Prinzipiell sind Deine Überlegungen nicht falsch, dass man aus einer Promotion auch was in die Praxis transferieren kann (manchmal inhaltlicher Art, oft Methodenwissen). Aber man kann Dein Argument aus zwei Gründen auch umkehren.
A) Was für Projekte machen denn MBB: Natürlich eine große Bandbreite aber bei allen sind Strategieentwicklung, Organisation/Changeprojekte und Effizienzprogramme in verschiedenen Teilbereichen immer noch ein Großteil der Arbeit. Darunter fällt aber nicht die Entwicklung eines Trading Algorithmus für den Highfrequency Handel. Was ich damit sagen will ist, dass zum einen Wissen im Bereich Org/Change/Projektmanagement nicht zu unterschätzen ist und zum anderen für viele Projekte man sich das Wissen recht schnell aneignen kann (sowohl Branchenwissen als auch Methodenwissen). Analytisch fit sollte man aber sein und das wird ja auch durch den Standardtest und in den Interviews so gut es geht geprüft.
B) MBB, auch wenn es sich momentan leicht ändert, stellt vor allem noch Generalisten ein, die sich in die Themen schnell einarbeiten können. Natürlich versucht man dann den Ingenieur mit Produktionserfahrung vielleicht bei einem Autobauer einzusetzen und den Finanzwissenschaftler eher im Finanzbereich, aber gerade am Anfang hängt das auch von den persönlichen Interessen ab, da die Leute zunächst generell eingestellt werden aufgrund ihrer Eignung und sich erst im Laufe dann spezialisieren auf eine Funktion oder Branche. Und du kannst mir glauben, dass ein Master oder Diplomabschluss (was ja 95% mindestens bei Einstieg haben) ausreicht um eine Branche (mit der Zeit) zu verstehen.
C) Auf einen Berater kommt ungefähr ein 'Support' Kollege, welche in verschiedene Teams aufgeteilt sind und dir bei Themen wie Branchenwissen, komplexeren Analysen, IT-Programmierung, Datenrecherche helfen. Natürlich ist es gut, wenn man sowas auch selber kann oder zumindest grob versteht, aber im simpelsten Fall und bei Bedarf kommt der Kollege dann in Vollzeit mit aufs Team oder man erklärt ihm was man gerne untersuchen würde und er erstellt das analytische Modell und macht die Berechnungen. Das geht soweit, dass sich alle Supportkollegen live auf Deinen Rechner aufschalten können und ihr kleinere Probleme direkt zusammen erarbeitet.
Aus meiner eigenen Erfahrung: Ich habe Diplom Kaufmann studiert mit Schwerpunkten Finanzen, Rechnungswesen und Strategie/Org. Auf Projekten habe ich hauptsächlich dann Marketing, Org und Strategie gemacht, aber man hat Mitspracherecht bei der Projektauswahl. 50% des Projekterfolgs ist, dass Du gut mit den Klienten kannst und Vertrauen aufbaust und idealerweise so gut es geht alle mit im gleichen Boot sitzen und nicht gegen das Projekt insgeheim arbeiten. Inhaltlich ging es von reinem Projektmanagement (finde ich persönlich weniger spannend) über eine Producktentwicklung und Markteintrittstrategien (viel Datenanalyse, Marktforschung, Feldstudien) bis hin zur Entwicklung von neuen 'Software Solutions' (Entwicklung von Algorithmen, Datenaggregation etc.). Branchen waren Versicherung, Automobil, Reiseindustrie und das ganze war auf 3 Kontinenten.
Summa summarum, am besten sind Kandidaten gewappnet die flink im Kopf sind und quantitativ wie qualitativ was drauf haben gepaart mit sehr guten Leadership und People Skills. Grundregel ist, dass Du dich in jedes Beratungsproblem und jede Industrie in ca. zwei Wochen einarbeiten können musst, wozu dir die erfahrenen Kollegen sowie tonnenweise interne Dokumente zur Verfügung stehen. Und da wir es zumeist nicht mit Astrophysik, sondern Themen wie Profitabilität zu tun haben, ist das auch gut möglich ;-)
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