Also hier ist wieder Grimms Märchenstunde unterwegs... Anonyme Foren eben!
Einige Sachen sind hier gut getroffen, andere Beiträge absolutes Bashing/Pushing/Fantasie.
Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich dir Folgende Sachen sagen (zu mir: Seit Oktober 2010 bei einer Big4 und seit Januar 2015 WP, ich sitze selbst ab und zu in Vorstellungsgesprächen mit Praktikanten und sehe entsprechend die Qualifikationen - Festangestellte werden grundsätzlich durch Partner und HR interviewt. In Ausnahmen auch Partner + Manager. Praktikanten werden in der Regel nur durch einen Manager (WP) interviewt. Teilweise auch durch Senior Associates wobei der jeweilige Partner/Manager schon intern die Zusage erteilt hat. Bei Praktikanten ist es tatsächlich so, dass alles genommen wird bis die Kapazitäten voll sind für die Saison. Bei Festangestellten nicht ganz so extrem aber nahezu.
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Ja - Es bewirbt sich inzwischen wirklich alles was irgendetwas studiert hat (Theologen, Biologen, Germanistik, usw.). Ja - es schaffen auch teilweise Theologen genommen zu werden (bei uns hat vor wenigen Jahren ein studierter Theologe im Prüfungsteam gesessen, er musste es uns beweisen da wir ihm das niemals geglaubt hätten! Ebenso hat mal ein Dr. Biologe als Assistent im Audit angefangen. Beide übrigens innerhalb der Probezeit selbst gekündigt da es doch nichts für sie war... Das Bewerbungsgespräch hätte ich gerne belauscht....)
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Die Bewerbungsgespräche verlaufen total individuell. Das HR Team fragt immer die typischen Fragen "Wo sehen Sie sich in drei Jahren oder in zehn Jahren? Was sind Ihre Stärken, Schwächen".... Die Wirtschaftsprüfer wollen dagegen oftmals einen Mix aus Soft Skills herausfinden und fachliches Wissen prüfen. Es wird auch viel privat gefragt (wo war der letzte Urlaub? Geschwister? Heimatverbunden? Ist man leidenschaftlicher Ski-Fahrer? (Audit verträgt sich nicht mit Ski Fahren! Außer man fährt im Sommer in Dubai oder in Neuss in den SkiHallen).
Ich persönlich frage gerne fachliche Themen aus dem Studium ab. Einfach um herauszufinden ob der/die/das Bewerber/in das Studium nur durchlaufen hat oder sich auch wirklich damit befasst hat. Denn oftmals hat man wirklich 1er Absolventen die aber keinerlei Basics beherrschen/behalten weil sie nur auswendig gelernt haben für die eine Prüfung. Das gefällt mir persönlich nicht. Dann gibt es viele Partner die eben die bekannten Fragen stellen wie sie auch in Foren oder Bewerbungsbüchern stehen, z.B. Wie bucht man den Verkauf dieses Stifts (er zeigt dann auf den Stift) - Dann ist eben die Frage ob mit oder ohne Umsatzsteuer, oftmals ohne! Oder eine beliebte Frage ist und bleibt der Unterschied zwischen Rücklagen und Rückstellungen (diese beiden Fragen kamen auch in meinem damaligen Gespräch vor...Leichtigkeit da ich vorher im Internet gelesen habe was die gängigsten Fragen sind). Da hat sich nichts geändert bei einigen Kollegen/Kolleginnen...
Also wie du siehst - es ist absolut unterschiedlich und individuell. Am Ende will man einfach jemanden einstellen der teamfähig ist und lernfähig! Er muss nichts auswendig lernen für das Gespräch und sich verstellen, weil gerade diese Leute wollen wir nicht (will niemand!). Das fällt dann in der Probezeit auf und man läuft Gefahr (obwohl auch sehr unwahrscheinlich in einer Big4), dass man die Probezeit nicht besteht.
Also sei einfach du selbst und antworte ehrlich und direkt auf Fragen, auch auf persönliche (wo warst du im Urlaub -> Bei diesen Fragen wird auch oft in englisch gesprochen um einfach die Sprachskills zu testen).
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Einstiegsgehalt: WOW! 4.500 Brutto ist echt gut. Kaum zu glauben ;)
Also es gibt in 2022 Anstiege der Gehälter aber dass die jungen Kollegen (Absolventen ohne Berufserfahrung) nur 10 % weniger als erfahrene Senior Associates verdienen bezweifel ich. Wenn dem so ist, dann verstehe ich die starke Kündigungswelle! Als Info: Senior Associates gehen bei uns (PwC) mit fast 5k Brutto nach Hause in 2022 vor der Gehaltsanpassung (danach vielleicht 5.300?).
Da wir fest vorgeschriebene Anpassungen haben, würde ich mit 4.500 Einstiegsgehalt ein späteres Gehalt als Senior Associate im 3. Jahr (höchste Stufe für jährliche Grundgehaltserhöhung) von..Keine Ahnung? 8.000 rechnen??) Kommt mir etwas viel vor aber ich habe keine Einblicke in die neuen Gehälter (PwC hat dieses Jahr eine Erhöhung vorgenommen für Neueinsteiger).
Übrigens: Das Gehalt wird fest vorgeschrieben mit minimalen Verhandlungsspielraum. Da reden wir aber von maximal 200 Brutto. Aber in der Regel wird das nicht mehr verhandelt. GEnau wie sonstige Vertragsbestandteile. Die sind durch den Betriebsrat und den Partnern verhandelt worden und gelten für alle Mitarbeiter (also unterhalb Manager -> Hier sowieso nur Neueinsteiger relevant im Thread).
Also wenn ihr nach einem Gehalt gefragt werdet, sagt realistische Zahlen. Ihr erhaltet sowieso dann eine Zahl genannt die auch im Arbeitsvertrag stehen wird.
Es gibt Kollegen die immer den Unsinn verbreiten dass man als Masterabsolvent, Doktor etc. wesentlich mehr als Einstieg bekommt. Dem ist aber definitiv nicht so. Durch gute Argumentation mit einer guten Masternote kann man im 1. Jahr vielleicht 200 Brutto mehr rausholen. Diese höheren Einstiegsgehälter verpuffen sowieso bei BEförderungen da dann wieder die allgemeinen Gehaltsbänder gelten. Da ist dann JEDER wieder gleichgestellt.
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Urlaub sind fest 28 Tage. Da kann man nichts verhandeln. Ab Manager 30 Tage. Überstunden werden auf ein Arbeitszeitkonto geschrieben und abgebaut (oder ausgezahlt). Erst ab dem Grade Manager sind Überstunden abgegolten! Dafür hat man aber 2 Tage Urlaub als Ausgleich ;)
- BEFÖRDERUNG: Ja, im Audit wird inzwischen aufgrund des "Fachkräftemangels" schnell befördert. Vorgesehen sind die drei Jahre im Grade wie hier jemand zutreffend gesagt hat. ABER das sind nur Mustervorgaben, insbesondere zur Gehaltssteigerung weil man immer 3 Jahre im Grade eine feste Anpassung des Gehalts hat, danach nicht mehr (danach bleibt das Gehalt -> Man soll eben aufsteigen oder gehen). Durch diese 3 Jahres-Regel kann man umgekehrt auch Leute verjagen, die nicht mehr ins Team passen. Entweder man befördert sie nicht oder die Nichtanpassung des Gehalts regelt das Problem.
Bei uns im Audit gibt es tatsächlich Neueinsteiger die im 1. Jahr befördert wurden aufgrund der wenigen Seniors. Die sind nicht unbedingt fachlich am Besten geeignet, haben dann aber in der Regel entweder sehr gute Beziehungen zu ihren Partnern/Managern und werden gepusht oder haben gut verhandelt (vorher 6 Monate Praktikum gemacht und auf den Senior Mangel hingewiesen).
Oftmals sind aber genau das die Kollegen/Kolleginnen, die kurz nach der Beförderung gehen weil sie dadurch gute Angebote bekommen haben oder weil sie mit dieser Stelle absolut überfordert sind.
Das sind aber Ausnahmen! Ebenso wie Neueinsteiger die direkt als Senior anfangen nach einem 6 Monatspraktikum. Auch solche Fälle haben wir hier.
Aber in den letzten Jahren ist definitiv zu sehen, dass man zwar 3 Jahre auf dem Papier als Vorgabe hat, aber dass 2 Jahre die Regel ausreichen. Dafür haben wir einfach viel zu wenige Prüfungsleiter. Und der Gehaltssprung ist nicht wirklich ausschlaggebend dass man die Beförderung versagt!
- Arbeitszeiten: Nein - 40h/Woche wirst du über das Jahr gesehen nicht erreichen im Audit (zumindest nicht bei PwC). Zwar steht das im Arbeitsvertrag, dass du zu 40h angestellt wirst, aber das zählt eben nur als Basisangabe. In der Busy-Season (+/- 3 Monate vom 31.12. gesehen), also zu etwa 50% des Jahres, wirst du eher 60 Stunden pro Woche haben. Eher mehr.
Beim restlichen Jahr baust du diese Überstunden ab sowie deinen Urlaub (vielleicht 2 bis 3 Monate insgesamt). Den Rest des Jahres (3 bis 4 Monate) wirst du deine 40h Woche haben, es sei denn, du bist auf einem stressigen Sommerjob eingesetzt. Dann wirst du zwangsläufig deine Überstunden zum 30. September ausgezahlt bekommen weil du auch da keine 40h Woche hast.
Hier ist aber eines gesagt: Das kommt alles sehr auf deine Projekte an! Da gibt es keine feste Formel, aber du kannst dir definitiv sicher sein, dass du keine 40h Woche hast von 9-5 Uhr. Dafür musst du in andere Abteilungen gehen (z.B. in die Tax Relax Abteilungen).
7, Skill/Erfahrung: Du wirst vermutlich in keinem anderen Job so eine Abwechslung und Unternehmenseinsicht haben wie in der Wirtschaftsprüfung. Deine Lernkurve wird enorm sein wie nirgends. Die ersten Monate werden dir als Sklavenarbeit vorkommen (Haken setzen, REchnung abstimmen, Stichprobe ziehen) bei der du nichts verstehen wirst. ABER wenn du wirklich etwas Lernen willst und am Ball bleibst, dann wirst du eine gute Ausbildung haben und kannst damit auch überall arbeiten (Examen anstreben!)
Fazit: Du bist also in einem großen Meer voller Bewerber und Konkurrenten auf diese Stelle. Du musst einfach im Bewerbungsgespräch überzeugen und dann sollte dir nichts im Wege stehen. Denn wenn man einmal drinnen ist dann stehen einem die Türen offen. Die Gehälter sind am Anfang echt in Ordnung für die wenige Verantwortung. Dafür bekommst du schnell Erfahrung. Dazu spielt dir der absolute Mangel in dieser Branche in die Karten!
Falls du ein Praktikum machen willst hast du dagegen keine Probleme! Solange Kapazität vorhanden ist, wirst du genommen. Schick deine Bewerbung im Idealfall so im Herbst (Sep/Okt) für ein Praktikum ab Nov. Hier ist der Bedarf am Größten!
Noch ein letztes Beispiel aus meinen unzähligen Gesprächen mit Praktikanten bei den Bewerbungsinterviews oder vom täglichen Job:
Wirklich jeder Praktikant hat in den Bewerbungsunterlagen stehen, dass sie Excel Profis sind und englisch sprechen als sei es die Muttersprache (bewusst etwas übertrieben, aber ihr wisst was ich meine... "Sehr gute Excel Skills und sehr gute Englisch Skills".
Unsere Programme laufen überwiegend auf englisch. Sehr oft habe ich Fragen von Praktikanten auf dem Job wo denn z.B. "Drucken" steht? Bei ihnen daheim sieht das Word anders aus... Wenn man denen sagt "print" wissen sie nicht was es heißt oder wo sie es finden. Ebenso Dateien "Speichern unter" sind nicht in den sehr guten Excel-Skills vorhanden.
Im Endeffekt kann man also alles in die Bewerbung reinschreiben, es liest doch niemand :)
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