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Erfahrungsbericht Auslandsstudium in den USA: Eugene, Oregon 3

Frank Bode, Wirtschaftsstudent aus Stuttgart, berichtet über seinen Aufenthalt im Westen der USA.

Getting Around in Eugene and at the University of Oregon
Eugene ist sehr übersichtlich, und es ist nicht schwer, sich hier zurechtzufinden. Es ist aber auch alles vorhanden, was man braucht, und es gibt alle nötigen Einrichtungen, hunderte Fachärzte und zwei große Kliniken, genügend Supermärkte und Geschäfte sowie drei oder vier große Malls. Auch die Bars sind hier viel cooler und besser als in Portland, dafür gibt es aber keine richtige Disco hier.

Studieren am Lundquist College of Business
Die University of Oregon ist genauso bürokratisch wie eine deutsche Uni, in manchen Belangen sogar extremer. Dafür sind die Leute hier vor allem in der Verwaltung und im Auslandsamt (wie in Stuttgart) sehr nett und hilfsbereit. Die Organisation in der Business School ist sehr chaotisch, es ist oft nicht ganz klar, welche Vorlesungen nun schlussendlich angeboten werden, und der Marketing Lehrstuhl ist da ein besonders trauriges Beispiel. Einst Aushängeschild der Business School, ist das Marketing Department und das Warsaw Sportsmarketing Center eine verkümmerte Gruppe von restlichem Lehrpersonal, das ziemlich demotiviert ist und im Clinch mit dem Dekan der Business-Fakultät liegt. Für Leute, die hier nur des Marketings wegen herkommen wollen, sei dies als Warnung gesagt, denn es könnte etwas enttäuschend sein, sich hier in Marketing vertiefen zu wollen.

Hervorragend organisiert sind hier das Accounting und das Finance Department. Das Management(Orga, Perso, Strategien)-Department ist so ganz o.k., nur der Leiter etwas zu sehr von sich überzeugt. Der Master of Accounting-Studiengang ist im Gegensatz zum MBA-Studiengang klar und übersichtlich gegliedert und vor allem sehr gut funktionierend organisiert. Wir Accounting-Studenten studieren in einer kleinen Klasse von 25 Leuten und haben eine gute Atmosphäre in unseren Kursen und Teams. Accounting Master-Kandidaten beschäftigen sich hier in ihren 45 Credits (Jahreswochenstunden) zu 30 Credits mit Dingen wie Bilanzierung, Controlling, Berichtswesen, Entscheidungsorientiertem Rechnungswesen, Steuern, Business Etiquette, Strategieorientierter Kosten- und Leistungsrechnung usw. und zu 15 Credits mit Strategischem Management, Planung, Change Management, Unternehmensführung, Marketing usw. (je nach Wahl). Man kann damit ohne Probleme als Stuttgarter BWL-Student sein Planungs-, Controlling- und ABWL-Seminar abarbeiten und sich in Deutschland anerkennen lassen. Technische Fächer kann man hier nicht belegen. Volkswirtschaft gibt es auch, ist aber eine eigene Fakultät und bietet Dinge wie Außenwirtschaft an. Ist hier aber nur im Wahlprogramm.

Die MBA-Leute müssen im Accelerated Program (mit Vordiplom/Bachelor in BWL) 48 credits und 4 terms machen und brauchen eben den 600-Punkte-GMAT. Ihre Fächer kommen aus den Bereichen accounting, finance, management und marketing sowie decision science und economics und können frei gewählt werden. Als Option kann man am Forschungsinstitut Entrepreneuring Kurse belegen, die sich mit Start-ups beschäftigen. Allerdings steht dort der Vorleistungs- und Arbeitsaufwand in keinem gesunden Verhältnis zum Output.

Die accounting-Kurse sind hier qualitativ ganz gut, die finance- Kurse bedeuten vor allem viel Arbeit, marketing ist o.k., löst aber nicht die totale Begeisterung aus. Allerdings gibt es auch in accounting und finance Lehrkräfte, die chaotisch und nicht sonderlich fähig sind - je niedriger der Kurs im Niveau ist (Nummer des Kurses), desto größer die Gefahr, dass man solches Personal bekommt. Das ist auch kein großes Wunder, wo doch hier vor allem undergraduate- Vorlesungen von Leuten gehalten werden, die selber nur einen Bachelor haben und noch an ihrem Master arbeiten. Ich studiere mit diesen Leuten und habe aus diversen Klausuren, in denen man in der ersten Hälfte die Aufgaben in Gruppen diskutieren darf, mitbekommen, dass die trotz ihres Bachelors in accounting nur sehr rudimentäre Bilanzierungskenntnisse haben und dass ich mich in BWL als ganzem und sogar amerikanischer Bilanzierung oft besser zurechtgefunden habe als meine Klassenkameraden. Oliver, mein Kollege aus Hohenheim, und ich, die wir beide accounting machen, waren demnach auch bei den Besseren unseres Jahrgangs.

Lehrinhalte
Von der Lehrinhalten her wird hier im Wesentlichen das gepredigt, was man sich in Harvard an Material eingekauft hat, eigene Forschung gibt es kaum. Der Schwerpunkt liegt zu 90 Prozent auf der Lehre, nicht wie in Deutschland, wo es etwa 50/50 ist. Dies macht sich in der angenehmen Tatsache bemerkbar, dass die meisten Lehrkräfte hier problemlos erreichbar sind und auch tatsächlich Zeit für einen haben. Es gibt aber auch hier Ausnahmen und negative Beispiele. Die Computerausstattung der Business School ist vorbildlich, und die PCs sind immer zugänglich, wenn das Lab offen hat, was manchmal ein Schwachpunkt ist.

Zur BWL- orientation sage ich nur: »Finger weg – reine Zeitverschwendung«. Die accounting orientation war gut. Also wenn man accounting studiert, dann kann man die BWL- orientation getrost sein lassen. Andrew Verner, der MBA-Programm-Chef, ist dann vielleicht etwas geknickt, aber er hat mit den accounting- Studenten an sich eh nichts zu tun. Die MBA orientation besteht aus hunderten von sinnlosen Team-Building- und Motivations-Übungen und ist total langweilig und nervtötend. Man wird dort von Möchtegern-Motivationsgurus zugelabert, die bei den S.E.A.L.s gefeuert wurden und nun arme BWL-Studenten mit ihren angeblich so tollen Kameradschaftserfahrungen langweilen. Meine Meinung: Teamwork kann man nur im täglichen Leben (eventuell mit Hilfe eines Coaches) lernen, aber nicht in stupiden Spielchen auf der Wiese. Wenn man weiß, wie kaputt man sein muss, um das Training einer Spezialeinheit psychisch zu überstehen, dann wundert man sich schon, was einem diese Typen an gesunder Geisteshaltung vermitteln wollen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das BWL-Studium im Vergleich zu Deutschland fachlich nicht ganz so anspruchsvoll ist, die Klausuren um einiges leichter sind, dafür aber der Arbeitsaufwand enorm hoch ist, viel mehr als bei uns, und der Arbeitswillen höher als das fachliche Können bewertet wird. Dies eben in dem Sinne, dass »jede(r) eine Chance haben muss, wenn er/sie nur will«. Durch den hohen Arbeitsaufwand können aber schwächere Studenten besser in das Studium integriert werden, was positiv zu sehen ist.

Im Grunde wird einem hier alles gesagt, was man zu tun hat, und man sollte auch alles tun, was einem gesagt wird, zumindest im Großen und Ganzen. Manchmal reicht es, die Zusammenfassung zu lesen und nicht den ganzen Text, aber nicht immer. Das muss man eben herausfinden. Die Qualität des Studiums ist hier nicht unbedingt höher, lediglich die Energie, die von Seiten der Studenten und des Lehrkörpers hinein investiert wird, ist größer.

 

Winter Break – Enjoy Your Time in the US!Angesichts von Jet Lag und den nicht zu verachtenden Kosten sind wir über Weihnachten hier geblieben und haben uns Arizona, Kalifornien, Nevada und Oregon ein bisschen angeschaut. Unser Hike in den Grand Canyon war sehr schön und ein tolles Erlebnis. Wir hatten ihn gut vorbereitet, und so war es trotz der winterlichen Bedingungen nicht zu gefährlich oder zu schwierig. In Arizona und Südkalifornien konnten wir mächtig Sonne tanken und gutes Wetter genießen, was in Oregon zu dieser Zeit Mangelware ist.

Amerikas Westen ist ein Outdoorland. Es ist herrlich, hier draußen zu campen und zu wandern. Allerdings sollte man immer gut ausgerüstet und gut vorbereitet sein. Die Oregonians, vor allem die Ranger und Dick in der orientation können denjenigen, die nicht die entsprechenden Erfahrungen aus Bergsteigerhobby oder Bundeswehr mitbringen, in die Geheimnisse des backcountry hiking und wichtige Survival-Regeln einweisen und tun das auch gerne. Es war gut, hier zu bleiben und etwas vom Land zu erleben, denn während des Terms hat man als BWLer (im Gegensatz zu den Physikern) keine Zeit für große Aktivitäten außerhalb Eugenes.

 


»Feel Free to…« - Instead of a Conclusion
»Concluden« kann ich hier noch nicht so viel, da ja noch zwei Terms vor mir liegen, aber bis jetzt hat es sich gelohnt, hier zu sein, und ich habe die richtige Stadt und die richtige Uni ausgewählt, was leider nicht alle im Oregon-Programm sagen können, teilweise auf Grund schlechter eigener Information vorab, teilweise aber auch auf Grund falscher Beratung in Deutschland.

Der Autor
Frank Bode hat an der Universität Stuttgart sechs Semester »Technisch Orientierte BWL« studiert, das Vordiplom nach vier Semestern abgeschlossen und ist für das 7. und 8. Semester an die University of Oregon gegangen. Dort ist er als degree student mit Master-Status im »Master of Accounting Program « des Lundquist College of Business eingeschrieben. Der Master of Accounting ist ein Abschluss im Fach Betriebswirtschaft (Business Administration) mit Schwerpunkt Internes und Externes Rechnungswesen. An der Uni Stuttgart vertieft Frank Bode die Fächer Controlling, Betriebswirtschaftliche Planung (= Strategisches Management) und Technische Logistik.