch nach Ende meines Studiums in Schweden bestehen. Va bene!

Ich hoffe, ich konnte durch diese Zeilen ein paar von Euch auf den Geschmack bringen, ebenfalls einen Auslandsaufenthalt in Eure Studienplanung aufzunehmen. Ich bin mir sicher, dass viele Universitäten überall in der Welt ähnliche Möglichkeiten bieten.