Eines vornweg: Du befindest dich als Steuer- oder Wirtschaftsprüfungsassistent leider nicht in einer "Ausbildung". Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind in Deutschland als Weiterbildungsabschlüsse konzipiert. D. h. sie erfordern zwar eine bestimmte Zeit Praxiserfahrung, die muss man aber im Rahmen eines normalen Anstellungsverhältnisses erwerben. Das hat zwar den Vorteil, dass du viel mehr bezahlt bekommst als jemand, der z. B. eine Ausbildung oder ein Referendariat macht. Die Nachteile sind aber auch, dass du jederzeit gekündigt werden kannst (kann man bei Azubis, Referendare etc. nicht machen!) und dann evtl. an der Prüfung gar nicht teilnehmen kannst oder dass sich die Ansprüche deines Arbeitgebers und deine Ansprüche, dich weiterzubilden, oft nicht gut miteinander vereinbaren lassen und es dann zu Interessenkonflikten kommt. In einer Ausbildung oder einem Referendariat würde man mehr Rücksicht nehmen, wenn du dich z. B. auf Prüfungen vorbereiten musst.
Zum eigentlichen Thema: Mir ist nicht ganz klar, ob diese Kanzlei die Assistenten einfach auf die Straße setzt, noch bevor sie überhaupt die gesetzlich geforderte Praxiszeit erworben hat. Das würde ich in der Tat als ziemlich unfair empfinden. Denn wenn du sagen wir 1,5 Jahre bei denen warst und die setzen dich dann vor die Tür, dann hast du ja nur noch ein halbes Jahr bis zur Zulassung zum Examen. Wer bitte will dich dann noch einstellen? Die denken doch alle gleich, dass du in 6 Monaten wieder weg bist oder dass sie dich im Sommer ewig lange freistellen müssen. Da wird es echt schwer, wieder eine Stelle zu finden.
Wenn es allerdings nur darum geht, dass nicht jeder Assistent finanziell gefördert wird beim Examen und nicht jeder eine Zusage bekommt, dass er als Berufsträger dort weiterarbeiten kann, würde ich das nicht schlimm finden. Kanzleien sind immer pyramidenförmig aufgebaut und es kann einfach nicht jeder Assistent später als Berufsträger weiter beschäftigt werden. Egal, was für einen Humbug man dir erzählt, dass jeder Partner werden soll etc. Es ist schlicht logisch gar nicht möglich. Ich würde es nicht schlimm finden, wenn ich ordentlich meine Praxiszeit dort machen könnte und man sich später einvernehmlich wieder trennt. Damit könnte ich echt leben.
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