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Führung & StrategieFrauenquote

Managerinnen-Barometer 2015: Spitzengremien großer Unternehmen in Männerhand

Die Frauenanteile in Vorständen und Aufsichtsräten verharren auf niedrigem Niveau. Nur wenige Unternehmen erfüllen bereits die geplante gesetzliche Frauenquote. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin hat über 500 Unternehmen und Geldhäuser auf ihre Frauenquote in Spitzenpositionen hin untersucht.

Managerinnen-Barometer 2015: Spitzengremien großer Unternehmen in Männerhand
Frauen in Spitzenpositionen waren auch im vergangenen Jahr die Ausnahme: Ihr Anteil lag Ende des Jahres 2014 in den Vorständen der – gemessen am Umsatz – 200 größten Unternehmen bei gut fünf Prozent – ein Prozentpunkt mehr als im vorangegangenen Jahr. Das entspricht 47 von insgesamt 877 Vorstandssitzen. Betrachtet man nur die 100 größten Unternehmen, ist der Frauenanteil in der Chefetage sogar von knapp fünf auf gut vier Prozent gesunken. Das geht aus dem neuesten Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervor. „In den Vorständen hat sich praktisch nichts getan. Sie bleiben männliche Monokulturen, trotz der Selbstverpflichtung zu mehr Frauen in Führungspositionen, die die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft im Jahr 2001 eingegangen sind. Das ist keine positive Bilanz“, sagt Elke Holst, Forschungsdirektorin für Gender Studies am DIW Berlin, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Anja Kirsch von der Freien Universität Berlin die Frauenanteile in insgesamt über 500 Unternehmen, Banken und Versicherungen untersucht hat.

Etwas besser vertreten sind Frauen in Aufsichtsräten: Sowohl in den Top-200- als auch in den Top-100-Unternehmen ist der Frauenanteil im Jahr 2014 um rund drei Prozentpunkte auf jeweils etwa 18 Prozent gestiegen. Höher lag er mit knapp 25 Prozent in den 30 im Deutschen Aktienindex (DAX) vertretenen Unternehmen. Hier wirkte sich offenbar die Diskussion um die Frauenquote auf die Entwicklung der Frauenanteile aus. „Dennoch bleibt jede Menge zu tun, bis Frauen und Männer in Spitzengremien auch nur annähernd in ähnlichem Ausmaß vertreten sein werden“, so Holst. „Die geplante gesetzliche Frauenquote allein kann die Welt nicht ändern.“ Neben einer systematischen Verbesserung der innerbetrieblichen Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen bis in höchste Führungsebenen müssten Einstellungen, Beförderungen und Gehaltsstrukturen transparenter sowie Karrieremodelle, Arbeitszeiten und Anwesenheitspflichten flexibler gehandhabt werden.

Unternehmen mit Bundesbeteiligung holen auf
Bei den börsennotierten Unternehmen ergibt sich ein gemischtes Bild: Einerseits können die DAX-30-Unternehmen mit gut sieben Prozent – ein Plus von gut einem Prozentpunkt gegenüber 2013 – den höchsten Frauenanteil in Vorständen aller Unternehmensgruppen verzeichnen, andererseits bildet der Index der mittelgroßen Börsenunternehmen (MDAX) mit nicht einmal drei Prozent das Schlusslicht. Dort wie auch bei den SDAX- und TecDAX-Unternehmen waren die Frauenanteile sogar rückläufig. In den Aufsichtsräten waren zwar mehr Frauen vertreten als in Vorständen, dennoch hatten sie lediglich zwischen knapp 14 Prozent (SDAX) und knapp 25 Prozent (DAX-30) der Aufsichtsratssitze inne. „Obwohl in den Aufsichtsräten über die Jahre hinweg ein leichter Aufwärtstrend erkennbar ist, bleibt ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern in weiter Ferne“, konstatieren Holst und Kirsch. Hinzu kommt, dass die in Aufsichtsräten vertretenen Frauen mehrheitlich von der Arbeitnehmerseite entsandt werden. Die Kapitalseite holt allerdings Schritt für Schritt auf.

Einen Sprung gemacht haben die insgesamt 60 Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist, die aufgrund ihrer meist geringeren Größe jedoch nur eingeschränkt mit den anderen Unternehmensgruppen vergleichbar sind: In den Vorständen ist der Frauenanteil um gut zwei Prozentpunkte auf knapp 15 Prozent gestiegen, in den Aufsichtsräten sogar um fünfeinhalb Prozentpunkte auf knapp 24 Prozent – das entspricht 142 Aufsichtsrätinnen am Ende des Jahres 2014, 42 mehr als im vorangegangenen Jahr. In den Beteiligungsunternehmen des Bundes war zudem der Frauenanteil unter den Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden im Vergleich zu den anderen untersuchten Unternehmensgruppen am größten: Fünf Vorstandsvorsitzende (knapp zehn Prozent) und neun Aufsichtsratsvorsitzende (gut 18 Prozent) waren Frauen. Bei den Top-200- und den börsennotierten Unternehmen schwankten die Anteile an den Vorsitzen im Jahr 2014 zwischen null und gut zwei Prozent in den Vorständen beziehungsweise gut drei und knapp sieben Prozent in den Aufsichtsräten. Allerdings sind die Aufsichtsratsvorsitze in öffentlichen Unternehmen oftmals an eine Führungsposition in der öffentlichen Verwaltung oder an politische Mandate gekoppelt – und damit an den Frauenanteil in diesen Positionen. „Unter dem Strich hat sich bei den Unternehmen mit Bundesbeteiligung etwas im positiven Sinne getan, von einer Vorbildrolle sind sie aber nach wie vor weit entfernt“, so Holst.

Finanzsektor: Öffentliche Geldinstitute schließen zu Privatbanken auf
Auch im Finanzsektor bleiben die Frauenanteile in Spitzengremien gering, obwohl Frauen die Mehrheit der Beschäftigten stellen. In den Vorständen der 100 größten Banken und Sparkassen lag der Frauenanteil Ende 2014 bei durchschnittlich knapp sieben Prozent und in den Vorständen der 60 größten Versicherungen bei 8,5 Prozent – in beiden Fällen fast unverändert im Vergleich zum Jahr 2013. Selbst in den Aufsichtsräten, wo die Frauenanteile wie auch bei allen anderen Unternehmensgruppen höher liegen als in den Vorständen, ging es kaum voran: Mit 18 Prozent (Banken) und gut 17 Prozent (Versicherungen) waren Frauen nur geringfügig häufiger in den Kontrollgremien vertreten als im vorangegangenen Jahr. Die öffentlich-rechtlichen Geldhäuser, also vor allem Sparkassen und Landesbanken, gingen nur bedingt mit gutem Beispiel voran: Zwar konnten sie den Frauenanteil in ihren Vorständen um etwa zwei Prozentpunkte auf knapp sieben Prozent erhöhen, haben aber damit gerade erst aufgeschlossen zu den privaten Banken. Fast gleichauf liegen die beiden Gruppen mit knapp 19 Prozent (öffentlich-rechtliche Banken) und gut 18 Prozent (private Banken) auch bei den Aufsichtsräten.

Frauenquote allein reicht nicht aus
Mit dem vom Bundeskabinett im vergangenen Dezember verabschiedeten Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst – die sogenannte Frauenquote, die ab Januar 2016 gelten soll und unter anderem einen Mindestanteil von 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten vorsieht – dürfte sich die Entwicklung der Frauenanteile zumindest in den Aufsichtsräten jener Unternehmen, die unter die neue Regelung fallen, beschleunigen. Bereits die Diskussion um eine Quotenregelung blieb zwar nicht ohne Auswirkung auf die Entwicklung des Frauenanteils in den Kontrollgremien großer Unternehmen. Dennoch konnte die Schere zwischen den Frauen- und Männeranteilen bisher in keiner der untersuchten Unternehmensgruppen auch nur annähernd geschlossen werden. Am besten auf das Gesetz vorbereitet scheinen die im Fokus der Öffentlichkeit stehenden DAX-30-Unternehmen mit einem Frauenanteil von knapp 25 Prozent in Aufsichtsräten. Wie die Berechnungen des DIW Berlin zeigen, hatten in der Gruppe der Top-200-Unternehmen (ohne Finanzsektor) Ende des Jahres 2014 insgesamt 20 Unternehmen mindestens 30 Prozent Frauen in ihren Aufsichtsräten, in der Gruppe der größten Banken und Versicherungen waren es 19. Die meisten Unternehmen – insgesamt wird die Frauenquote nach derzeitigem Stand 108 Unternehmen betreffen – stehen also weiterhin vor großen Herausforderungen.

Die gesetzliche Frauenquote allein wird nach Ansicht von Holst und Kirsch ohnehin nicht ausreichen, um langfristig ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern in den Chefetagen herzustellen. „Die Frauenquote ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber nur einer von vielen, die nötig sind“, so die beiden Autorinnen. Zusätzlich müssten sich unter anderem die Unternehmenskultur noch viel stärker für Frauen in Führungspositionen öffnen und verbindliche Zielgrößen auch für Vorstände festgelegt werden, in denen sämtliche Unternehmensgruppen einen noch größeren Aufholbedarf haben als in den Aufsichtsräten. Wichtig seien zudem flexiblere Karriere- und Arbeitszeitmodelle sowie verbesserte Möglichkeiten der Kinderbetreuung, um Beruf, Familie und in vielen Fällen auch die Pflege Angehöriger besser vereinbaren zu können.

Download DIW Wochenbericht 4/2015 [PDF, 28 Seiten - 535 KB]
http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.495352.de/15-4.pdf


DIW Managerinnen-Barometer
Das DIW Managerinnen-Barometer beobachtet die Trends bei der Besetzung von Spitzenpositionen in großen deutschen Unternehmen durch Männer und Frauen. Seit 2006 wird dazu einmal jährlich die Zahl der Frauen in den Vorständen und Aufsichtsräten der 200 größten deutschen Unternehmen ausgewertet. Später kamen die DAX-30-, M-DAX-, S-DAX- und TecDAX-Unternehmen sowie die Beteiligungsunternehmen des Bundes hinzu. Zusätzlich wird die Entwicklung im Finanzsektor erfasst, also bei den 100 größten Banken und Sparkassen sowie 60 Versicherungen.