Berufseinstieg Steuerkanzlei oder Finanzverwaltung
Hallo,
kurz zu meinem Profil: Ich habe zunächst einen Bachelor in VWL absolviert, wobei mich Jura auch schon immer gereizt hatte. Während des Bachelorstudiums ist mein Interesse an steuerlichen und juristischen Fragestellungen gewachsen, weshalb ich mich noch dazu entschieden habe, ein Jurastudium anzuhängen. Den Schwerpunkt habe ich in beiden Fächern auf Steuern/Steuerrecht gelegt, zudem habe ich einen LLM mit steuerrechtlichem Bezug absolviert. Allgemein würde ich mich zudem als zahlen- und matheaffin bezeichnen. Das 1. Examen habe ich mit einem soliden Befriedigend, das 2. Examen mit einem knappen Befriedigend abgeschlossen. Den Verbesserungsversuch werde ich wahrscheinlich noch schreiben, wobei ich auch da eher nicht mit 9 Punkten rechne. Den Berufseinstieg plane ich im Bereich des Steuerrechts.
Während des Studiums war ich mir sehr sicher, anschließend im Bereich der (gestaltenden) Steuerberatung arbeiten zu wollen, entweder in einer Big 4 oder einer anderen größeren bzw. Boutique-Kanzlei. Meine bisherige Tätigkeit in Kanzleien mit steuer- und wirtschaftsrechtlichem Bezug hat mir von der Tätigkeit her auch sehr zugesagt. Allerdings hatte ich während der juristischen Klausuren und auch teilweise während des Referendariats mit nicht unerheblichen Zeitproblemen zu kämpfen. Allgemein gehört das Arbeiten unter (großem) Zeitdruck nicht zu meinen besonderen Stärken, was ich auch während der Kanzleitätigkeit gemerkt habe. Außerdem bin ich mir nicht so sicher, ob ich von der Mentalität her wirklich der "Beratertyp" bin, da ich eher ruhig und zurückhaltend bin. Darüber hinaus stelle ich mir auch die hier im Forum viel diskutierte Frage nach den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Steuerberatungsbranche, wobei die Bereiche Steuergestaltung und Abwehrberatung wohl noch am wenigsten betroffen sein dürften.
Während des Referendariats habe ich auch eine Station in der Finanzverwaltung absolviert, die mir ebenfalls gefallen hat. Trotz meiner eher suboptimalen Noten dürften derzeit die Chancen, in der Finanzverwaltung oder ggf. auch in einem Ministerium unterzukommen, recht gut stehen. Dies wäre also eine Alternative zur Kanzleitätigkeit, sodass ich zurzeit zwischen beiden Möglichkeiten schwanke. Falls ich in einer Kanzlei anfangen sollte, würde mir sicher ein Bereich entgegenkommen, in dem der Zeitdruck nicht so stark ausgeprägt ist. Außerdem wäre es sicher vorteilhaft, wenn ich mich stärker spezialisieren kann.
Da ich schon eine ganze Weile zwischen den Varianten Finanzverwaltung (Höherer Dienst) und Kanzlei schwanke, folgende Frage: Würdet ihr es im Zweifelsfall eher für sinnvoll erachten, zunächst in einer Kanzlei anzufangen und später in die Finanzverwaltung zu wechseln, falls ich merken sollte, dass der Kanzlei-Alltag auf Dauer nichts für mich ist oder sollte man eher den umgekehrten Weg gehen? Letzteres für den Fall, dass es mir in der Finanzverwaltung auf Dauer doch nicht so gefallen sollte. Ich habe zwar bereits eine Station dort absolviert, denke aber, dass die Zeit insgesamt wenig repräsentativ war. Der Berufsalltag eines Volljuristen besteht dort ja zu einem wesentlichen Teil aus Führungsaufgaben und der Übernahme von Personalverantwortung, nach allem, was man so liest.
Über weitere Hinweise und Tipps zum Berufseinstieg bezogen auf meine Situation würde ich mich sehr freuen. Vielleicht hat ja der eine oder andere den Berufseinstieg in einer steuerrechtlich ausgerichteten Kanzlei trotz anfänglicher Zeitprobleme erfolgreich gemeistert und kann hiervon berichten.
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