Allensbach Studie 2010 - Studierende kritisieren Stipendienvergabe
Trotz vielfältiger Bemühungen um eine Ausweitung der Stipendienvergabe in Deutschland bewerten immer noch wenige Abiturienten und Studierende Stipendien als realistische Fördermöglichkeit.
Allensbach Studie 2010 - Studierende kritisieren Stipendienvergabe
Trotz
vielfältiger Bemühungen um eine Ausweitung der Stipendienvergabe in
Deutschland bewerten immer noch wenige Abiturienten und Studierende
Stipendien als realistische Fördermöglichkeit. Die große Mehrheit
potenzieller Empfänger von Stipendien fühlt sich unzureichend
informiert. Zweifel an der Gerechtigkeit der Auswahlverfahren belasten
die Reputation der Stipendienvergabe. Dies sind einige wichtige
Ergebnisse der Studie »Großer Bedarf - wenig Förderung.
Studienfinanzierung 2010«, die das Institut für Demoskopie Allensbach im
Auftrag des Reemtsma Begabtenförderungswerks erstellt hat. Die
repräsentative Umfrage unter rund 3.400 Abiturienten und Studierenden
wurde im Februar 2010 durchgeführt. Sie vertieft die Erkenntnisse der
2009 veröffentlichten Allensbach-Studie »Chancengerechtigkeit in der
Studienfinanzierung?« und belegt die Schwächen der
Stipendienvergabepraxis anhand von Erfahrungen, Einschätzungen und
Forderungen der Zielgruppe.
Obwohl über zwei Drittel (67 Prozent)
der studierwilligen Abiturienten Finanzierungsprobleme im Studium
erwarten, planen nur insgesamt 16 Prozent, sich für ein Stipendium zu
bewerben. Dabei beabsichtigen dies Abiturienten aus bildungsferneren
Herkunftsfamilien sogar unterdurchschnittlich (14 Prozent). Nur sechs
Prozent der befragten Studierenden erhalten ein Stipendium. Eine große
Mehrheit der Abiturienten (70 Prozent) und Studierenden, die sich noch
nie für ein Stipendium beworben haben (76 Prozent), schätzen ihre
Erfolgsaussichten auf ein Stipendium insgesamt als »eher gering« oder
sogar »sehr gering« ein. Beide Gruppen erwarten überwiegend in den
nächsten Jahren sogar eine Verschlechterung ihrer Chancen (Abiturienten:
37 Prozent, Studierende: 26 Prozent). Lediglich Studierende in
Nordrhein-Westfalen sind etwas optimistischer. Dort halten sich
Erwartungen einer Verbesserung der Stipendienchancen (21 Prozent) und
einer Verschlechterung (22 Prozent) in etwa die Waage.
Zweifel an
den eigenen Leistungen und daran, ob das gesellschaftliche Engagement
als ausreichend bewertet wird, sowie aufwändige Bewerbungsprozesse sind
für Abiturienten und Studierende die wichtigsten Gründe gegen eine
Stipendienbewerbung. Dazu kommt ein auffälliger Informationsmangel im
Hinblick auf Voraussetzungen oder Anlaufstellen: Rund drei Viertel aller
Abiturienten (76 Prozent) und Studierenden (73 Prozent) fühlen sich
unzureichend über Stipendien informiert. Gleichzeitig wird deutlich: Wer
sich gut informiert fühlt, bewirbt sich in deutlich höherem Anteil
erfolgreich um eine Förderung. 52 Prozent derjenigen Studierenden, die
sich gut informiert fühlen, haben sich schon einmal für ein Stipendium
beworben - 49 Prozent von ihnen waren erfolgreich. Nur 23 Prozent der
sich selbst als »nicht so gut« informiert bezeichnenden Studierenden
haben sich bereits um eine Förderung bemüht, davon nur 33 Prozent mit
Erfolg.
Die Umfrage offenbart weit verbreitete Vorbehalte
gegenüber der derzeitigen Vergabepraxis. Mehr als die Hälfte (52
Prozent) aller befragten Abiturienten und immerhin 43 Prozent der
Studierenden sind der Meinung, dass Kinder aus Arbeiterfamilien in ihren
Chancen auf ein Stipendium benachteiligt sind. Diese subjektiven
Empfindungen werden durch die Erfolgsbilanzen bei der Bewerbung
bestätigt: Während bei Bewerbern aus Akademiker- und
Selbstständigenhaushalten etwa jede zweite Bewerbung Erfolg hat, ist nur
gut ein Drittel der Bewerber aus bildungsferneren Herkunftsfamilien und
Arbeiterfamilien erfolgreich. Vor diesem Hintergrund fordern 77 Prozent
der Abiturienten und 84 Prozent der Studierenden, dass neben einer
Vergabe nach Noten auch andere Kriterien bei der Stipendienvergabe
berücksichtigt werden, insbesondere die sozialen Verhältnisse und das
soziale Engagement der Studenten.
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Reemtsma
Allensbach Studie Summary 2010
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Allensbach Studie 2010