im Tagesgeschäft brauche ich zu 70 % Kenntnisse die auch jeder ausgelernter kaufmännischer Azubi kann, z.T sogar besser, weil in der der Umgang mit Standardsoftware expliziter Ausbildungsinhalt ist, während ich Autodidakt bin. Um Termine zu vereinbaren, Präsentationen zu basteln, Spreadsheets mit Zahlen zu füllen und zu formatieren benötigt man kein Studium.
In den restlichen 30% merke ich den Unterschied. Nicht-Studierten fällt es deutlich schwerer in Alternativen zu denken, zu abstrahieren, eine Situation nicht als gegeben aufzufassen, sondern als situatives Zusammenspiel von Faktoren zu betrachten, einen Soll-Zustand zu konstruieren und den dann umzusetzen fällt ihnen extem schwer. Oft höre ich "Das war schon immer so und hat sich bewährt". Veränderungsbereitschaft und Wille etwas zu verbessern, was den unmittelbaren eigenen Handlungskreis übersteigt ist nicht vorhanden. Viele sind völlig zufrieden wenn Sie ganz genau gesagt bekommen was Sie zu tun haben. Für mich liegt der Nutzen darin, dass ich Zusammenhänge oft völlig anders sehen kann, methodischer und strukturierter vorgehe als Nicht-studierte, die oft auf Faustregeln und Bauchgefühl vertrauen was bei komplexeren Zusammenhängen oft schnell scheitert.
Ein anderer Aspekt wirkt sich auch auf das Privatleben aus. Nicht Studierte setzten meiner Ansicht viel mehr auf ein Versorgungsdenken, sind konservativer in der Einstellung, Lebensziel ist mit Mitte 20 verheiratet, mit 30 Kinder, mit 35 Haus. Ein gelungener Abend ist vor der Glotze verbracht und einmal im Jahr Cluburlaub, dann ist die Welt in Ordnung.
Ich fühl mich viel weniger materialistisch eingestellt, im Studium konnte ich gut von wenig Geld leben und auch jetzt wo ich deulich mehr Einkommen habe leb ich kaum anders als zuvor.
Ich bin mehrfach während des Studiums umgezogen und fühl mich nicht an einen Ort gebunden. Ich wohne jetzt hier weil ich hier arbeite, hätte aber kein Problem umzuziehen wenn es der Job erfordert. Meine Feststellung ist, dass man überall schnell nette Leute kennenlernt, und das Entdecken einer neuen Umgebung einen hohen Reiz hat. Bei nicht studierten Kollegen höre ich oft dass sie sich überhaupt nicht vorstellen können irgendwo anders zu leben als da wo sie aufgewachsen sind und auch richtig Angst haben mal berufsbedingt wegziehen zu müssen.
Um auf den Job zurückzukommen, Ich denke, dass Arbeitgeber gerade dann ein abgeschlossenes Studium voraussetzen, wenn Anforderungen an Problemlösungskompetenz und eigenständige geistige-kreative sowie analytische Leistungen gefragt sind. diese werden gerade nicht in einer Lehre vermittelt, sondern darüber dass man sich als Student über Jahre hinweg unterschiedlichste Theorien und Methoden erschliesst, selbständig Themen recherchieren und dann auch eigenständige Arbeiten schreibt.
Kurz nach dem Studium hätte ich Deine Meinung sicher geteilt, je länger der Abstand zum Abschluss wird, desto mehr sehe ich die Vorteile. Ganz nebenbei direkt nach dem Studium waren einige Nicht-Studierte beruflich deutlich besser dran als ich
(Fester Job, Meister, höheres Einkommen). Jetzt nach 4 Jahren Berufsleben habe ich sie alle überholt und immer noch eine Perspektive mich beruflich weiterzuentwickeln, während bei ihnen die Karriere und Gehaltsentwicklung ihren Endpunkt erreicht. Einige haben zudem gerade -begründete- Existenzängste weil sie hochspezialisierte Berufe haben und zu 100% von Ihrem Arbeitgeber abhängen.
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