Ich sitze (oder saß) im selben Boot wie Sie, und ich teile Ihre Meinung sehr. Ich bin ein Nicht-EU-Ausländer und kam vor 4 Jahren nach Deutschland, um nach meinem Studium (ich habe mit 28 Jahren promoviert) meine erste Stelle anzutreten.
Ich wollte sofort eine Immobilie zur Selbstnutzung kaufen, da das niedrige Zinsniveau die Preise stark in die Höhe trieb. In meinem Land liegt der Zinssatz bei 5-6 %. Jedes Jahr habe ich mich nach einer Immobilie umgesehen, die für unsere Familie geeignet ist. Aber dreimal wurde mir die Finanzierung verweigert, weil ich nicht genug Eigenkapital hatte und mein Gehalt nicht ausreichte (für Nicht-EU-Ausländer wie mich liegt die Grenze beim 100-fachen des monatlichen Nettoeinkommens).
Da war ich natürlich frustriert, aber Frustration bringt mir nichts. Stattdessen konzentriere ich mich darauf:
- Investiere mein Einkommen aggressiv, um es wachsen zu lassen.
- In meine Fähigkeiten zu investieren und Jobs zu wechseln, um mehr zu verdienen. Ich verdiene jetzt das 1,8-fache meines ersten Jobs, von 70.000/Jahr auf 125.000/Jahr, bin einmal befördert worden und habe einen Jobwechsel vollzogen.
Das hat mir sehr geholfen, meine Perspektive zu verbessern, und ich habe Anfang dieses Jahres wieder nach einem Haus gesucht. Ende Januar habe ich 2 Angebote für ein Haus erhalten. Es war möglich mit 95% Darlehen, aber dann kam der Krieg und die Bank erhöhte die Zinsen und auch die Eigenkapitalanforderungen. Also bin ich jetzt nicht mehr förderfähig.
Was soll ich tun? Nun, ich behalte mein Bargeld und werde wieder aggressiv in den Aktienmarkt investieren, sobald sich der Staub gelegt hat. Hoffentlich kann ich mich nächstes Jahr wieder nach einem Haus umsehen.
Niemals die Hoffnung verlieren!
WiWi Gast schrieb am 18.05.2022:
Ich möchte das Thema gerne mal als "Normalsterblicher" beschreiben. Ich bin frische 31 Jahre, habe bis mitte 20 mein Abi und eine Ausbildung sowie Fortbildungen abgeschlossen und stehe dem Arbeitsmarkt seit 4 Jahren zur Verfügung. Ich komme aus einfachen Verhältnissen, daher kein fetter Bausparvertrag oder Aussicht auf ein großes Erbe.
Ich verdiene jährlich 60K Brutto, dass sind Steuerklasse 1 ca. 3.000 EUR netto. Nebenher habe ich seit einem halben Jahr eine Selbstständigkeit am laufen mit weiteren 1.000 netto für mich.
Sehr viel erspartes habe ich nicht, da sich mein Gehalt erst attraktiv verbessern konnte seit 2021. Mein Geld ging nach Berufseintritt mindestens zur Hälfte für Miete, Auto und Lebenerhaltungskosten drauf. Für meine Generation und den ansich schon guten Einnahmen als Single ist es aktuell dennoch unmöglich ein Haus zu kaufen. Spätestens jetzt mit der Erhöhung der Zinsen und Eigenkapital von unter 100K bin ich raus.
Ich hatte eine Immobilien, Zweifamilienhaus 240qm2, Top-Lage und vollständig saniert im Raum Cawl (BW) gefunden. Kaufpreis 640K + Makler und Nebenkosten. Trotz Mieteinnahmen (110qm2 je 10 Euro als Berechnungsgrundlage) kann mir meine Bank aktuell natürlich keinen Kredit gewähren, verstehe ich.
Ja und was nun? Jetzt darf ich mir bis 40 versuchen eine Viertel-Millionen anzusparen (unrealistisch) um dann bei 10% oder mehr ein abrissfertiges Haus zu kaufen, dass ich dann selbst renovieren kann? Es ist unfassbar was hier abgeht. Die Zinserhöhung hat so ziemlich alles für mich als gehobenem "Normalverdiener" zunichte gemacht. Traurig, aber immerhin richtet sich mein Blick von nun an überteuerte Mietwohnungen, ein Haus fällt wegen den hohen Kosten (oft 12 EUR der qm2) leider auch flach. Tja. Manchmal verliert man, manchmal gewinnen die anderen.
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