Interview: Lektorat und Korrektur für Diplomarbeit, Masterarbeit & Co.
Immer mehr Absolventen lassen ihre Abschlussarbeiten (Diplomarbeit, Masterarbeit, Magisterarbeit oder Dissertation) vor der Abgabe von Fachleuten prüfen oder nehmen ein Coaching in Anspruch. WiWi-TReFF befragte einen Experten zu diesem Thema.
Woher wissen Sie so genau, was in den einzelnen Fachbereichen verlangt wird? Gibt es eine Spezialisierung?
Im Grunde nicht, jeder von uns muss alles abdecken können. Die Bereitschaft, sich auch in ganz neue Themen einzuarbeiten, ist unabdingbare Voraussetzung für eine Mitarbeit bei uns. Ansonsten sind - das darf man nicht vergessen - die Anforderungen an Hochschultexte quer durch die Fachbereiche weitgehend identisch. Schauen Sie sich die Leitfäden der Lehrstühle an - da steht mehr oder weniger überall dasselbe drin. Letztlich ist aber Erfahrung auch hier das A und O. Unsere Lektoren benötigen auch bei einschlägigen Vorkenntnissen mindestens ein halbes Jahr, teils auch länger, bis sie so weit sind, dass sie selbstständig das Lektorat einer Diplomarbeit oder Bachelorarbeit durchführen können. Es ist sehr schwierig, fähige Leute zu bekommen.
Andererseits lässt sich bei der Recherche im Internet feststellen, dass es unglaublich viele Anbieter im Bereich Lektorat und Korrektur von Hochschultexten gibt.
Wir beobachten das mit Sorge, auch weil dadurch natürlich ein immenser Preisdruck entsteht. Was ein Lektorat im Einzelnen umfasst, ist Auslegungssache - der Begriff ist ja nicht geschützt. Nicht wenige Anbieter machen nach dem Studium mal eben ein Korrekturbüro als Einmann-Unternehmen auf. Das kann ja nicht so schwierig sein, denken sie sich, und tatsächlich sind die Investitionen relativ gering. Aber bis Sie die notwendigen Routinen entwickelt haben, um zügig und gleichzeitig qualitätvoll arbeiten zu können, vergehen Jahre, in denen Sie viel Lehrgeld zahlen müssen. Sie benötigen auch den ständigen Austausch mit den Kollegen, sonst halten Sie aus purer Gewohnheit Dinge für richtig, die es nicht sind - nur weil Sie keiner darauf aufmerksam macht. Wie gesagt, die Bereitschaft, ständig dazuzulernen, gehört dazu. Menschen machen Fehler, auch Lektoren. Wer das vergisst, gehört nicht in diesen Job.
Wie sehen Sie die Zukunft in Ihrem Metier?
Gemischt. Es hat uns erstaunt, dass die Wirtschaftskrise auch auf unsere Branche durchzuschlagen scheint. Wir sind zum Glück - auch aufgrund der wirkungsvollen Mundpropaganda - in der komfortablen Situation, immer sehr viel mehr Anfragen zu haben, als wir Aufträge bearbeiten können. Aber wir hatten schon Wartezeiten von acht Wochen und mehr im Bereich Korrektur und Lektorat von Hochschularbeiten - dies hat sich doch deutlich verringert. Insofern ist es günstig, dass wir auch noch andere Sparten abdecken - der Bereich Bewerbung ist hier antizyklisch. Der Bologna-Prozess kommt uns dagegen auf Dauer vermutlich zugute. Viele Studierende wissen ja, dass sie mit dem vielfach als »qualifizierter Studienabbruch« bezeichneten Bachelor nicht weit kommen. Insofern ist der Master häufig praktisch unumgänglich, was zur Folge hat, dass nicht nur eine, sondern zwei Abschlussarbeiten geschrieben werden müssen - erst die Bachelorarbeit, dann die Masterarbeit.
Die große Konkurrenz wiederum macht uns natürlich Sorgen. Derzeit führen wir Gespräche mit Kollegen anderer großer Büros, wie man gemeinsam für mehr Transparenz und Qualität sorgen kann. Aber das scheint ein langfristiger Prozess zu sein.
Wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg.
Marcus Ostermann ist Geschäftsführer des Bielefelder online:TEXTBÜROs, das unter anderem Lektorat und Korrektur von Hochschularbeiten, Coaching sowie einen Bewerbungs-Service anbietet.