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BewerbungsgrundlagenDritte Seite

Die individuelle Bewerbung 9: Die »Dritte Seite« - kommentierte Beispiele

Eine stimmige Bewerbung überzeugt. Wir zeigen euch, wie ihr eine Bewerbungsmappe hinbekommt, die eure Fähigkeiten und Neigungen rüberbringt und mit Originalität punktet.

Ein Pfau, der ein Rad schlägt.

In der vorigen Woche haben wir euch verschiedene Typen von »Dritten Seiten« vorgeführt. Heute gibt´s die dazugehörigen Beispiele: Einen - gelungenen - Essay und eine - missratene - Selbstdarstellung. Wir haben die interessanten Textstellen nach WiWi-TReFF-Manier mit Kommentaren versehen.

 

Essay
Bei unserem Beispiel handelt es sich um die Dritte Seite einer Bewerbung zum Direkteinstieg in der Unternehmensentwicklung eines Mobilfunkunternehmens. Bereits im dazugehörigen Anschreiben macht der Bewerber deutlich, dass er langfristig das Ziel verfolgt, im Management eines großen Unternehmens zu arbeiten.

 

Was mich im Marketing besonders fasziniert...

sind in Zeiten steigenden Wettbewerbs und heterogener Konsumentenbedürfnisse (der Bewerber signalisiert: »Ich bin mir der der Marktsituation bewusst«) zum einen die Möglichkeiten der modernen Marktforschung (Übersetzung: »und dabei kann ich euch unterstützen«). Insbesondere das Conjoint Measurement bietet große Chancen für effektive Unternehmensstrategien (»und ich kann euch helfen, diese zu ergreifen«). Zum anderen begeistert mich der Bereich des Marketing-Controlling (»der tägliche Umgang mit Zahlen in ihrer Abteilung ist kein Problem für mich«). Hier hat die Marketinglehre einen großen Schritt (»ich bringe aktuelles Wissen mit...«) hin zur Objektivierung von Marketingentscheidungen gemacht (... »und denke in Kosten-Nutzen-Relationen«). Ich denke, darin liegt der Schlüssel für effizientes Marketing, denn man kann nur managen, was man auch messen kann. (unterstreicht das in diesem Fall im dazugehörigen Anschreiben genannte langfristige Ziel: »Ich will auch managen«)

 

Erfolg: Die beste Grundlage für effektive Strategien und eine effiziente Umsetzung sehe ich in (»und Erfolg wollen Sie ja - falsche Strategien kosten viel Geld, im Vergleich dazu ist mein Gehalt kaum erwähnenswert«)

Gesamteindruck
Sehr positiv. Hier bewirbt sich jemand, der voll im Thema ist. Ein sehr entschiedener Stil (»Man kann nur managen, was man auch messen kann«) signalisiert Urteilskraft.
 

Die Verwendung von Schlüsselwörtern wie »fasziniert«, »begeistert«, »managen« vermitteln den Eindruck eines überaus entschlossenen und motivierten Bewerbers.

 

Selbstdarstellung
Wie man es auf keinen Fall macht. Bei unserem Beispiel handelt es sich um einen Text, der auf einer Karriereseite im Internet allen Ernstes als Dritte Seite empfohlen wird.
 

»Wenn ich mich beschreiben sollte (genau das soll man an dieser Stelle!), würde ich mich als ruhig (Minuspunkt -) und ausgeglichen bezeichnen. Ich bin zwar kein Langweiler (absolutes Dont: Niemals Negativvokabeln verwenden; hier wird ganz offensichtlich ein unausgesprochener Vorwurf schon im Vorfeld zurückgewiesen, das macht misstrauisch), aber ich gebe auch nicht (-) immer den Ton an. In ein bestehendes Team integriert arbeite ich am liebsten (ein eigenes Team aufzustellen übersteigt offensichtlich die Fähigkeiten des Bewerbers). Dabei wird mir oft die Rolle des diplomatischen Vermittlers zugeschrieben (Rolle ist schlecht, denn es ist ja Authentizität gefragt; zuschreiben ist schlecht, weil zu passiv), weil ich mit meiner ruhigen (-) Souveränität (+) immer den kühlen Kopf bewahre. Diese Fähigkeiten, gepaart mit meiner Leidenschaft (Leidenschaft kaufen wir dem Bewerber an dieser Stelle schon nicht mehr ab) für technische Abläufe und Perfektion (Leidenschaft für Perfektion?), machen mich aus meiner Sicht (das ist zu subjektiv und schränkt das Gesagte gleich wieder ein) zu einem geeigneten Projektingenieur in einem Ihrer Entwicklungsteams. Darf ich Sie davon persönlich überzeugen?« (Nein danke.)

Gesamteindruck
Folgendes Bild vermittelt der Bewerber mit dieser Dritten Seite von sich: Es handelt sich um einen stillen Beinahe-Langweiler, der nie seine Meinung sagt und sich am liebsten in der Gruppe versteckt. Weil er keine eigene Ansicht hat, kann er umso besser zwischen den Meinungen der anderen vermitteln, immerhin. Leidenschaft für Perfektion deutet auf einen Pedanten, eine Leidenschaft für technische Abläufe spricht für mangelnde Innovationsfähigkeit (»Hauptsache, die Kiste läuft!«).

Ob gerade diese Eigenschaften bei Projektingenieuren in Entwicklungsteams besonders gefragt sind, wissen wir nicht. Wir jedenfalls halten diese Selbstdarstellung für ein absolutes Eigentor. Dann lieber gar keine Dritte Seite.