Lounge Gast schrieb:
Ich finde es halt sinnvoller, wenn ein Großteil eines
Jahrgangs ein Studium absolvieren darf statt die Leute in
duale Ausbildungen zu drängen.
Denn im Studium lernt man, wie man sich selbst Ziele setzt
und sie Stück um Stück erreicht. Man lernt, wie man mit Stoff
umgeht, von dem man am Anfang nicht alles versteht. Man
lernt, wie man selbst an Informationen kommt, sie einordnet
und eigene Schlüsse zieht. Erzählt mir bitte nicht, dass das
alles seit 2008 abgeschafft wurde.
Was du nicht kapierst ist, dass solche Prozesse weitestgehend abgeschafft wurden und man nun einfach ein Skript auswendig lernt und fertig. Das hat mit forschendem Lernen oder argumentieren auf wissenschaftlichen Niveau nichts mehr gemeinsam. Es handelt sich um eine gehobene Berufsschule mit riesigen "Klassen" á 100+ in denen man nichtmal diskutieren kann. Die einzigen Informationen die oftmals interessieren ist doch: Muss ich das für die Klausur auswendig lernen?
Ich denke, dass das vielen Leuten später helfen wird, wenn
sie sich beruflich umorientieren müssen, wenn sie sich neuen
Stoff aneignen müssen, um auf dem Arbeitsmarkt
wettbewerbsfähig zu bleiben.
Das hat schon immer funktioniert, du unterschätzt die duale Ausbildung und die Dinge die man dort lernt. Gleichzeitig überschätzt du das verschulte Studium.
In der dualen Ausbildung ist das alles nicht gegeben. Der
Sinn der dualen Ausbildung ist ja vor allem, dass man direkt
in der Praxis an die Arbeitsaufgaben herangeführt wird. Das
ist auf den ersten Blick toll, da der Arbeitgeber zwei bis
drei Jahre Zeit bekommt, um einen Arbeitnehmer sehr billig
auf das eigene Unternehmen zugeschnitten auszubilden.
Und für einen billig-bachelor zahlt er in der Ausbildung gar nichts. der wird 2 Monate abgelernt und verdient danach oftmals die gleiche Kohle die man als Industriekaufmann bekommen hat. Warum? Weil er die gleichen Aufgaben hat.
Der große Haken bei den dualen Ausbildungen ist aber, dass
was man hier nicht expliziert gezeigt bekommt, kann man
nicht. Die theoretischen Grundlagen, die die Berufsschule
legt, sind viel zu dünn, dass sich diese Leute selbständig
weiterbilden könnten. Das wird oft im Alter zu einem großen
Problem, wenn sich die Anforderungen bei der Arbeit ändern.
Man ist dann immer angewiesen, dass man neuen Stoff vorgekaut
bekommt,
Haha, unseren BWLern wird natürlich nichts vorgekaut, is klar :)
Viele Arbeitgebern ist das zu teuer und zu
aufwendig, die Leute auf den neuesten Stand zu bringen. Dann
heißt es nur noch "zu alt". Akademiker haben das
Problem viel seltener, dass sie als "zu alt"
wahrgenommen werden.
Statt z. B. vorgekaut zu bekommen, was im Zollkodex steht,
und ein paar Vorschriften auswendig zu lernen, sollte man
jungen Leuten fairerweise lieber zeigen, wie man mit Gesetzen
und Vorschriften umgeht, was die Systematik dahinter ist.
Dann können sie sich selbst immer auf den neuesten Stand
bringen.
Ich kenne sowohl die Berufsschule, als auch Recht 1 &2 an der Uni. Beides war leider komplett faktenlastig. Du beschreibst hohe Ziele, die mMn in einem verschulten Bachelorsystem nicht erreicht werden können. Dazu bräuchte man viel mehr Geld (besseres Betreuungsverhältnis, kleine Seminare etc.). Gelegenheiten zum diskutieren, argumentieren (wissenschaftlich und nicht naiv) statt nur zu rezipieren und dann das gelernte in einer Boulemieklausur hinzuknallen.
Ich bin für Chancengleichheit aber diese politische Gerhirnwäsche, das die Umstellung des Systems auf BA/MA ein großer Erfolg ist, geht mir auf die Nerven. Wir haben es geschafft im Verlauf der Reform viele negative Aspekte des Systems zu übernehmen aber wenig von den Guten.
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