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Berufs- & Studienwahl Schule

OECD-Bildungspolitischer Ausblick Deutschland 2015

Der Bericht analysiert und vergleicht Trends in der Bildungspolitik und zeigt, welche Bildungsreformen OECD-Länder seit 2008 umgesetzt haben. Besonderes Augenmerkt liegt auf der Chancengleichheit und der Qualität der Bildung, außerdem auf der Verbesserung des Lernumfelds, der Evaluierung von Schulen und Schülerleistungen sowie der Schulführung und -finanzierung.

Sechs farbige Buntstifte liegen nebeneinander.

OECD-Bildungspolitischer Ausblick Deutschland 2015
In den OECD‑Ländern fließen über 12 Prozent der Staatsausgaben in die Bildung. Wie internationale Erhebungen – etwa die Internationale Schulleistungsstudie der OECD (PISA) – zeigen, bestehen jedoch große Unterschiede im Hinblick darauf, wie diese Mittel verwendet werden und was mit ihnen erreicht wird. Die vorliegende erste Ausgabe des Education Policy Outlook 2015: Making Reforms Happen zielt darauf ab, Bildungspolitikern und anderen Akteuren des Bildungssektors zu zeigen, wie ihre Kollegen in anderen Ländern mit Herausforderungen umgehen, die sich auch ihnen stellen, vom Unterrichten heterogener Schülerpopulationen bis hin zur Einführung von Maßnahmen, mit denen die Schulen für die Qualität des von ihnen angebotenen Unterrichts zur Rechenschaft gezogen werden. Der Bericht gibt einen ausführlichen Überblick über rund 450 Bildungsreformen, die zwischen 2008 und 2014 im OECD‑Raum durchgeführt wurden. Diese Politikmaßnahmen wurden zwar jeweils in einem bestimmten Kontext konzipiert, können jedoch als Inspiration für Politikverantwortliche dienen, die nach wirkungsvollen Möglichkeiten suchen, um ihre eigenen Bildungssysteme zu verbessern.

Schülerinnen und Schüler
Deutschland weist in PISA mittlerweile überdurchschnittliche Leistungen auf, es hat in den Bereichen Lesekompetenz und Mathematik in den letzten Jahren deutliche Verbesserungen erzielt, und der Effekt des sozioökonomischen Hintergrunds auf die Mathematikleistungen ist auf Werte knapp über dem OECD-Durchschnitt gesunken. In Deutschland nimmt ein hoher Anteil der Kinder an frühkindlicher Bildung teil, während systemweite Politikstrategien, wie die frühe Aufteilung auf unterschiedliche Schulformen (meistens im Alter von 10 Jahren) und ein verhältnismäßig hoher Prozentsatz an Klassenwiederholungen die Chancengerechtigkeit möglicherweise beeinträchtigen. Das gut entwickelte duale System, das Schülerinnen und Schülern sowohl eine Berufsausbildung als auch allgemeinbildenden Unterricht bietet, erleichtert die Integration in eine Beschäftigung. Die Abschlussquoten im Tertiärbereich sind in der letzten Zeit gestiegen, liegen aber nach wie vor unter dem OECD-Durchschnitt. Aus der OECD-Erhebung über die Fähigkeiten und Fertigkeiten Erwachsener von 2012 geht hervor, dass Erwachsene in Deutschland im Vergleich zu anderen Teilnehmer ländern ein durchschnittliches Leistungsniveau aufweisen, wohingegen jüngere Erwachsene in Deutschland besser abschneiden als andere Kategorien Erwachsener und ihre Leistungen in etwa dem Durchschnitt junger Erwachsener in den Teilnehmerländern entsprechen. Die Arbeitsmarktperspektiven sind im Vergleich zu den meisten OECD-Ländern günstig: Die Arbeitslosenquoten zählen zu den niedrigsten im OECD-Raum, und der Anteil der 15- bis 29-Jährigen, die weder in Beschäftigung noch in Bildung oder Ausbildung sind (NEET), liegt unter dem Durchschnitt.

Einrichtungen
Angesichts der starken zwischenschulischen Leistungsvarianz und der unterschiedlichen Formen berufsorientierter und allgemeinbildender Bildungsgänge liegen die Ansichten der Schülerinnen und Schüler in Bezug auf das Lernumfeld nahe am OECD-Durchschnitt. In den letzten Jahren wurde den Schulleitungen größere Autonomie gewährt, und den Angaben der Schulleiter in PISA 2012 zufolge greifen sie stärker als im OECD-Durchschnitt auf Maßnahmen zur Förderung der Unterrichtsqualität zurück. Die Lehrerausbildung dauert 5,5 - 6,5 Jahre, und das Durchschnittsalter des Lehrpersonals nimmt zu. Die Lehrergehälter zählen zu den höchsten im OECD-Raum. Die Schulaufsichtsbehörden führen externe Schulevaluierungen durch, denen bei der Umsetzung von Schulverbesserungsmaßnahmen Rechnung getragen wird. Zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit sind nationale Bildungs-
und Evaluierungsstandards eingeführt worden.

Governance und Finanzierung
Deutschland weist ein dezentralisiertes Bildungssystem auf, in dem die Verantwortlichkeiten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt sind und die Koordinierung durch mehrere Organe sichergestellt ist. Entscheidungen zum Schulwesen werden vornehmlich auf der Ebene der Bundesländer getroffen, während das System der beruflichen Bildung in den gemeinsamen Zuständigkeitsbereich von Bund und Ländern fällt und den Sozialpartnern darin eine wichtige Rolle zukommt. Die Investitionen in Bildungseinrichtungen liegen unter dem OECD-Durchschnitt und sind trotz der Wirtschaftskrise stabil geblieben. Die Finanzierung erfolgt in erster Linie aus öffentlichen Quellen, mit umfangreichen Beiträgen des privaten Sektors zu Berufsbildungsprogrammen des Sekundarbereichs.

Wichtigste Politikanliegen
Deutschland steht vor der Herausforderung, sowohl Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Verhältnissen und mit Migrationshintergrund zu fördern und den Effekt des sozioökonomischen Hintergrunds auf die Schülerleistungen weiter zu reduzieren als auch das Leistungsniveau im allgemeinbildenden Bereich und in der Berufsbildung zu heben. Im Bereich der Lehre und der Lehrerbildung sollten zur Förderung von Verbesserungen auf Schulebene neue Initiativen ergriffen werden, insbesondere in Anbetracht des hohen Anteils an älteren Lehrkräften und des potenziellen Effekts auf den Generationswechsel im Lehrpersonal und die Lehrerausbildung, wenn die älteren Lehrkräfte aus dem Schuldienst ausscheiden.

Jüngste Politikreaktionen
Um die Bildungsgerechtigkeit zu verbessern und die Teilnahme sowie den Erfolg von Schülerinnen und Schülern aus sozioökonomisch benachteiligten Verhältnissen zu erhöhen, wurde der Nationale Integrationsplan (2007) erstellt und in Zusammenarbeit mit Interessenvertretern der Zivilgesellschaft in den Nationalen Aktionsplan Integration (NAP-I) (2011) umgewandelt. Mit dem Anerkennungsgesetz (2012) wird die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen für die berufliche Integration von Ausländern erleichtert.

Es werden Anstrengungen unternommen, um Verbesserungen auf Schulebene durch die Qualitätsoffensive Lehrerbildung (2013) zu unterstützen. Mit diesem Programm soll eine qualitativ nachhaltige Verbesserung des Prozesses der Lehrerbildung bis in die berufliche Einstiegsphase und die Weiterbildung erreicht werden. Das Programm zielt ferner darauf ab, einen Beitrag zur verstärkten Anerkennung von lehramtsbezogenen Studienleistungen und Lehramtsabschlüssen im gesamten Bundesgebiet zu leisten, damit Studierenden und Lehrkräften mehr Flexibilität geboten werden kann.

Bildungsmonitoring
2006 verabschiedete die Kultusministerkonferenz eine Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring, die vier miteinander verbundene Handlungsfelder umfasst:

  1. internationale Schulleistungsuntersuchungen
  2. eine zentrale Überprüfung der Bildungsstandards (die Grundlage für Ländervergleiche)
  3. Vergleichsarbeiten zur landesweiten Überprüfung der Leistungsfähigkeit einzelner Schulen
  4. eine gemeinsame Bildungsberichterstattung von Bund und Ländern

Ferner bauen die Kultusminister den Einsatz von Bildungsstandards aus.

Deutschland erzielte in PISA 2012 überdurchschnittliche Ergebnisse in Mathematik, und die Leistungen des Landes haben sich seit dem Jahr 2000 deutlich verbessert. Auch die Ergebnisse in den Bereichen Lesekompetenz und Naturwissenschaften liegen deutlich über dem OECD-Durchschnitt und sind seit PISA 2000 und PISA 2003 gestiegen. Der Effekt des sozioökonomischen Status auf die Ergebnisse im Bereich Mathematik hat im Vergleich zum Jahr 2000 nachgelassen, liegt aber nach wie vor geringfügig über dem OECD-Durchschnitt (Abb. 1). Deutschland gehört zu den einzigen drei OECD-
Ländern, in denen sich die Mathematikergebnisse und Indikatoren der Chancengerechtigkeit seit 2003 verbessert haben.

Die Bildungsabschlüsse im Sekundarbereich sind in Deutschland höher als im OECD-Durchschnitt: 87 Prozent der 25- bis 34-Jährigen haben zumindest einen Sekundarabschluss erworben (gegenüber einem OECD-Durchschnitt von 82%), wohingegen der Anteil der Tertiärabschüsse unter dem OECD-Durchschnitt liegt (28% verglichen mit einem OECD-Durchschnitt von 39%) (Abb. 2). Ein über dem Durchschnitt liegender Anteil der 25- bis 64-Jährigen erzielte einen berufsbildenden Abschluss des Sekundarbereichs II oder des postsekundären nichttertiären Bereichs (55,8% gegenüber einem OECD-Durchschnitt von 33,5%).
 


OECD-Bildungspolitischer Ausblick Deutschland 2015
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