Moin,
stehe vor folgender Situation. Nach meinem Master mit Schwerpunkt Controlling bin ich 2,5 Jahre (am Ende Senior Consultant) bei einer der Big4 in der Advisory mit Schwerpunkt Finance/Accounting gewesen bevor ich in die Industrie (großes deutsches Familienunternehmen) als Business Analyst gewechselt bin. Leider bin ich hier ganz und gar nicht glücklich geworden (Aufgaben, Kollegen, Perspektive,?). Also ging es nach einem halben Jahr zu einer anderen Big4 in den Bereich IT Controlling / Reporting. Hier stehe ich gerade nach 2 Jahren vor der Manager-Promotion.

Also:
Masterstudiengang (Controlling, sehr gut, Ausland, viele gute Praktika und der ganze Quatsch)
2,5 Jahre: Big 4 Advisory: Consultant und Senior Consultant in Finance/Accounting
0,5 Jahre: Industrie: Business Analyst im Accounting-Bereich
1,5 Jahre: Big 4 Advisory: Senior Consultant und bald Manager im IT-Controlling / Reporting
Soweit so gut. Aber ich werde einfach nicht zufrieden. Vielleicht will ich zu viel?!? Meine Wunschkiste sieht folgendermaßen aus: Ich hätte gerne einen Job der mich herausfordert (pro Beratung), aber eher als Fachidioten und nicht als Selbstdarsteller (pro Industrie), Controlling-bezug (contra Inhouse Consulting), gutes Gehalt (wahrscheinlich beide eher gleich), ein Leben ohne Koffer (Industrie) und nette, junge, ambitionierte Kollegen (eher Beratung).

I know, wie es weitergeht kann nur ich beantworten. Aber trotzdem wäre es für mich nett, andere (anonyme und unverblümte) Sichtweisen auf meine Situation zu bekommen.

? Lohnt sich der Aufwand des ständigen Reisens noch?
? Ist es Zeit der Beratung endgültig den Rücken zu kehren?
? Was ist wenn die (überspitzt) Industrie-Mentalität einfach nichts für mich ist?
? Welche Gehaltsklasse würde mich erwarten?
? ?
? ?

Bin über alle Meinungen froh und dankbar.

Klingt reichlich konstruiert.

Da ich gerade nicht viel Zeit haben (bin im Controlling bei dax30), nur schonmal soviel:

Ich war in ähnlicher Situation wie du (Deloitte Business Analyst 2 Jahre u.a.) bis ich angefangen habe mein Glück aus anderen Dingen zu ziehen, als das was andere mir vorgeben. Jetzt mache ich alle 3 Monate einen dicken Urlaub mit meiner Freundin und arbeite nebenbei an meiner Selbstständigkeit. Dazu nehme ich jede Fortbildung mit, die gut und mich nicht nur weiterbringt sondern einfach Spaß macht.

Außerdem spiele ich wieder 3 mal die Woche Fußball. Etwas, dass ich bald vielleicht nicht mehr so easy kann (bin 30) und mache nebenbei meinen Trainerschein. Trainiere auch eine E Jugend. Das ist für mich wahre Lebensqualität.

Rechne mit ca. 55'000 Gehalt

"Ich war in ähnlicher Situation wie du (Deloitte Business Analyst 2 Jahre u.a.) bis ich angefangen habe mein Glück aus anderen Dingen zu ziehen, als das was andere mir vorgeben. Jetzt mache ich alle 3 Monate einen dicken Urlaub mit meiner Freundin und arbeite nebenbei an meiner Selbstständigkeit. Dazu nehme ich jede Fortbildung mit, die gut und mich nicht nur weiterbringt sondern einfach Spaß macht.

Außerdem spiele ich wieder 3 mal die Woche Fußball. Etwas, dass ich bald vielleicht nicht mehr so easy kann (bin 30) und mache nebenbei meinen Trainerschein. Trainiere auch eine E Jugend. Das ist für mich wahre Lebensqualität."

Was er damit sagen will: Such dir einen 35h Job bei einem Konzern, dann hast du es bei dickem Gehalt sehr chillig und kannst deine Prios in Richtung Freizeit verschieben.

Ich löse mich mal von der konkreten Fragestellung und versuchs auf einen kurzen Nenner zu bringen: Eigentlich ist der TE ehrgeizig, aber nicht um jeden Preis, will Abwechslung / Herausforderung aber trotzdem ein geregeltes Leben mit anständiger Bezahlung... das klassische UB vs Industrie Dilemma könnte man fast sagen.

Bin der Meinung, dass davon mehr Leute betroffen sind, als man auf den ersten Blick denkt, mir gehts zb ähnlich, auch wenn mir die UB Erfahrung fehlt. Irgendwann ist in jedem Job die große Herausforderung weg und eine naheliegende Perspektive an der man sich weiter hangeln kann gibts auch nicht, zumindest ist das in den meisten Industrie-Jobs so. Auf der anderen Seite verspricht der UB Job zwar mehr Challange aber dafür ein relativ unkomfortables Leben.

Wie gesagt sitze selbst auf einem der viel gerühmten Job mit mehr oder weniger viel Perspektive und vermisse die Herausforderung / Abwechselung oder wie der Vorredner sagt das "Sinn stiftende"...aber spannendes Thema abseits der üblichen Gehaltsdiskussion;-)

Leg dir eine Familie, Freundin oder Hobbies zu. Dann hast du keine Zeit mehr für Sinnkrise.

Ich bin in einer ähnlichen Situation (BIG4 geschädigt) und mag die Herausforderungen im Job sowie die jungen ambitionierten Kollegen. Ich habe auch die konkrete Befürchtung, dass wenn ich jetzt einen 35h locker angehe, bereue ich es in 10 Jahren, weil ich mir wahrscheinlich finanziell nicht die Träume erfüllen kann, die ich haben möchte. Aber wie schon ein Vorposter geschrieben hat und das ist ganz wichtig, man muss wirklich für sich selbst ausmachen, was einen glücklich macht.

This:
"Leg dir eine Familie, Freundin oder Hobbies zu. Dann hast du keine Zeit mehr für Sinnkrise"

Thema erledigt.

Ich verstehe deine Lage sehr sehr gut.
Fand auch ein Kommentar sehr schön hier, da es auch zu mir passt. "Ehrgeizig aber nicht um jeden Preis". Das trifft zu 100% auf mich zu. Und ich erkennen müssen, dass ich mir mit dieser Haltung in der Beratung sehr schwer tue. Habe 4 Jahre UB gemacht und dann aufgehört. Beste Entscheidung ever.

Und ja - es ist überhaupt nicht so leicht, danach etwas in der Industrie zu finden, was anspruchsvoll ist, aber nich wieder ne miese Work Life Balance bietet. Bin nun seit ein paar Monaten im neuen Job und hab es relativ gut getroffen glaub ich. Eigentlich eine gute Mischung aus Projektarbeit und keine ausufernden Arbeitszeiten. Trotzdem ist der Anspruch an mich, dass ich natürlich keine 40h-Woche habe. Und da muss man echt aufpassen. Ex-Berater werden in der Regel für Stellen eingestellt, wo man wieder gut "Flexibel" sein muss. Man hat eben bewiesen, dass man es mit sich machen lässt.

Aber ihc kann dir Hoffnung geben: Es gibt da draußen tolle Jobs. Vielleicht erwischt man ihn nich sofort, aber beim zweiten mal vielleicht. Ich kann dir nur eins sagen: So wie du klingst - und wie ich gedacht habe: Raus aus der UB! Das Leben ist zu kurz.

Ansonsten ja: Hobbies sind geil - da muss es doch was gbeen, wofür du brennst!!!

Das berühmte German "aber" - "Ich will viel Geld verdienen aber keine Verantwortung und Überstunden.. Mimimimi"

absolut nicht böse gemeint, aber die Frage lautet Industrie vs UB (IB) bzw. WLB vs Geld/Karriere... tut mir leid, aber damit sind nicht BIG4 gemeint, sondern MBB (GS, MS, JPM...). Big4: weder WLB noch Geld/Karriere - your turn

Habe jetzt 2 Jahre Erfahrung im Beteiligungcontrolling. Finde es wirklich nicht schlecht. Viel Finance-Themen aber auch klassische Reporting und Planungsaufgaben. Werde nun in Zukunft für den asiatischen Raum zuständig sein und auch reisen müssen. Job ist sicherlich keine Raketen wissenschaft aber dennoch anspruchsvoll und gut bezahlt.

Dafür aber massig Regulatory, Accounting und Prüfungsprojekte.. Wer mag da noch tauschen? :D

Lounge Gast schrieb:

absolut nicht böse gemeint, aber die Frage lautet Industrie
vs UB (IB) bzw. WLB vs Geld/Karriere... tut mir leid, aber
damit sind nicht BIG4 gemeint, sondern MBB (GS, MS, JPM...).
Big4: weder WLB noch Geld/Karriere - your turn

Geh in die Industrie in einen DAX Konzern , und da ins Controlling in einen operativen Geschäftsbereich der im restrukturierungsmodus ist:

• Herausforderndes Umfeld
• Es werden viele junge Leute eingestellt, die bereit sind den Change Prozess mitzugehen
• Gehalt passt
• wenig Reisetätigkeit
• Volatile Work-life balance: Manchmal bis um 23 Uhr im Büro zusammen mit Kollegen und Pizzaschachteln, manchmal um 15 Uhr Feierabend

Ich selbst bin in genau einem solchen Job (Chemieindustrie) und mich macht das ziemlich glücklich. Bin im Schnitt von 9-6 im Büro, hab also noch massig Zeit für Sport, Kochen und Frau. Kollegen sind mittlerweile Freunde. Bei Projekten ist der Controller immer mit eingebunden und bekommt alles mit was so läuft. Ich verdiene jetzt nach circa 4 Jahren Berufserfahrung und einem internen Jobwechsel ca. 85000 inklusive Bonus, also absolut super.

Also mit deinem Profil bewirb dich auf jeden Fall in der Industrie, und achte bei den Gesprächen drauf wie das Arbeitsumfeld ist. Nicht, dass du in einer Finanzabteilung oder so landest wo die Kollegen seit 20 Jahren auf dem Job rumhängen. Geh ins Operative Controlling!
Viel Glück!