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Leitfaden BachelorarbeitLektorat

Interview: Lektorat und Korrektur für Diplomarbeit, Masterarbeit & Co.

Immer mehr Absolventen lassen ihre Abschlussarbeiten (Diplomarbeit, Masterarbeit, Magisterarbeit oder Dissertation) vor der Abgabe von Fachleuten prüfen oder nehmen ein Coaching in Anspruch. WiWi-TReFF befragte einen Experten zu diesem Thema.

Ein Lektorat einer Masterarbeit oder die Korrektur einer Bachelorarbeit von Studenten an einem Notebook.

Lektorat und Korrektur für Diplomarbeit, Masterarbeit & Co.
Immer mehr Studierende lassen ihre Abschlussarbeiten (Diplomarbeit, Masterarbeit, Bachelorarbeit oder Dissertation) vor der Abgabe von Fachleuten per Korrektur oder Lektorat prüfen oder nehmen ein Coaching in Anspruch. WiWi-TReFF sprach mit Marcus Ostermann, Geschäftsführer eines Textbüros mit Schwerpunkt Hochschularbeiten, über Möglichkeiten und Grenzen eines solchen Verfahrens.

Wir beobachten in den letzten Jahren einen starken Zuwachs an Dienstleistungen dieser Art - nicht zuletzt im WiWi-TReFF-Forum schlägt sich diese Entwicklung deutlich nieder. Wie ist das zu erklären?
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Insgesamt haben die Studierenden angesichts der harten Studienbedingungen weniger Zeit, vielleicht gibt es daher auch weniger Hilfsbereitschaft unter den Kommilitonen, alle sind mehr auf das eigene Studium fixiert. Auch die Konkurrenz untereinander ist aufgrund des angespannten Arbeitsmarkts vermutlich größer. Die technische Entwicklung tut ein Übriges. Die leichte Versendbarkeit von Texten per E-Mail und die komfortablen Bearbeitungsfunktionen der Textprogramme ermöglichen eine effiziente Zusammenarbeit, die früher gar nicht vorstellbar gewesen wäre.

Wer kommt zu Ihnen?
Das ist sehr unterschiedlich, wir haben im Prinzip Kunden quer durch alle Fachbereiche. Ein Schwerpunkt liegt im Bereich Wirtschaft, vor allem BWL mit den Fachrichtungen Marketing, Logistik, Controlling usw.; dort gibt es eine relativ pragmatische Einstellung mit Blick auf einen optimalen Start ins Berufsleben. Geisteswissenschaftler dagegen identifizieren sich stärker mit dem Text als solchem. Aber wir betreuen auch medizinische Dissertationen, juristische oder Informatikarbeiten. Auffällig ist die starke Nachfrage aus Österreich und der Schweiz - diese Kunden suchen ganz gezielt Anbieter in der Bundesrepublik, die möglichst wenig dialektgeprägt sind. Zudem gibt es viele Studierende mit Migrationshintergrund, denen oft gar kein anderer Weg bleibt, als ein Büro mit der Korrektur ihrer Diplomarbeit oder Bachelorarbeit zu betrauen - die Hochschulen selbst bieten hier häufig kaum Hilfestellung. Unterstützung durch muttersprachliche Kommilitonen ist oft nicht gegeben, aber das liegt, wie gesagt, eher an den allgemeinen Studienbedingungen.

Was genau bieten Sie an?
Wir haben uns in den letzten Jahren hier so weit spezialisiert, dass wir ein großes Spektrum von Dienstleistungen im Hochschulbereich anbieten können - von der Korrektur, also der Behebung von Fehlern im engeren Sinne, über die sogenannte Stilkorrektur, die auch eine sprachliche Optimierung umfasst, bis zum regelrechten Lektorat, das eine relativ gründliche Auseinandersetzung mit dem Text bedeutet. Wobei wir jedoch deutlich darauf hinweisen, dass wir die Texte unserer Kunden nicht überarbeiten, sondern lediglich Vorschläge zur Überarbeitung machen, die allerdings so detailliert sind, dass man sie relativ schnell umsetzen kann.
 

Bewegen Sie sich damit nicht in einer Grauzone?
Nein, damit gibt es kein Problem. Sie können doch Ihre Arbeit auch von Kommilitonen gegenlesen lassen. Manche Profs empfehlen sogar von sich aus professionelle Hilfe. Die Prüfer sind ja in erster Linie daran interessiert, den fachlichen Gehalt des Ganzen zu beurteilen, ohne ständig über stilistische Unebenheiten zu stolpern. Sie wollen ihre Studierenden auch nicht wegen zu vieler Rechtschreibfehler zu einer schlechten Note verdonnern. Wir ändern nichts am faktischen oder wissenschaftlichen Gehalt. Wir optimieren Texte, das ist unser Metier - nicht nur im Hochschulbereich. Den einen oder anderen methodischen Hinweis können wir geben, Ghostwriting aber lehnen wir strikt ab, auch wenn dieser Wunsch nicht selten an uns herangetragen wird. Wir wollen unsere Kunden so betreuen, dass sie selbst zu einer besseren Leistung motiviert werden. Das Feedback zeugt davon, dass uns dies ganz gut gelingt.

Woran liegt es denn, dass die Schreibfertigkeiten der Studierenden so schlecht sind?
Ach, es geht hierbei nicht um gut oder schlecht. Häufig besteht das Problem einfach darin, dass man - auch während des Studiums - wenig mit guten Texten in Kontakt kommt. Gut schreiben zu können beruht ja praktisch immer darauf, vieles und vor allem Gutes zu lesen. Längere Texte werden aber kaum noch gelesen, Lesen ist kein Kulturgut mehr - wenn es jemals eines war. Man muss sich heute, ob in der Schule, im Studium oder im Berufsleben, schnell über vieles informieren können, das ist wichtig. Ein Problem in diesem Zusammenhang könnte aber sein, dass man verlernt, in größeren Zusammenhängen zu denken, was man für eine wissenschaftliche Arbeit ja muss. Dies beklagen auch viele Hochschullehrer. In vielen zunehmend verschulten Studiengängen wird aber gerade das gar nicht trainiert.
Nicht wenige Probanden haben zudem Schwierigkeiten, Distanz zu dem einzunehmen, was sie vermitteln wollen - das Prinzip der indirekten Rede beispielsweise scheint kaum noch bekannt zu sein. Wir stoßen aber nicht ins Horn derer, die deshalb den Deutschunterricht kritisieren - wie gesagt, es scheint eher daran zu liegen, dass so etwas im Studium nicht genügend geübt wird. Wenn unsere Kunden uns fragen, wie sie ihre Schreibfertigkeit trainieren sollen, raten wir ihnen, gute Tageszeitungen zu lesen, die können das mit der indirekten Rede noch ganz gut. Zur Rechtschreibreform sage ich jetzt mal nichts - es wird noch sehr lange dauern, bis sich die Folgen dieses Blödsinns so weit abschwächen, dass wieder alle wissen, wie man das Wort »Straße« schreibt.

Müssten die Prüfer nicht selbst darauf hinwirken, dass die Studierenden besser betreut werden?
Natürlich, Sie sehen das ja an den Studentenprotesten. Aber oft hat das nicht mit mangelndem Willen zu tun, sondern damit, dass die Prüfer selbst überfordert sind. Sie haben einfach zu wenig Zeit. Da wird dann die Betreuung der Diplomarbeit oder der Masterthesis häufig auf das Notwendige reduziert. Ein echtes Problem in diesem Zusammenhang ist, dass häufig lediglich auf der Basis einer Gliederung zusammengearbeitet wird. Die wird dann kurz vorher zusammengeschustert; in der Sprechstunde wirft der Prüfer ungefähr zehn Sekunden lang einen Blick darauf und sagt: »Das sieht ja schon gut aus. Machen Sie es mal so!« Die Probanden freuen sich und denken, sie müssten nun nur noch die einzelnen Gliederungspunkte auffüllen und hätten danach eine fertige Arbeit. Das funktioniert natürlich nicht. Denn es geht ja nicht nur darum, ein Thema in seine Aspekte zu unterteilen, sondern den Gesamtzusammenhang in den Blick zu bekommen, wir haben ja schon darüber gesprochen. Bei unseren sogenannten begleitenden Lektoraten, in denen wir den Entwicklungsprozess einer Diplomarbeit oder Masterarbeit über längere Zeit verfolgen, müssen die Probanden immer ein Exposé vorlegen, aus dem später die Einleitung hervorgeht. Darüber lässt sich ganz anders diskutieren als über eine Gliederung - man merkt sofort, wo es hakt, wo etwas nicht durchdacht ist.
Noch so ein gut gemeinter, aber sehr ungünstiger Tipp von Prüferseite ist es übrigens, die Einleitung erst am Schluss zu schreiben. Wir haben damit oft sehr viel Mühe, weil die Probanden erst gegen Ende merken, dass sie sich vergaloppiert haben.
 

Wie stehen Sie zum Problem der Plagiatkontrolle?
Da ist viel Angstmacherei im Spiel. Das geht so weit, dass Studierende die Befürchtung äußern, sie hätten »aus Versehen« plagiiert - was natürlich gar nicht sein kann. Ein Plagiat setzt immer die Betrugsabsicht voraus. Aber ein Problem damit gibt es sicher. Das Internet ist ja voll von entsprechenden, sagen wir mal, Vorlagen. Andererseits gilt: Beide Seiten werden schnell fündig. Man braucht doch nur eine Sequenz, die einem verdächtig vorkommt, bei Google einzugeben, und hat schon die fragliche Stelle gefunden. Wir haben mit dieser Methode auch schon den einen oder anderen Treffer gelandet. Trotzdem sagen wir unseren Kunden: Wenn ihr Plagiatsvorwürfe vermeiden wollt, reicht halt kein Plagiat ein. Wir hatten auch schon Fälle, in denen das Lektoratsbüro quasi für einen Testlauf missbraucht wurde - nach dem Motto, wenn die es nicht merken, merkt es der Prof auch nicht. Aber das funktioniert nicht. Im Normalfall merken es beide.

Gibt es häufig Stress in der Schlussphase?
Ja, das kommt nicht selten vor. Wir haben zum Teil ganz vorausschauende Kunden, die schon Wochen oder sogar Monate vor der Abgabe ihrer Diplomarbeit oder Dissertation den Kontakt zu uns suchen. Da kann man dann in aller Ruhe entscheiden, ob eine Korrektur oder ein Lektorat die bessere Wahl ist. Und wir haben die, die sich erst in der Schlussphase an uns wenden, weil sie merken, dass sie doch noch Schwierigkeiten bekommen, ihr Vorhaben allein zu bewältigen. Da werden dann häufig relativ enge Zeitpläne gefahren. Das Problem ist dabei häufig nicht, den Abgabetermin einzuhalten - abgegeben wird immer etwas -, sondern dass man ein Produkt einreicht, dem man seine heikle Entstehung nach Möglichkeit überhaupt nicht anmerkt. Es muss also gesichert werden, dass die Kunden noch genügend Zeit zur Umsetzung unserer Empfehlungen haben. Aber das geschieht auch - wir sind mittlerweile für alle denkbaren Fälle gut gerüstet, sogar einen Notfallservice für ganz enge Termine gibt es. Wichtig dabei ist, dass die Kunden uns reinen Wein einschenken und ihre Probleme deutlich schildern - nicht selten kommt noch etwas nach, was beide Seiten vor Herausforderungen stellt, gerade wenn es eng wird.

Was zum Beispiel?
Nun, es kommt durchaus vor, dass ein Kommilitone meint, lediglich eine Korrektur seiner Diplomarbeit zu benötigen - wir merken aber schnell, dass auch sprachlich noch einiges im Argen liegt. Das kann einen Zeitplan natürlich durcheinanderbringen. Umgekehrt müssen wir Kunden überzeugen, dass sie für ihre Masterarbeit kein Lektorat mehr in Anspruch nehmen können, wenn sie in drei Tagen abgeben müssen. Wir kommen auf alle Fälle damit durch, aber der Proband kann unsere Tipps nicht mehr umsetzen. Es ist uns sehr wichtig, auf diese Zusammenhänge hinzuweisen - meist sind unsere Kunden ja »Ersttäter«, da kann man kaum Erfahrungen einbringen. Aber es gibt durchaus auch andere Fälle: Ein Proband weiß, dass seine Bachelorarbeit schon recht gut gelungen ist, er will aber, um auf Nummer sicher zu gehen, unbedingt ein Lektorat. Womöglich ist das aber gar nicht notwendig, und das sagen wir ihm dann auch deutlich. In solchen Fällen reicht dann auch eine Korrektur oder eine Stilkorrektur.
 

Woher wissen Sie so genau, was in den einzelnen Fachbereichen verlangt wird? Gibt es eine Spezialisierung?
Im Grunde nicht, jeder von uns muss alles abdecken können. Die Bereitschaft, sich auch in ganz neue Themen einzuarbeiten, ist unabdingbare Voraussetzung für eine Mitarbeit bei uns. Ansonsten sind - das darf man nicht vergessen - die Anforderungen an Hochschultexte quer durch die Fachbereiche weitgehend identisch. Schauen Sie sich die Leitfäden der Lehrstühle an - da steht mehr oder weniger überall dasselbe drin. Letztlich ist aber Erfahrung auch hier das A und O. Unsere Lektoren benötigen auch bei einschlägigen Vorkenntnissen mindestens ein halbes Jahr, teils auch länger, bis sie so weit sind, dass sie selbstständig das Lektorat einer Diplomarbeit oder Bachelorarbeit durchführen können. Es ist sehr schwierig, fähige Leute zu bekommen.  

Andererseits lässt sich bei der Recherche im Internet feststellen, dass es unglaublich viele Anbieter im Bereich Lektorat und Korrektur von Hochschultexten gibt.
Wir beobachten das mit Sorge, auch weil dadurch natürlich ein immenser Preisdruck entsteht. Was ein Lektorat im Einzelnen umfasst, ist Auslegungssache - der Begriff ist ja nicht geschützt. Nicht wenige Anbieter machen nach dem Studium mal eben ein Korrekturbüro als Einmann-Unternehmen auf. Das kann ja nicht so schwierig sein, denken sie sich, und tatsächlich sind die Investitionen relativ gering. Aber bis Sie die notwendigen Routinen entwickelt haben, um zügig und gleichzeitig qualitätvoll arbeiten zu können, vergehen Jahre, in denen Sie viel Lehrgeld zahlen müssen. Sie benötigen auch den ständigen Austausch mit den Kollegen, sonst halten Sie aus purer Gewohnheit Dinge für richtig, die es nicht sind - nur weil Sie keiner darauf aufmerksam macht. Wie gesagt, die Bereitschaft, ständig dazuzulernen, gehört dazu. Menschen machen Fehler, auch Lektoren. Wer das vergisst, gehört nicht in diesen Job.

Wie sehen Sie die Zukunft in Ihrem Metier?
Gemischt. Es hat uns erstaunt, dass die Wirtschaftskrise auch auf unsere Branche durchzuschlagen scheint. Wir sind zum Glück - auch aufgrund der wirkungsvollen Mundpropaganda - in der komfortablen Situation, immer sehr viel mehr Anfragen zu haben, als wir Aufträge bearbeiten können. Aber wir hatten schon Wartezeiten von acht Wochen und mehr im Bereich Korrektur und Lektorat von Hochschularbeiten - dies hat sich doch deutlich verringert. Insofern ist es günstig, dass wir auch noch andere Sparten abdecken - der Bereich Bewerbung ist hier antizyklisch. Der Bologna-Prozess kommt uns dagegen auf Dauer vermutlich zugute. Viele Studierende wissen ja, dass sie mit dem vielfach als »qualifizierter Studienabbruch« bezeichneten Bachelor nicht weit kommen. Insofern ist der Master häufig praktisch unumgänglich, was zur Folge hat, dass nicht nur eine, sondern zwei Abschlussarbeiten geschrieben werden müssen - erst die Bachelorarbeit, dann die Masterarbeit.
Die große Konkurrenz wiederum macht uns natürlich Sorgen. Derzeit führen wir Gespräche mit Kollegen anderer großer Büros, wie man gemeinsam für mehr Transparenz und Qualität sorgen kann. Aber das scheint ein langfristiger Prozess zu sein.

Wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg.
 

Marcus Ostermann ist Geschäftsführer des Bielefelder online:TEXTBÜROs, das unter anderem Lektorat und Korrektur von Hochschularbeiten, Coaching sowie einen Bewerbungs-Service anbietet.