Ob der Erfahrungsbericht echt ist oder nicht, kann man nicht mit Sicherheit sagen.
Als Filialleiter einer Zeitarbeitsfirma kann ich aus meinem Blickwinkel einen garantiert echten Erfahrungsbericht geben:
Ich kann mich zunächst meinem Vorredner nur anschließen. So ziemlich alle Vorurteile, die ich in diesem Forum über die Zeitarbeit gelesen habe, sind berechtigt.
1) Übernahme
Im Hilfskräftebereich findet eine Übernahme höchstens in 5 % der Fälle statt.
Im Fachkräftebereich ist die Quote nur etwas höher. Die meisten Firmen decken mit Leiharbeitnehmern Auftragsspitzen und Engpässe im Personalbereich durch Krankheit oder Urlaub ab. Sind diese Engpässe oder Auftragsspitzen überwunden, werder die Leiharbeitnehmer bei den ZAF einfach, und meistens in sehr kurzer Frist, wieder "abbestellt". Ist man nun eine Fachkraft mit speziellen Qualifikationen, gerade im kaufmännischen Bereich, wäre es schon ein ziemlicher Zufall, wenn gerade zum Ende eines Einsatzes ein Mitarbeiter von einem anderen Kunden mit genau dieser Qualifikation angefragt werden würde. Das Zeitkonto kann meist nur wenige Tage überbrücken. Wie viele Überstunden sammelt man schon in einem Einsatz, der gerade wenige Wochen andauert? Nicht viele!
2) unbefristeter Arbeitsvertrag
Dies ist ein sehr beliebtes Lockmittel, vertuscht aber die Realität. In der Zeitarbeit gibt es verschiedene Tarifverträge, die sich nur in geringem Umfang hinsichtlich der Stundenlöhne und Kündigungsfristen unterscheiden. Alle Tarifverträge sehen extrem kurze Kündigungsfristen in den ersten 3 Beschäftigungsmonaten vor. Beispielsweise beim AMP Tarifvertrag gibt es in den ersten beiden Beschäftigungswochen eine Kü-Frist von 1 Tag!!; 2.-4. Woche = 2 Tage; im 2. Monat = 3 Tage; im 3. Monat = 1 Woche.
Das fällt es nicht schwer, einen unbefristeten Vertrag rauszugeben, wenn man so und so quasi "von heute auf morgen" wieder kündigen kann.
3) Lohn
Die Löhne sind mit denen in der "freien" Wirtschaft kaum zu vergleichen. Gerade Fachkräfte müssen erhebliche Einbußen hinnehmen.
4) Umgang mit Bewerbern und Mitarbeitern
Teilweise schlechte Arbeitsbedingungen, schlechte Bezahlung, für Hilfskräfte ständig wechselnde Einsatzorte ... Da muss man schon mit Engelszungen reden, um gut qualifizierte Fachkräfte rekrutieren zu können. Teilweise werden Elektriker etc. für 3 Tage von den Kunden angefragt. Und wenn gerade alle Elektriker bei den Kunden untergebracht sind? Mein Chef verlangt, auch für solche Einsätze einen neuen Elektriker einzustellen. Man muss ihm ja schließlich nicht sagen, dass der Einsatz nur 3 Tage dauert. Anschließend wird eben gekündigt und "die Sozialkassen sind für 3 Tage entlastet" (Zitat).
Natürlich gibt es auch eine Handvoll Mitarbeiter, die langfristig in ihren Einsätzen sind und danach weitervermittelt werden können. Auch kommt es ab und an zu Übernahmen. Das Tagesgeschäft sieht aber anders aus!
Ich habe insgesamt in zwei ZAF gearbeitet und viele Bekannte in der Branche. Das was ich beschrieben habe, ist die allgemeine Praxis. Auch ich bin der Meinung, dass die Zeitarbeit ein absoluter Notnagel sein sollte, gerade für Absolventen. Nehmt Angebote von ZAF an und sucht sofort weiter nach einer festen Anstellung. Aus ethischer Sicht müsste man die Zeitarbeit verbieten. Viele Errungenschaften aus der Vergangenheit, wie Betriebsräte, Kündigungsschutz etc. werden durch die Zeitarbeit im großen Maße ausgehebelt. So ein Verbot müsste jedoch weltweit erfolgen. In fast allen Ländern ist die Zeitarbeit weit verbreitet. Ein alleiniges Verbot in Deutschland würde erhebliche Wettbewerbsnachteile bedeuten.
Nach über einem Jahr in der Branche habe ich gekündigt. Mein neuer Job ist besser bezahlt und was viel, viel wichtiger ist: Ich muss am Ende des Tages nicht länger ein schlechtes Gewissen haben.
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