WiWi Gast schrieb am 27.11.2020:
Schon jetzt mein absolutes Beileid. Ich habe dort 4 wertvolle Jahre meines Lebens verschwendet. Hätte meine Frau nicht Ihre Ausbildung dort beenden müssen, dann wären wir schon nach 6 Monaten geflüchtet.
Zu erst ein Mal sei das Positive hervorzuheben: Landschaftlich ist das alles dort wirklich 1a, insbesondere mit dem Bodensee. Du kommst überall mit dem Rad hin und bist nicht auf die Öffis angewiesen. Das alljährlich stattfindende Weinfest ist auch nicht schlecht. Wenn du Wein magst, so sei dir die Spitalkellerei empfohlen. Das war es dann auch schon.
Meine Erfahrung ist, dass die Südbadenermentalität sich nicht sonderlich von der Schweizer unterscheidet. Anschluss finden unter Einheimischen kannst du vergessen. Die sind dort aufgewachsen, nie weggekommen und sehen jeden Auswärtigen als Alien an. Zudem denkt jeder denkt nur ans "schaffa" und ist mit seinem Umfeld über Monate verplant. Selbst wenn du Anpassungswillen zeigst, vergiss es. Wenn du in der Schweiz arbeitest, so wirst du, außer am Wochenende, kaum Zeit haben, da du jeden Tag pendeln müssen wirst.
Zu meiner Zeit habe ich die Studis überhaupt nicht wahrgenommen. Wird wohl daran liegen, dass die alle über das WE heimfahren. Im Gegenteil. KN ist mehr oder weniger eine Stadt voller reicher Schwaben-Rentner & Greise.
DIe Immopreise sind fast auf Münchner Niveau. Mit schweizer Gehalt ist das noch ok, ohne ziemlich trist.
Der Einkaufstourismus aus der Schweiz am Wochendende ist extremst nervig. Insbesondere die Horden, die an den Kassen ihre MwSt Rückerstattung mit den abgestempelten "Ausfuhrzetteli" im niedrigen EUR Bereich einfordern. Zu guter Letzt: Du wirst am Blinddarm der Republik leben. Hinkommen und Wegkommen, vor allem im Sommer, kann wegen der Touriströme ziemlich viel Zeit kosten.
Am Wochenende Abends ist die Stadt weitesgehend tot und leer. Hier und da verirren sich ein paar Leute zum dinnieren, darunter viele Schweizer. Aber eine nette Kneipe in der man entspannt eine oder zwei Halbe unter Gleichgesinnten zischen kann: Die gibt es außer dem Klimperkasten einfach nicht. Vieles ist auf die kaufstarke schweizer Klientel ausgerichtet.
Versuch dir ein paar Gleichgesinnte zu suchen, damit das alles erträglicher wird. Sonst sieh zu dass, du eventuell den Sommer mitnimmst und dann wieder weiter ziehst.
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort! Auch wenn das natürlich nicht das ist, was ich mir erhofft hätte, hilft sie mir doch sehr weiter. Lieber gehe ich das mit realistischen Erwartungen an.
Du hast es schon richtig erfasst, ich werde zur Arbeit in die Schweiz pendeln. Dementsprechend gehe ich auch nicht davon aus, Konstanzer Kollegen zu haben, über die ich dort Anschluss finden könnte. Ich komme aus FFM, hier gestaltet sich das doch alles unkomplizierter.
Die Spitalkellerei und den Klimperkasten merke ich mir!
Nochmal danke, dass du dir die Zeit für die Antwort genommen hast. Mal sehen, welche Eindrücke ich vor Ort gewinnen werde. Ich rechne aber auch eher damit, dass es nur eine Zwischenstation sein wird und ich nach einiger Zeit weiterziehe.
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