Arbeitszeiten
Weshalb wird auf Arbeitszeiten in der heutigen Zeit soviel Wert gelegt?
Der Automatisierungsgrad steigt stetig an, daher wäre es doch wesentlich sinnvoller, die Arbeitszeiten deutlich zu senken, oder?
Weshalb wird auf Arbeitszeiten in der heutigen Zeit soviel Wert gelegt?
Der Automatisierungsgrad steigt stetig an, daher wäre es doch wesentlich sinnvoller, die Arbeitszeiten deutlich zu senken, oder?
In welcher Welt lebst Du? Hier ist ein Wiwi-Forum, niemand hier hat etwas davon, dass ein Mähdrescher heute in 5 Stunden die Arbeit macht, die vor 80 Jahren 10 Leute in einer Arbeitswoche leisten mussten.
Automatisierung im Büro: Ja - die einfachen Tätigkeiten fallen dadurch flach, d.h., die Arbeit konzentriert sich auf weniger einfachen Aufgaben oder auf Aufgaben, die nicht automatisierbar sind (Dokumentationen, Kommunikation, Analyse etc.).
Bei diesen aber entsteht Kostendruck, weil wir in Mitteleuropa keinen Profit generieren über den Wachstum des Umsatzes, sondern eben über Kostensenkungen.
Das ist der primäre Grund für Überstunden.
Ein evolutionstechnischer Grund ist dann noch der folgende:
"Früher" hatte derjenige Bauer, der lange arbeitete, eine tendenziell größere Ernte als derjenige, der nur 12 Stunden am Tag arbeitete. Der Schuster hat in 14 Stunden mehr Schuhe flicken können als in 12 Stunden.
Der "moderne" Mensch leitet daraus ab, dass die Büroarbeit, die mittels einer 10-h-Anwesenheit erbracht wird, eine höhere Qualität haben müsse als die einer 8-h-Anwesenheit.
Immer noch wird demjenigen, der möglichst lange hockt und das Büro als letzter verlässt, Fleiß unterstellt. Das liegt daran, dass jeder andere Mitarbeiter die Uhrzeit einfach messen kann, die erbrachte Leistung jedoch nicht.
Nun könnte man sagen "nein - es ist doch völlig klar, dass es auf die Leistung ankommt und nicht auf den Zeitraum". Leider ticken wir Menschen so nicht. Siehe z.B. Fleischkonsum: fast jeder Studierte weiß, dass es falsch ist, massenweise Fleisch zu fressen, aber jeder schafft es, seinen eigenen Konsum mit selbstgebastelten Lügen zu rechtfertigen:
"Ich esse doch gar nicht soviel wie andere"
"ich kaufe doch beim Metzger"
"Auf meiner Aldi-packung steht, dass die Kuh auf der Weide gelebt hat"
etc...
Lounge Gast schrieb:
antwortenWeshalb wird auf Arbeitszeiten in der heutigen Zeit soviel
Wert gelegt?
Der Automatisierungsgrad steigt stetig an, daher wäre es doch
wesentlich sinnvoller, die Arbeitszeiten deutlich zu senken,
oder?
Die Powerpoint- und Excelbastelmaschinen sind leider noch nicht 100%ig ausgereift...
antwortenDu hast eigentlich vollkommen recht, in einer idealen Welt könnte heute alles extrem schnell erledigt sein, aber leider leben wir nicht in einer solchen. Ich gebe die Schuld fehlenden Standards. Z.B. hat meine Firma 200 Mitarbeiter, davon 8 Vollzeitkräfte in der Buchhaltung, die eigentlich den ganzen Tag nur Briefe öffnen und die Zahlen dort ins System hacken und das im 3. Jahrtausend. Wenn man wirklich wollte und es weltweit ein einheitliches System gäbe, dann würde sowas sicher auch vollautomatisch gehen. Mein Job besteht z.B, grad daraus Abrechnungen zu überprüfen, alleine die Abrechnung von einem Lieferanten ist pro Monat über 2000 Seiten pdf, die besteht praktisch nur aus Sonderfällen, extrem zeitintensiv das zu überprüfen. Die könnten das auch viel einfacher und transparenter machen, aber dann würde jeder sofort deren versteckte Kosten an allen Ecken und Enden sehen. So hab ich zumindest einen Job, wenn auch einen langweiligen. In einer perfekten Welt wären halt fast alle arbeitslos :)
Mein alter Chef hat immer gesagt, "wenn du deine Arbeit erledigt hast, dann kannst du nach Hause gehen, auch wenns nur 2 Stunden waren"
Für einen großen Teil der abhängig beschäftigten Frauen und Männer in Deutschland klaffen Wunsch und Wirklichkeit bei der Arbeitszeit erheblich auseinander. Besonders viel arbeiten Väter. Bei ihnen ist der Wunsch nach einer Arbeitszeitreduzierung um fast fünf Arbeitsstunden in der Woche am größten.
Die Wochenarbeitszeit vollzeitbeschäftigter Erwerbstätiger lag im Jahr 2012 in Deutschland bei 41,9 Stunden. Teilzeitbeschäftigte arbeiteten 18,2 Stunden. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) zum Tag der Arbeit am 1. Mai weiter mitteilt, lag die mittlere gewöhnliche Wochenarbeitszeit aller Erwerbstätigen bei 35,5 Stunden.
Drei Viertel aller Berufstätigen (77 Prozent) in Deutschland sind außerhalb ihrer regulären Arbeitszeiten für Kollegen, Vorgesetzte oder Kunden per Handy oder E-Mail erreichbar: 30 Prozent sind jederzeit erreichbar und 32 Prozent zu bestimmten Zeiten, zum Beispiel abends an Wochentagen oder am Wochenende.
Männer sind weiterhin deutlich häufiger erwerbstätig als Frauen. So gingen 2011 in Deutschland 81 Prozent der Männer, aber nur 71 Prozent der Frauen von 20 bis 64 Jahren einer Erwerbstätigkeit nach.
Die Arbeitszeiten in Deutschland haben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich polarisiert. Einerseits haben im Vergleich zum Anfang der 1990er Jahre lange Arbeitszeiten jenseits von 41 Wochenstunden zugenommen, andererseits sind sehr kurze Arbeitszeiten unter 15 Stunden weiter verbreitet.
Die Grenzen zwischen Job und Privatleben verschwimmen mit der steigenden Verbreitung moderner Kommunikationsmedien immer mehr. So sind 88 Prozent der Berufstätigen auch außerhalb ihrer regulären Arbeitszeiten für Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte per Internet oder Handy erreichbar.
Bei Führungskräften sind überlange Arbeitszeiten weit verbreitet: 38,5 Prozent der Führungskräfte arbeiteten normalerweise mehr als 48 Stunden. Jede fünfte Führungskraft ist sogar 60 Stunden und mehr im Dienst.
Beschäftigte mit flexiblen Arbeitszeiten haben tendenziell einen niedrigeren Blutdruck, können besser schlafen und sind weniger anfällig für psychische Erkrankungen als solche mit starren Arbeitszeiten. Dies ergab jetzt eine Studie an der Durham Universität im Vereinigten Königreich.
79 Prozent der Frauen und 68 Prozent der Männer würden gerne flexible Arbeitszeiten in Anspruch nehmen, ergab eine Studie der Personalmanagement-Beratung Hewitt.
Die Beschäftigten in Deutschland arbeiten häufiger in Schichtsystemen, nachts oder deutlich über 40 Wochenstunden. Damit verbundene Belastungen können zu frühem gesundheitlichem Verschleiß führen.
Flexible Büroarbeit wird zur Norm: Zu diesem Ergebnis kommt die Studie »Flexible Working 2007« von Johnson Controls Global WorkPlace Solutions. Mehr als 60 Prozent der 200 internationalen Studienteilnehmer arbeiten regelmäßig an verschiedenen Orten.
Die Grenze zwischen Privatleben und Arbeitszeit verschwimmt zunehmend. Für 14 Prozent der weltweit befragten Finanzmanager ist es undenkbar, ohne ihren Laptop oder PDA in den Urlaub zu fahren.
In Deutschland werden einer Untersuchung des Instituts Arbeit und Technik in Gelsenkirchen zufolge im Durchschnitt 1756 Stunden im Jahr gearbeitet.
An den Bedürfnissen von Eltern ausgerichtete Arbeitszeitmuster haben nicht nur positive Effekte für die Unternehmen und Erwerbspersonen, sondern auch auf makroökonomischer Ebene, zeigt ein neues Gutachten von Professor Rürup.
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