DerSportbwler schrieb am 02.03.2021:
Es geht mir weniger darum keine Steuern zahlen zu wollen, sondern dass die (meine) Bereitschaft doch dramatisch sinkt bei solch inkohärenten Vorgehen. Bitcoin und die komplette Idee dahinter als Staat belächeln, aber trotzdem gerne komplett zuschlagen.
Herrlich, bei soviel Wissenslücken bekomme ich direkt Frühlingsgefühle, kann ich mich doch direkt daran machen, einem Laien unser schönes Steuerrecht etwas näher zu bringen. ;-)
Zunächst einmal sollte man hier verstehen, dass das Steuerrecht grundsätzlich nicht wertet und Erträge in gut und böse unterteilt. Die Besteuerung orientiert sich grundsätzlich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und zieht entsprechend solche Beträge heran, die ebenjene erhöhen. Dies führt zur erheiternden Situation, dass ein Rauschgifthändler oder ein Auftragsmörder sich regelmäßig zusätzlich der Steuerhinterziehung strafbar macht, da hier die entsprechenden Erträge der - zwar illegalen, aber nichtsdestotrotz steuerpflichtigen - gewerblichen Tätigkeit nicht versteuert werden.
Warum Bitcoin dann nicht als Anlageobjekt gilt und mit KapSt statt persönlichem ESt-Satz versteuert werden müsste, habe ich noch nicht verstanden.
Eine Besteuerung mit dem niedrigen Kapitalertragsteuersatz wäre nicht sachgerecht, dient dieser doch primär dazu, die Steuerbelastung auf Ebene des Investitionsobjekts entsprechend zu berücksichtigen und eine unzulässige Doppelbelastung zu vermeiden (wie das Teileinkünfteverfahren). Die aktuelle Ausgestaltung des KESt-Systems ist zwar auch nicht einwandfrei, dies wird jedoch nicht dadurch geheilt, dass noch mehr Sachverhalte unzulässig gering besteuert werden. Es gibt kein gleiches Recht im Unrecht, wie der Jurist zu sagen pflegt.
Wenn Steuern als "Lenkungssteuern" (siehe Tabaksteuer oder Mineralölsteuer) zu weniger Konsum dessen, was besteuert wird, führen soll, dann müsste nach der Logik die ESt auf nichtselbständige Arbeit gen Null gehen. Und doch bin ich zurzeit genau im Sweetspot von 70-80k p.a., wo die Beitragsbemessungsgrenzen komplett greifen und meine Abgabenlast prozentual am höchsten ist. Wahrscheinlich deshalb der "Rant" von oben. Führt auch am Thema vorbei, aber wirklich Hand und Fuß haben die Regeln meiskner Meinung nach nicht.
Hier ist trennscharf zwischen steuerlichen Lenkungsnormen und den allgemeinen Fiskalzwecknormen zu unterscheiden. Während erstere tatsächlich eine Verhaltensänderung der Steuerpflichtigen fördern sollen, dienen letztere primär der Erzielung von Einnahmen und der gerechten Lastenverteilung. Dementsprechend soll ein jeder nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zur Besteuerung herangezogen werden und zusätzlich, wenn er sich "unerwünscht" verhält.
So oft ich selbst steuerliche Regelungen (professionell) kritisiere, so wenig käme es mir in den Sinn, diesen zu unterstellen, weder "Hand noch Fuß" zu haben. ;-)
Liebe Grüße
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