Ich stamme aus einer Lehrerfamilie, außerdem sind meine bessere Hälfte und mein halber Bekanntenkreis in diesem Beruf tätig. Ich glaube deshalb, über zutreffende Einblicke zu verfügen.
Um mal mit einigen Irrtümern aufzuräumen:
Das Studium eines Gymnasiallehrers wird an einer Uni absolviert und die Regelstudienzeit beträgt 10 Semester. Wer an dem Gymnasium ein Studium aufnimmt, wird später also in aller Regel auch im höheren Dienst landen. Der Vergleich eines Uni-Masters zum Grundschullehrer ist also falsch. Der Grundschullehrer studiert nur 4 Jahre und in B-W ab einer Pädagogischen Hochschule (wobei das in anderen Bundesländern anders sein kann) und ist mit SEHR VIEL Freizeit verbunden. Falls angehende Studienräte tatsächlich im Durchschnitt länger studieren (mit ist nichts dergleichen bekannt), dann weil sie meinen noch ein drittes Fach studieren zu müssen oder allgemein nicht sehr karriereorientiert sind und keinen Sinn daran sehen, sich deshalb zu beeilen. Praktika müssen Lehrer nur eines absolvieren (mehr macht auch keinen Sinn) und auch Auslandssemester dienen allenfalls dem eigenen Vergnügen (Ausnahme Sprachstudenten).
Das Referendariat, das in der Tat im Anschluss folgt, dauert nicht 2 Jahre, sondern 1,5. Es ist auch nicht unentgeltlich, sondern wird für angehende Studienräte mit knapp 1400 nach Anzug der PKV vergütet.
Ein Lehrer tut in den Ferien nicht nichts, aber die Vorstellung, dass er sie zum Nach- und Vorarbeiten BENÖTIGT ist schlicht falsch. Insbesondere die Sommerferien sind größtenteils komplett frei (Konferenzen zu Ferienbeginn und Ferienende und die Sichtung von neuem Unterrichtsmaterialien mal ausgenommen). Von den 6 1/2 Wochen kann man sicherlich 5 Wochen als absolut frei ansetzen. Schön das entspricht dem kompletten Jahresurlaub von manchen Angestellten. Der Lehrer hat aber mit beweglichen Ferientagen nochmal 10 Wochen drauf. Ja, auch dort kann es sein, dass mal eine Klausur korrigiert wird, die Unterrichtsvorbereitung ein wenig Zeit in Anspruch nimmt oder organisatorische Fragen geklärt werden. Wenn ein Lehrer aber die kompletten Pfingstferien in den Urlaub will, dann ist das keinerlei Problem. Es ist nur angenehmer in den Ferien 1-2h was zu machen, wenn man ohnehin frei hat, als es abends zu machen. Deshalb arbeiten viele Lehrer auch am Wochenende ein wenig. Nicht weil sie es bei einem koordinierten und strammen Tagespensum müssten, sondern weil der sonnige Nachmittag unter der Woche halt auch mit anderen Dingen als Korrekturen und Vorbereitung zugebracht werden können. Die Mittagspause beträgt meistens auch nicht nur 30-45 Minuten wie in der Industrie.
In Summe arbeitet ein Lehrer vermutlich gewöhnliche 40h (Selbstangaben sind immer falsch, weil da allerlei Zeug hinzugerechnet wird, was nicht dazu gehört), allerdings bei signifikant mehr Ferien (grob doppelt so viel, wenn man ein paar Wochen schulischen Tätigkeiten zuordnet). Die Arbeitsbelastung eines Lehrers kann allerdings stark variieren. Ein älterer Sport- oder Kunstlehrer hat einen Teilzeitjob mit unvorstellbar gutem Gehalt. Der Stundenlohn ist kaum zu toppen. Ein Deutsch- und Englischlehrer in der Oberstufe kann auch deutlich mehr als 40 Stunden arbeiten, wenn er durch übermäßiges (aber auch unnötiges) Engagement auffällt. Generell werden junge Lehrer eher mehr arbeiten, weil sie noch nicht so viele Unterlagen und Routine haben und sich außerdem noch kontrolliert fühlen (Vertretungsstelle, Verbeamtung auf Probe etc.). Anfänger mit Planstelle (d.h. direkte Verbeamtung) arbeiten deshalb häufig nur 80 Prozent. Das kann man sich frei aussuchen und das Nettogehalt entspricht dann immer noch dem Durchschnittsabsolventen.
Klingt alles toll, warum also nicht ich? Das gute Gehalt ist durchaus Schmerzensgeld. Die Zustände an vielen Schulen sind längst untragbar und psychisch kaum auszuhalten. Der Burn-Out und Vorruhestand vieler Lehrer rührt nicht aus einer hohen Arbeitsbelastung, sondern aus einer exorbitanten psychischen Belastung. Man braucht ein verdammt dickes Fell und nicht jeder Mensch ist dafür geeignet. In jungen Jahren steckt man noch manches weg, aber mit der Zeit zahlt man den Tribut.
Außerdem ist das Referendariat die Hölle. Wieso? Man ist Bittsteller und wird herumkommandiert. Man erhält widersprüchliche Gestaltungsinfos und muss sich daran halten. Man darf bloß nicht den Mund aufmachen, weil sonst die Note, die über alles entscheidet, hinüber ist. Man muss absoluter Duckmäuser sein und verplempert seine wertvolle Zeit, indem man von Termin zu Termin rennt und dann doch versetzt wird. Von Gestaltungsfreiheit ist nichts zu spüren, lediglich reine Abhängigkeit.
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