Bin selbst kein Controller, habe aber viel mit ihnen zu tun. In der Tat eine recht ungeliebte Gattung von Kollege, aber im Unternehmen respektiert und mit relativ viel Macht und Einfluss ausgestattet, wenn auch eher indirekt (über Handlungsempfehlungen etc.).
Zahlen alleine reichen nicht. Es sind die wirtschaftlichen Zusammenhänge dahinter, die zählen.
Stimmt - und trotzdem argumentiert der Controller über Zahlen. Ob eine Investition sofort in die GuV fließt oder über Abschreibungen amortisiert wird, hängt eher von der Controllingmethode ab als vom wirtschaftlichen Zusammenhang. Und die Zusammenhänge können noch so toll sein - wenn das Ergebnis sich in den Zahlen nicht wiederfindet, ist es nicht gut genug.
"Management-Informations-Systeme machen das, was der Controller auch macht - nur billiger und in Echtzeit."
In der Theorie ja. In der Praxis nein. Weil das Management nicht vor irgend einer Tabelle sitzen und Zahlen anschauen will. Das Management will mit jemandem darüber sprechen, der auf Rückfragen antworten und Zusammenhänge erklären kann. Was nützt dem Manager eine Auswertung über Bestandsveränderungen im Lager, wenn niemand da ist, der erklären kann, ob das unterm Strich fürs Unternehmen gut oder schlecht ist?
"Klar, man muss die ersten 100 Stellen von Pi kennen, es gibt ja keine Taschenrechner und auch kein Excel."
LOL, das sind genau die Argumente meiner Kollegen im Studium, die kein Mathe konnten. "Es gibt ja Taschenrechner." Wer aber in einem Meeting sitzt, dort unerwartet eine Tabelle vorgelegt bekommt und nicht mit wenigen Blicken die grundlegenden Zusammenhänge erkennen kann, womöglich noch mit einem Taschenrechner herumfummelt, hat schon verloren.
In Unternehmen wird oft gegeneinander gearbeitet und nicht miteinander. Da kommt der Logistikleiter "Nord" und zeigt seine Bestandsveränderung im Vergleich zum Logistikleiter "Süd", legt die Zahlen aber absichtlich nicht in Prozenten auf, sondern absolut. Damit niemand sieht, dass er schlechtere Ergebnisse hat als sein Kollege. Ein guter Controller sieht auf den ersten Blick, wer die besseren Ergebnisse hat. Ohne Excel. Und ohne Taschenrechner.
"Und nur bis 18 Uhr arbeiten ist doch toll."
Es hat sich unter Berufseinsteigern (vor allem hier im Forum) offensichtlich durchgesetzt, dass man um keinen Preis der Welt zu den Langarbeitern gehören möchte. In der Praxis angekommen, beginnt dann bei vielen das große Staunen. Das Berufsleben besteht nämlich nicht nur daraus, seine Arbeit irgendwie wegzuschaffen, sondern auch aus ganz anderen Aspekten. Netzwerkpflege, Weiterentwicklung des Unternehmens, die Vorbereitung der eigenen Arbeit in den nächsten Wochen, als Führungskraft außerdem viel Personal- und Verwaltungsarbeit, Mitarbeiterbeurteilungen schreiben, neue interne Vorschriften durchlesen, die liegen gebliebene Post studieren etc. - alles Dinge, die man mangels Zeit nicht am Nachmittag macht.
Wer sich fürs Controlling interessiert, der sollte genau hinsehen, was er da eigentlich controllen soll. Es gibt Dinge von höchster Aufmerksamkeit (die Rentabilität des wichtigsten neuen Produkts zum Beispiel), und es gibt Dinge, die eigentlich niemand wirklich wissen will (irgendwelche Verwaltungskostenstellen etc.). Wer im Unternehmen gesehen werden will, muss bei den wichtigen Themen mit am Tisch sitzen.
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