WiWi Gast schrieb am 15.07.2020:
Wir können bei dem Thema auch äquivalent folgende Frage stellen: Angenommen, in der Zukunft, gibt es nur noch für einen kleinen Anteil der Bevölkerung überhaupt Arbeit wegen z.B. der Digitalisierung, was machen mit den ganzen Leuten, die gar nicht mehr Arbeiten können, im klassischen Sinne, wie heute? Alle veramen lassen und eine kleine arbeitende Geldelite kreieren? Was macht dann der Rest?
Das Problem ist, dass die Annahme völlig entgegen der Erfahrung der meisten Menschen ist und sie sich daher nicht darauf einlassen.
Wenn die Annahme richtig ist, haben wir eine völlig andere Gesellschaft. Wahrscheinlicher ist es aber, dass die Annahme ziemlicher Quatsch ist.
Nehmen wir ein Beispiel von heute: Live Musik. Warum gibt es die denn überhaupt noch in der Form? Man könnte doch auch ein Festival-Gelände mieten, Karten an 50k Besucher verkaufen und dann Musik abspielen, ohne dass die Künstler anwesend sind. Die Realität ist aber, dass es einen Markt dafür gibt, dass man da vorne Menschen sieht.
Ich kann keinen vernünftigen Grund erkennen, warum es in Zukunft keinen Markt mehr dafür geben sollte, dass Menschen lieber mit anderen Menschen interagieren als mit einer Maschine. Das kann in jeder Form der Freizeitgestaltung der Fall sein, aber auch in Gebieten wie der Altenpflege.
Dazu können wir uns zukünftige Berufsfelder vielleicht noch gar nicht vorstellen. Wer hätte 1820 oder 1920 gedacht, dass es so viele Nagelstudios geben könnte? Oder dass es einen großen Markt für Fußpflege geben könnte? Die hätten sich aber auch keine Welt mit so wenigen Beschäftigten in der Landwirtschaft oder später mit so wenigen Fabrikarbeitern vorstellen können. Oder eine Welt, in der Wäsche-Waschen nur ein paar Minuten Arbeit erfordert.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen erscheint mir als eine ziemlich primitive Antwort auf eine Annahme, die sehr wahrscheinlich nicht stimmt.
Stattdessen wird man sich mit einer sich verändernden Gesellschaft auseinandersetzen müssen, in der man über verschiedene Mittel nachdenken muss, wie Mindestlohn, früheren Renteneintritt, Mindestrente etc. Vielleicht auch völlig neues wie gesetzliche Quoten für menschliche Angestellte.
Aber von einer Situation auszugehen, in der es keinen Bedarf für die Arbeitskraft von gesunden jungen Leuten gibt, halte ich persönlich für Quatsch.
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