Ich studiere Philosophie im Hauptfach und Wirtschaftswissenschaften im Nebenfach, kann also Deinen Impuls gut nachvollziehen. Ich würde an Deiner Steller mal einen Dozenten anschreiben und fragen, ob du in diesem oder nächsten Semester einfach mal in ein Seminar kommen darfst, um Dir das anzusehen. Philosophie ist etwas romantisiert als Fach und die Vorstellungen gehen vom Studium sehr auseinander. Zu Nachhaltigkeit oder praktischen ethischen Fragen wirst du wenig lernen können. Vielleicht ist das bei anderen Universitäten anders, aber Nachhaltigkeit war nie ein Thema hier und Ethik schon, aber nicht in dem Rahmen, dass man jetzt sagen könnte, dass dies sehr praktisch ausgelegt ist.
Ein weiterer Hinweis: Ich weiß, dass man in diesem Forum denkt, dass alles, was nicht FACT oder MINT ist, vom Status unter einem liegt, aber Philosophie ist schon sehr anspruchsvoll. Es ist aber wie mit vielen Geisteswissenschaften: Wenn du das Studium richtig absolvieren möchtest, die Texte für die Seminare liest und die Veranstaltungen vor- und nachbereitest, kommst du auf deutlich mehr Zeitaufwand als bei jedem BWL-Modul, das ich bisher hatte. Man kann sich natürlich auch unvorbereitet in die Seminare setzen und "BWL-Style" beschallen lassen, um am Ende alles unter Stress reinzudrücken - das macht aber bei einem leseintensiven Studium wie Philosophie wenig Sinn. Dann kann man es auch sein lassen.
Es gibt zwar auch Texte, die "leichter" verständlich sind, also Nietzsche, griechische Autoren und ein paar neuzeitige Ethiker, aber viele der Texte sind extrem schwer und man brauch eine gewisse Frustrationstoleranz. Ich habe beispielsweise aktuell ein Seminar zu Problemen der Theoretischen Philosophie gewählt, wo wir Texte der Logik lesen und das sind eben Texte, die von Mathematikern geschrieben wurden und letztlich die Quantorenlogik textuell abbilden, z.B. Frege "Über Sinn und Bedeutung", Russel "On denoting". Sowas muss man mögen, also ich würde mal an deiner Stelle ein wenig Literatur lesen und dann schauen, ob du Bock drauf hast. Bei Interesse kann ich dir ein paar Texte hier empfehlen, die man so im Studium als Klassiker bearbeiten wird.
Auch wieder auf die Gefahr hin, dass ich gleich von einem FACTler angebellt werde: Von den Geisteswissenschaften ist Philosophie glaube ich am besten geeignet, einen Mehrwert für den Beruf zu stiften, da man sich schon mit sehr anspruchsvollen Themen auseinandersetzen kann oder muss. Es ist ein Studium, das sehr nah an der wissenschaftlichen Arbeit ist, wodurch man einerseits die Arbeitsweise lernt, aber eben auch wie man Texte analytisch bearbeitet und schreibt - zumindest wenn man das Studium eben auch richtig macht. Das ist schon ein großer Mehrwert. In anderen Ländern ist das Studium der Philosophie in Kombination mit Politik bzw. Economics sehr angesehen.
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