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Arbeitswelt 4.0: Berufsleben zukünftig geprägt von Selbst-Marketing und verschwimmenden Branchen

Eine Studie des Frauenhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung und der Vodafone Stiftung zeigt, wie die zukünftige digitale Arbeitswelt aussehen könnte: das Selbst-Marketing wird wichtiger und Branchen-Grenzen verschwimmen. Die Arbeitswelt 4.0 wird sich drastisch verändern. Dafür wird es notwendig sein, von der schulischen Bildung bis zum lebenslangem Lernen strukturelle und inhaltliche Erneuerungen vorzunehmen.

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Arbeitswelt 4.0: Berufsleben zukünftig geprägt von Selbst-Marketing und verschwimmenden Branchen
Regierung, Wirtschaft und Gewerkschaften beschäftigen sich momentan intensiv mit der Frage, wie man die Menschen auf die digitale Arbeitswelt vorbereiten kann. Um dies zu unterstützen, ließ die Vodafone Stiftung nun eine Zukunftsstudie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI erstellen.

„Wir können die Zukunft zwar nicht vorhersagen“, so die Studienleiterin des Fraunhofer ISI, Dr. Simone Kimpeler, „aber wir sehen zwei Entwicklungen, die mit großer Sicherheit das Berufsleben in den nächsten Jahren massiv beeinflussen werden: das Selbst-Marketing wird wichtiger und die Grenzen zwischen den Branchen verschwimmen“.
 

  1. Steigende Bedeutung von Selbstorganisation und Selbstvermarktung:
    In der digital vernetzten Wirtschaft können die Wertschöpfungsprozesse in noch kleinere Arbeitsschritte unterteilt und dann flexibel ausgelagert werden. Dies reicht von wissenschaftlichen Analysen, die an einen Verbund aus spezialisierten Forschern vergeben werden, über Grafik-Entwürfe an einen freiberuflichen Designer bis hin zu einfachen Routine-Tätigkeiten an ein Heer aus „Click-Workern“. Dies gilt aber auch für Dienstleistungen am Menschen, wie Wellness, Pflege und Kinderbetreuung. Es werden also immer mehr Menschen – aus allen Hierarchiestufen und Berufsfeldern – an immer häufiger wechselnden Projektaufträgen arbeiten, um die sie sich immer wieder neu bewerben müssen. Dies hat weitreichende Folgen.
     
  2. Vorteile bringen Vernetzung und Selbstvermarktung:
    Es erfordert nicht nur eine ausgeprägte Fähigkeit zur Selbstorganisation, sondern auch zur Selbstvermarktung. Wer diese nicht hat, wird schnell abgehängt. Es droht eine weitere Spaltung des Arbeitsmarktes – zwischen den Menschen, die perfekt vernetzt sind und ihre Kompetenzen auf den entsprechenden Karriereseiten sowie Auftragsvergabeplattformen im Internet sehr gut darstellen können und all jenen, die dies nie lernen konnten. Dies betrifft den Taxifahrer auf Uber genauso wie den Unternehmensberater auf LinkedIn.
     
  3. Mobile Geräte erzwingen berufliche Fitness:
    Noch brisanter wird all dies dadurch, dass es mithilfe digitaler, tragbarer Messgeräte (wearables) immer mehr Möglichkeiten gibt, seine eigene Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu bewerten und im Internet zu teilen. Was bereits heute viele Hobby-Sportler freimütig tun, um zum Beispiel ihre Joggingerfolge online zu vergleichen, könnte bald auch auf die „berufliche Fitness“ ausgeweitet werden – weil die Auftraggeber dies immer mehr verlangen oder auch weil die Auftragnehmer es von sich aus stärker anbieten, um sich im härter werdenden Wettbewerb durchzusetzen. Das Bildungssystem muss sich auf diese Herausforderungen einstellen.
     
  4. Stärken von Kompetenzen in der schulischen Bildung:
    Schulen, Berufsschulen und Hochschulen sollten den jungen Menschen künftig nicht nur mehr digitale Basiskompetenzen vermitteln, sondern sie auch dabei unterstützen, ihre Stärken und Kompetenzen präzise einzuschätzen und verantwortungsvoll Daten über sich selbst zu verbreiten. Darüber hinaus braucht es ebensolche Angebote in der Weiterbildung für diejenigen, die bereits im Berufsleben stehen, um auch ihnen zu helfen, sich diese Fähigkeiten anzueignen. Die Politik darf all diese Bildungseinrichtungen mit dieser Aufgabe nicht allein lassen, sondern sollte sie mit den hierfür nötigen Ressourcen unterstützen.


Branchen-Grenzen verschwimmen, mehr fachübergreifende Kompetenzen gefragt
In Zukunft werden immer mehr Aufgaben softwarebasiert erledigt und in automatisierte Prozesse übersetzt – über klassische Branchengrenzen hinweg, zum Beispiel von der Produktion über die Logistik bis zum Handel. Somit steigt die Bedeutung von branchenübergreifenden Kompetenzen, verglichen mit klassischen branchenspezifischen Kenntnissen, spürbar an. Hierzu zählen sowohl digitale Qualifikationen an den Mensch-Maschine-Schnittstellen, als auch bestimmte soziale Fähigkeiten, die nicht durch Computer ersetzt werden können. Insgesamt wird die – in Deutschland verhältnismäßig feste – Berufsstruktur aufgeweicht. Für die Arbeitnehmer wird es dadurch leichter, die Branche zu wechseln, was ihre beruflichen Möglichkeiten erweitert, aber auch den Konkurrenzdruck erhöht, weil mehr Menschen neu in ihre Branche strömen können. Für die Arbeitgeber wird es dadurch leichter, die dringend benötigenden Fachkräfte zu rekrutieren, da sie in einem größeren Pool suchen können, aber zugleich wird es schwerer, die Personal-Fluktuation zu begrenzen. All dies birgt große Herausforderungen – in der dualen Berufsausbildung, der Berufsberatung und der Weiterbildung.

  1. Mehr Flexibilität ist in Ausbildungsberufen notwendig:
    In der dualen Berufsausbildung gibt es die sogenannten Berufsbilder, in denen bisher genau festgelegt ist, welche Inhalte die Auszubildenden für den jeweiligen Beruf erlernen sollen. In diese Berufsbilder sollten nun die neuen fachübergreifenden Kompetenzen integriert und mehr Flexibilität beim Wechsel zwischen Ausbildungsberufen ermöglicht werden. Dies ist eine Aufgabe für die Sozialpartner, die zudem auch erörtern sollten, welche Anreize die Betriebe brauchen, damit sie weiterhin in die Ausbildung investieren, wenn künftig der Auszubildende danach das Unternehmen gleich wieder verlassen möchte, weil ihm nicht nur andere Unternehmen, sondern auch andere Branchen offenstehen.
     
  2. Berufsberatung muss auf lebenslanges Lernen ausgebaut werden:
    In der Berufsberatung dürfen künftig nicht mehr nur hauptsächlich jüngere Menschen im Fokus stehen. Die Bundesagentur für Arbeit und alle anderen Akteure, die sich in diesem Bereich engagieren, sollten sich dabei noch stärker auch weiteren Altersgruppen widmen, wenn immer mehr Menschen im Laufe ihres Lebens die Branche oder den Beruf wechseln (müssen). Um das lebenslange Lernen zu unterstützen, braucht es auch eine lebenslange Berufsberatung.
     
  3. Verbesserte Qualitätsstandars für Weiterbildungsangebote:
    In der Weiterbildung bedarf es gezielterer Angebote und Anreize, die von Staat und Wirtschaft gemeinsam gefördert werden müssen. Dazu gehört auch ein Ordnungsrahmen mit besseren Qualitätsstandards, so dass es leichter wird, in dem derzeit recht unübersichtlichen Feld, diejenigen Weiterbildungen auszuwählen, die wirklich gut und anerkannt sind. Schließlich steigt auch die Bedeutung von Weiterbildungszertifikaten, wenn es – wie die Studie zeigt – immer wichtiger wird, die eigenen Kompetenzen immer wieder neu zu vermarkten, um auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können.


Download Studie Zukunft der Arbeit [PDF, 38 Seiten - 513 KB]
Der digitale Wandel  der Arbeitswelt  und Herausforderungen  für die Bildung