WiWi Gast schrieb am 01.07.2021:
Das ist aber nicht nur auf Beratungsseite, sondern vor allem auf Kundenseite der Fall. Der Berater richtet sich nach seinem Kunden. Allerdings tragen inzwischen in den meisten Corporates und Banken auch Vorstände keine Krawatte mehr, sondern höchstens einzelne konservativ geprägte Mid Manager.
Absolut. Das ist auch richtig so. Stellt euch Mal die Young Professionals Anfang/Mitte/Ende 20 vor, die mit Krawatte und Anzug zum Landmaschinenhersteller fahren, um vor Ort den Jahresabschluss zu prüfen. Der ReWe-Leiter trägt nur Jeans und Hemd oder Shirt und die Kantine ist voll mit Blaumännern. Wie kommt das wohl an?
"Ohoho die Prüfer kommen wieder!".
Was macht man kundenorientiert dementsprechend?
Krawatte wird weggelassen und Sakko nur zu GF-Terminen. Man sitzt im Prüferzimmer also mit Anzughose und Hemd und geht auch so in die Buchhaltung.
Selbst ein Sakko wirkt im 4-Augen Gespräch mit dem normal gekleideten ReWe-Leiter überheblich.
Was ist denn schlimm daran? Das habe ich bis heute nicht verstanden.
Irgendwie erinnert mich das alles an diese übertriebene Freundlichkeit der Ammis. Immer super nett sein, immer ganz nah sein, aber wenn es dann um den Profit geht mit ganz viel Nettigkeit und Lob noch den letzte bisschen rausquetschen.
Warum muss der Prüfer sich in deinem Beispiel an die Klamotten des Landmaschinenherstellerst anpassen? Er ist ja selber kein Landmaschinenhersteller sondern Wirtschaftsprüfer. Das kann man ihm doch ruhig ansehen. Und er kann auch ruhig durch seine Kleidung eine gewisse Distanz zum Kunden schaffen. Der ist schließlich nicht sein Kumpel und er will ihm auch nichts verkaufen, er Prüft seine Zahlen. Vielleicht ist da ein bisschen Abstand sogar förderlich...
Aber in unserer heutigen Gesellschaft sollen halt alle gleich gemacht werden. Alle Symbole die Erfolg oder Status zeigen sind verpönt. Jemand im Blaumann könnte ja getriggert werden, wenn er sieht dass da wer im Anzug kommt, der offensichtlich besser verdient als er (was ich nichtmal für sicher erachten würde).
Hier der Poster mit dem Landmaschinenhersteller:
Ich gebe dir absolut Recht und verstehe deine Meinung. In Deutschland muss man sich gefühlt schlecht fühlen und ein schlechtes Gewissen haben, wenn man etwas aus der Reihe fällt, bzw. sich für gute Kleidung und Erfolg schämen. Am besten passt man sich allem und jedem an, um nicht aufzufallen.
Du sagst ein Wirtschaftsprüfer muss nur die Zahlen prüfen und nichts verkaufen... Das ist so nicht korrekt. Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung sind immer Dienstleistungen, die verkauft werden müssen.
Klar ist das Team vor Ort dort, um den Jahresabschluss zu prüfen. Der Partner, also Oberchef des Prüfungsteams, muss jedoch Aufträge akquirieren und halten, um Umsatz für die WPG sicherzustellen.
Dementsprechend "verkauft" sich das Team vor Ort auch jedes mal, wenn es dort prüft.
Würdest du einen Partner also fragen, was neben einer guten Prüfungsqualität wichtig ist, würde er antworten: Kundenorientierung!
Damit meint er dem Mandanten gute Lösungen anzubieten und gute Leistungen in der Prüfung abzuliefern. Zusätzlich ist es enorm wichtig, ein gutes Verhältnis zum Mandanten aufzubauen. Dementsprechend tut Demut ganz gut und wirkt sympathisch auf den Mandanten, statt als harter Prüfer (und Erbsenzähler) in Anzug und Krawatte aufzutreten.
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