Ich persönlich habe vor ca. 15 Jahren während der Schulzeit ein Praktikum in einem Steuerbüro gemacht. Jetzt Rückblickend muss ich dir erstaunlicherweise Recht geben (nicht dass das an sich erstaunlich wäre).
Wir hatten dort (Lohnsteuerhilfe) sicherlich kein spannendes Umfeld. Jedoch war der Chef mit seinem Mercedes denke ich noch jemand, der die Leute stets mitreißen konnte, und wie von dir erwähnt, ein Gefühl vermitteln konnte dass man keine gehetzte Berufsanfänger-Küchenhilfe in ein Großkantine ist (ohne Fenster). Heutzutage bestimmt eine Atmosphäre von Druck und Verachtung das Arbeitsklima. Wenn etwas nicht stimmt, merkt man das an den abfälligen Bemerkungen in Anwesenheit der Kollegen. Direkte Aussprachen gibt es nicht. Nur Druck und Genervtheit, wenn die erste, zweite und evtl. dritte Rechnung nicht stimmt (=Geldverlust des Eigentümers). Erklärungen gibt es nur, wenn der Mitarbeiter es sich buchstäblich verdient hat, oder wenn anderweitige finanzielle Interessen im Vordergrund stehen.
Ich hatte damals u.a. Bekannte, die im Handwerk eine Ausbildung absolviert hatten. Dort gab es Leute von ähnlichem Schlag, Chefs, die durch ihr Verhalten und z.B. gelegentliches Zuvorkommen/Augen zudrücken oder Aufmerksamkeiten eine gute Stimmung schaffen konnten, die tatsächlich sowas wie Loyalität bei den Arbeitern hervorrufen konnte. Heute einfach Zeitverschwendung, wenn du die Chefs fragst. Und damals war die Bezahlung im Handwerk um einiges (!) schlechter...
Lounge Gast schrieb:
Wenn man eine Steuerfachangestelltenausbildung macht, dann
gibt es dafür eigentlich nur zwei Beweggründe:
-
Man hat aufgrund der Noten oder des Alters keine Chance
auf eine klassische kaufmännische Ausbildung bei einer Bank
oder einem Industrieunternehmen (Stichwort schlechte Schüler,
Umschüler, Studienabbrecher)
- Man möchte Steuerberater werden
Die Zielgruppe aus der Nr. 1 muss man nicht sonderlich gut
bezahlen, weil ihnen die Alternativen fehlen. Die Zielgruppe
aus der Nr. 2 muss man auch nicht besonders gut bezahlen, da
sie die Berufspraxis für die Prüfungszulassung unbedingt
braucht und daher auch nicht wirklich viele Alternativen hat.
Ein Steuerberater muss strukturell schon nicht besonders gut
zahlen. Deine Lösung, dass einfach nur besser gezahlt wird,
greift zu kurz. Das Problem ist meiner Meinung nach vielmehr,
dass die heutigen Steuerberater schlecht zahlen, aber
gleichzeitig erwarten, dass Top-Leute zu ihnen kommen. Sie
wollen keinem etwas beibringen und sie sind schnell
frustriert, wenn die Mitarbeiter dann doch den Anforderungen
nicht genügen, die sie stellen.
Früher war das anders. Die Steuerberater-Generation, die
mittlerweile in Rente ist, hat oft selbst noch eine
Ausbildung zum Steuerfachangestellten gemacht und einen ganz
anderen Draht zu den Mitarbeitern gefunden. Die haben es noch
verstanden, die Leute zu motivieren, ihnen etwas beizubringen
und auf die Stärken und Schwächen der Mitarbeiter einzugehen.
Das können die heutigen Steuerberater alles nicht mehr. Sie
stellen nur riesige Anforderungen, zahlen schlecht und sind
dann frustriert, wenn es in der Kanzlei nicht läuft. Dabei
vergessen sie, dass sie auch einen Mehrwert leisten müssen
(in Bezug auf Umgang und Förderung der Mitarbeiter). Das
kommt mir heutzutage viel zu kurz.
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