Sehr interessantes Thema. Vorab kann ich Dir sagen: Es gibt gar nicht so wenige Menschen, die unter diese Kombination Intelligenz-Nervosität "leiden". Und von Leiden sollte man eigentlich auch gar nicht sprechen, denn es ist ja nicht so, dass man nicht etwas dagegen tun kann.
Zunächst mal Glückwunsch zu Deinem Feedback. Warum Glückwunsch? Weil einige sehr positive Aspekte enthalten sind, über die Du sehr glücklich sein kannst und die Dir echte Chancen einräumen. Nämlich, dass Du intelligent bist, sympathisch, fähig zum abstrakten Denken (kann auch nicht jeder!). Damit hast Du Eigenschaften, an denen es bei vielen anderen mangelt (und die leiden dann wirklich!!).
Nun gibt es diesen Punkt "Nervösität" in Deinem Charakter. In der Tat ist eine hibbelige Führungskraft zunächst mal ein Problem. Für die meisten Unternehmen muss eine Führungskraft Ruhe und Überlegenheit ausstrahlen, weil sie ein konstanter Pol der Orientierung, Beruhigung, Organisation und Anlehnung für die Mitarbeiter sein soll. Ein ruhiger Chef bringt Ruhe ins Unternehmen, ein nervöser Chef Nervösität.
Diese Ruhe und Gelassenheit kannst Du aber lernen bzw. üben. Dafür musst Du erstmal erkennen, weshalb Du nervös bist. Gehen Dir die Dinge nicht schnell genug? Hast Du einen Punkt oft schon verstanden, bevor der andere ihn zu Ende gebracht hat? Willst Du dann schon zum nächsten Punkt übergehen, während Dein Gegenüber noch immer auf seiner ersten Aussage herumreitet, was ihn für Dich letargisch und träge wirken lässt? Vielen intelligenten Menschen geht das so. Darf man fragen, wie alt Du bist?
Ich würde Dir folgende Übung empfehlen: Versuche mal, in solchen Gesprächen die Zeit dafür zu nutzen, Deine nächste Aussage sorgfältig vorzubereiten. Nervöse Menschen haben nämlich leider oft die Eigenschaft, dass sie einen Satz bereits formulieren, während sie ihn noch denken. Nimm Dir einen guten Freund und bitte ihn, Dir eine furchtbar triviale Sache aus seinem Alltag langsam und ausführlich zu erklären. Und versuche, während dieser langatmigen Erklärungen nicht unruhig in seine Sätze einzufallen, sondern lege Dir in Deinen Gedanken eine Antwort zurecht, die erst sorgsam durchformuliert wird, bevor Du sie loslässt.
Man kann übrigens auch durch das so genannte "aktive Zuhören" organisierter und gelassener wirken. Das kennst Du sicherlich aus Seminaren oder Schulungen. Man wiederholt zusammengefasst die Aussage des anderen, bevor man auf sie eingeht. Einem selbst kommt das immer wahnsinnig blöd vor, es wirkt nach außen aber interessiert und aufmerksam.
Dann: Zwinge dich, deine Aussagen langsam, gleichmäßig, präzise artikuliert und druckreif gesprochen rüberzubringen. Es ist noch niemand wegen langsamen Sprechens gefeuert worden. Ich weiss, das ist leichter gesagt als getan. Ich bin aber sicher: Wenn Du all diese Stärken hast, die Dir in dem Gespräch bescheinigt wurden, und wenn Du außerdem erkannt hast, dass das Thema Nervösität ein Problem für Dich ist, dann wirst Du mit Sicherheit sehr bald einen Lösungsweg für dieses Verhaltensmuster finden.
Noch ein Ansatz: Versuche mal, in einem Dialog immer erst 5 Sekunden Stille wirken zu lassen, bevor Du antwortest. Zähle in Deinem Kopf die Sekunden mit. Diszipliniere dich, nicht sofort drauf loszuplappern. Wenn der andere diese 5 Sekunden nicht still hält, will er sowieso noch was sagen und sollte erst ausreden. Das mag dazu führen, dass Dein Gegenüber 10 Minuten am Stück redet und Dich nicht zu Wort kommen lässt. Aber auch der langatmigste Redner ist irgendwann erschöpft und lässt Dich antworten. Ich mache das oft in Telefonverhandlungen. Der andere redet, redet und redet. Ich sage nichts, nicht mal ein Brummen zur Bestätigung. Der andere fragt dann irgendwann: "Sind Sie noch da??" Ich sage dann: "Ich höre Ihnen zu, sprechen Sie weiter."
Eine Antwort auf Deine Frage, ob ein ruhiger und gelassener Mensch überhaupt kreativ sein kann: Ja, er kann es. Und umgekehrt kann ein vor Funken sprühender Kopf auch ruhig und gelassen wirken, indem er nicht im gesamten Gespräch funkt und sprüht, sondern nur dann, wenn es darauf ankommt, zu funken und zu sprühen.
Tipp: Gegen Ende des Bewerbungsgesprächs solltest Du einfach mal in langsamen, klaren Worten sagen: "Ich bin mir dessen bewusst, dass meine Kreativität zum Teil den Eindruck erweckt, ich wäre nervös. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass sich diese Nervösität sehr schnell legt, sobald ich länger als 20 Minuten an einem Thema arbeite." Darauf sollen die erstmal eine Antwort finden!
Abschliessend eine Frage: Warum geht ein intelligenter, sympathischer, abstrakt denkender Mensch zu MLP!?
Viel Erfolg,
D.Ek.
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