TE hier.
Vielleicht zunächst ein kleines Update: Bin immer noch im selben Konzern. War bis Anfang dieses Jahres ein absoluter Experte in meinem Gebiet und für interne/externe Personen zu diesem Thema direkter Ansprechpartner. Habe nun aber das Team gewechselt und damit verbunden auch andere/neue/mehr Verantwortung (Stellvertreter des Teamleiters, Aufnahme ins Senior Management Entwicklungsprogramm Ende letzten Jahres, 110+ pro Jahr als Gehalt).
Wie war der Weg? Dazu vielleicht einmal meine Punkte von damals:
- Relativer Anfänger, der nun auf Senior-Level aufsteigen soll
- Fachliches Grundgerüst sollte weiter aus- und gleichzeitig Fähigkeiten in Kommunikaiton/Auftreten, Politik und Neztwerk aufgebaut werden.
- Punkte 1.) und 2.) führen zur extremen Belastung; zeitlich wie auch mental. Es häufen sich Flüchtigkeitsfehler, die weiter an der Sicherheit nagen.
- Den Tipp mit den 80/20 finde ich sehr gut. 80% des Ergnisses in 50% der Zeit erreichen und diese dafür fehlerfrei und sauber ausführen.
Zu 1 und 2) Nach ca. 2,5 Jahren harter Arbeit und Stress hatte ich mich irgendwann an die Arbeit gewöhnt. Ich konnte zu allen Problemen etwas sagen und selbst, wenn ich keine Antwort wusste, war ich sicher, eine zu finden. Dies hat meinem Selbstvertrauen und damit meinem Auftreten enorm geholfen. Ich würde also sagen, dass die vordergründige Lösung harte und lange Arbeit war.
Zudem habe ich (sehr) laut nach Unterstützung gerufen, sodass man 1. meine Themen fokussiert hat und 2. mir einen jüngeren Kollegen, den ich fachlich anleiten konnte, als Unterstützung zur Seite gestellt hat. Das sog. "laut rufen" muss hier aber sehr genau betrachtet werden und war Ergebnis von mehreren Trainings und kollegialer Beratung im Rahmen eines Nachwuchführungskräfteprogramms mit Mentoren und anderen Teilnehmern.
Im Grunde habe ich gelernt Anforderungen besser zu verstehen, diese dann aber auch in Zeit und Resourcen zu übersetzen und diese Übersetzung klar und konsequent zurück zu kommunizieren. Gab es dann bspw. einen Resourcenkonflikt (2 gleich dringliche Themen zur selben Zeit), habe ich meinen Vorschlag (Prioritäten und Durchführung) kommuniziert. Falls keine Rückmeldung kam, habe ich einfach losgelegt und konnte mich im Nachhinein immer durch die bereits erteilte Kommunikation schützen. Und ja dadurch sind Dinge liegen geblieben oder wurden später fertig oder sogar gar nicht gemacht.
Neben dem oben beschriebenen habe ich insbesondere an meinem Zeitmanagement gearbeitet. Wobei ich hier Zeitmanagement als Erwartungsmanagement verstehe. Wenn man allen Stakeholdern frühzeitig sagt, was möglich ist und was nicht, gerät man seltener (aber immer noch oft genug) under Zeitdruck oder Erklärungsnot.
Dabei habe ich viel an meiner Kommunkation gearbeitet. Es gab kein "das klappt nicht, weil keine Zeit", sondern nur "das schaffen wir bis..., wenn ....."
Das "wenn" in dem obigen Satz war dabei immer der Kern des Erwartungsmanagements: "Nur wenn ich diese Sache weglasse oder wenn ich einen zusätzlichen Kollegen erhalte, werden wir .... erreichen".
Zu 3.) Flüchtigkeitsfehler oder Fehler generell passieren mir immer noch. Ich gebe dieser aber zu, falls diese schwerwiegend sind und behebe diese umgehend. Ich denke hier setzt einfach langsam meine Erfahrung ein. Fehler passieren immer. Kein Problem, solange man es beheben kann. Außerdem wird man extrem sicher, wenn man sich seiner stärken bewusst macht. Wenn ich nun in einer Diskussion nicht weiß, wie etwas gemacht werden sollte, denke ich laut nach: "Ich kann keine direkte Lösung anbieten, da die Komplexität schwert spontan zu überblicken ist, aber grundsätzlich ist es in solchen Fällen doch so, dass ...(laut denken mit gesundem Menschenverstand)". Dann fragend in die Runde gucken: "Oder klingt das jetzt total absurd, was ich gerade gesagt habe? Was meinen Sie?". Auch eine Top Antwort in unsicheren Momenten: "Wie würden Sie es denn machen oder was wäre Ihr Vorschlag?"
Im besten Fall erhält man eine fertige Lösung. Im schlechtesten Fall haben die anderen auch keine Ahnung und man selber wieder einen Grund weniger unsicher zu sein.
Zu 4.) 80/20 klingt super. Habe ich aber bis heute noch nicht richtig geschafft. Ich bin schon eher der technokratische Perfektionist und weniger der offene kreative Visionär. Dieses Feedback bekomme ich immer noch. Aber eine Sache habe ich verinnerlicht: Charakter bleibt Charakter und ist weder gut noch schlecht. Es bleibt einfach ein Teil von einem.
Bspw: Der Kollege ist zu perfektionistisch könnte lauten, dass ich zu lange brauche. Aber andersrum denkt jeder, dass meine Arbeit fehlerfrei sein müsste, da ich ja so perfektionistisch bin. Aber in Fällen, in denen das Auftragsergebnis nicht von vornherein klar ist, macht 80/20 oder sogar 70/30 absolut Sinn. Einfach mal einen groben Vorschlag in die Runde werfen, der sowieso noch 10x zerrupft und überarbeitet wird, macht mehr Sinn, als sich stundenlang zu überlegen, was die werten Oberen gemeint haben könnten.
Asonsten muss ich zugeben, dass ich härter geworden bin. Einerseits nach oben (Erwartungs- und Konsequenzenmanagement) und auch nach unten/horizontal (lasst mich mit dem Blödsinn in Ruhe und macht das selber). Eine wenig verändert einen der Job schon. Traurig (?) und wahr.
WiWi Gast schrieb am 30.08.2020:
Bitte bitte sag uns jetzt noch, wie du das hinbekommen hast? Weil gerade die Kritik am wenig selbstbewussten Auftreten hat bei mir immer zur Kündigung geführt.
WiWi Gast schrieb am 26.05.2019:
WiWi Gast schrieb am 22.05.2019:
Hab den Job geschmissen und bin mittlerweile bei einem KMU, da der Stress bei mir zu einer psychischen Erkrankung führte.. aber jetzt läuft alles super!
Haha witzig. Das zitierte stammt aber nicht von mir.
Ich bin der TE. Bin immer noch im selben Konzern. Der Weg war sehr hart (psychologische Belastung und Beratung durch Trainer inklusive) und die Belastung ist immer noch hoch. Ich komme damit jedoch besser zurecht. Meine Entwicklung in den 4 Jahren ist insgesamt, auch wenn mit steilen Sprüngen und etwas längeren Plateaus, sehr gut gewesen. Auch mit etwas Glück verbunden, da ich durch hohe Fluktuation nun mit 4 Jahren einer der Dienstältesten und "Experte" bin. Das hätte ich wirklich nie geglaubt, wenn ich mir jetzt meinen Ursprungspost durchlese. Die Entwicklung in Kurz: Sprung zum AT im letzen Jahr und Aufnahme ins Konzernentwicklungsprogramm voraussichtlich in diesem oder nächstem.
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