Jobwechsel oder Frustration normal?
Hi zusammen,
ich bin in einer kleinen "Schaffenskrise". Hatte meinen Master-Abschluss in BWL (Schwerpunkt Accounting, Controlling, Taxation) mit 2,0 gemacht und bin jetzt nach 5 Jahren in der 4. Arbeitsstelle. Die ersten 3 waren in jeder Hinsicht Mist und reichten von zu langweilig (keine Arbeit, aber mich unbedingt einstellen müssen...) bis hin zu Big 4 Verhältnissen (2 Mitarbeiter und enorm viele Mandanten...). Jetzt bin ich endlich an der "richtigen" Arbeitsstelle und das seit über 2 Jahren.
Allerdings wächst in mir ein gewisse Unmut. Ursprünglich fiel meine Jobwahl auf den Bereich Steuern, da er als sehr anspruchsvoll gilt und die Steuerberaterprüfung als eine der schwersten in Deutschland. Ich mag Herausforderungen und auch im Studium habe ich wegen des Anspruchs mathematische Fächer als Wahlfächer genommen (z. B. Ökonometrie). In den mathematischen Fächern sowie in den Accounting, Controlling und Taxation Fächern habe ich einen 1,x Schnitt.
Jetzt, wo ich nicht mehr die naive Uni-Brille auf habe, sehe ich immer weniger den "Anspruch" des Berufs. Bin gerade an der Vorbereitung auf den Steuerberater und fange gerade meine gesamte Berufswahl an zu hinterfragen. Ich sehe immer mehr, dass die in der Uni so schön vorbereiteten Fälle nicht existieren und man teilweise bei kleinen Rechnungen schon eine ganze Weile recherchieren muss, weil das Gesetz nichts dazu her gibt und man bestenfalls was in Urteilen findet. Und diese sind ja bekanntlich öfter mal nur auf den Einzelfall anwendbar.
Was mich an dem Berufsstand stört ist, dass man nie wirklich gut wird. Man kann besser als andere sein (es gibt bessere und schlechtere Steuerberater), aber nie wirklich gut, da sich das Steuerrecht laufend ändert und man ja doch bei jeder Detailfrage nachlesen muss, ob sich was geändert hat. Man kann sich nie sicher sein, ob nicht irgendein Finanzgericht so und so geurteilt hat und man bei Nichtbeachtung dem Mandanten hohe Schäden verursacht. Dazu kommen die ständigen Fristen. Wenn diese regelmäßig wären (immer nur der 10.), dann wäre es eine (planbare) Sache. Aber es kommt immer wieder vor, dass was dringendes rein kommt, was der Chef nicht ablehnen will und dann sitzt man bis abends, um das noch fertig zu machen. Das ist blöd für die Vorbereitung auf den Steuerberater, aber auch für das Privatleben. Ich dachte mir eben vor Ende des Studiums, dass Steuerberater mega viel wissen und ihresgleich suchen. In der Praxis sehe ich, dass man bestenfalls zum Zeitpunkt des Examens ein sehr gutes (aber auch nicht umfassendes) Wissen hat und dann nach und nach alles verschwindet, was man nicht anwendet oder bei Änderungen nicht auffrischt. Zurzeit befinde ich mich in einer mittelständischen Kanzlei mit ~15 Mitarbeiter und verdiene 2.600 brutto x 13.
Ich hoffe, ich habe die Problematik einigermaßen geschildert und denke eben über einen Jobwechsel in einen anderen Bereich nach. Nur weiß ich nicht, in welche Bereiche ich mit meinen Voraussetzungen einsteigen könnte. Am liebsten wäre mir, da Familienplanung, ein Sachbearbeiterjob 9-5 mit Gehalt was in Ordnung ist (der Stellung eben entsprechend). Die Fristen sorgen ständig für Stress und Überstunden und das Wissen hat eine gefährlich kurze Halbwertzeit. Ich hatte mir das eben anders vorgestellt.
Für Tipps wäre ich sehr dankbar!!!
Viele Grüße
antworten