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Studienort: Uni/FH-WahlStudienplatzklage

Studienplatzklage – durch das Hintertürchen an die Uni

Medizin, Jura und BWL sind gefragte Studiengänge – sie sind so beliebt, dass viele am NC scheitern. Die Grenzen der Zulassungsbeschränkungen sind umstritten. So nutzen jedes Jahr tausende Studieninteressierte die Möglichkeit einer Studienplatzklage. Was verbirgt sich dahinter und was ist die Voraussetzung für eine Studienplatzklage?

Leerer Hörsaal mit Sprechblasen

Voraussetzungen für eine Studienplatzklage
Das Bundesverfassungsgericht beschloss am 18. Juli 1972, dass für ein Studium „Zulassungsbeschränkungen nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen zulässig sind“ d.h. der Numerus Clausus nur bedingt gilt. Denn prinzipiell hat jeder ein Anrecht auf einen Studienplatz. Die Ablehnung durch eine Hochschule gilt im deutschem Recht als Eingriff in das Grundgesetz. Denn das Grundgesetz besagt nach Art. 12 Abs. 1 GG, dass alle Deutschen das Recht besitzen, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Wer in Deutschland eine Studienplatzklage erheben will, muss zuerst mit einer Bewerbung und dem Ablehnungsbescheid der Hochschule die Voraussetzungen dafür schaffen.

Wie Hochschulen Studienplätze vergeben
Prinzipiell erfolgt die Studienplatzvergabe durch zwei unabhängige Verfahren. Im dem einem Verfahren entscheidet die Stiftung für Hochschulzulassung (Hochschulstart.de) mit, im anderen Verfahren tritt die Hochschule als eigenständiger Entscheider auf. Die Verfahren unterscheiden sich in:

Nach Abzug einer Vorabquote, die unter anderem Härtefälle und Zweitstudienbewerber einschließt, werden die Studienplätze mit bundesweitem Numerus Clausus (Medizin, Tiermedizin, Zahnmedizin und Pharmazie) vergeben:

Bei Studiengängen mit einem örtlichen NC erfolgt die Vergabe über Hochschulstart (ehemals ZVS) im Auftrag der deutschen Hochschulen. Das beinhaltet Studiengänge der BWL, Jura oder Psychologie. Hierbei bestimmen die Hochschulen das Auswahlverfahren selbst und richten sich gegebenenfalls nach den landesrechtlichen Regelungen. Das erfolgt unabhängig von der Stiftung für Hochschulzulassung – also autonom. Die Stiftung für Hochschulzulassung ist als koordinierendes Organ zu betrachten.

Alternative Dialogorientierte Serviceverfahren (DoSV)
Das Dialogorientierte Serviceverfahren (DoSV) wurde geschaffen, um Lücken in der Studienplatzvergabe und vorhandenen Kapazitäten zu schließen. Mit dem DoSV soll das Nachrückverfahren entfallen und über die neue Homepage freie-studienplaetze.de auch eine schnellere sowie effizientere Studienplatzvergabe gewährleisten.

Ob das DoSV sicherstellen kann, dass alle Kapazitäten freier Studienplätze genutzt werden, lässt sich schwer sagen. Die Hochschulen informieren die Stiftung für Hochschulzulassung über die Anzahl der freien Studienplätze – ob es sich dabei immer um die tatsächliche Anzahl handelt, bleibt in der Regel ungeprüft – und diese wendet das Clearing-Verfahren oder auch Losverfahren an. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Hochschule an diesem Clearingverfahren teilnimmt.

Das Problem der Kapazitäten der Universitäten
Das Problem liegt in der Kapazitätenverordnung (KapVo) der jeweiligen Bundesländer. Als "Kapazität" in diesem Zusammenhang wird verstanden, wie hoch die Aufnahmefähigkeit der Hochschule pro Studiengang an Studierenden pro Semester ist. Immer wieder kommt es vor, dass Hochschulen ihre Kapazitäten falsch berechnen oder benennen. Denn Studienplätze kosten viel Geld. Beispielsweise kostet ein Studienplatz für Medizin pro Student und Ausbildung rund 350.000 Euro.

Das führt dazu, dass Studienplätze immer wieder unbesetzt bleiben. In jedem Bundesland gilt eine andere Kapazitätenverordnung und damit Berechnung. Auch ist die Festlegung der Kapazitäten von Studiengang zu Studiengang unterschiedlich. Bei einigen Fächern werden dann Laborräume dazu gerechnet. Wie genau das für welchen Studiengang geht, ist jedoch oftmals nicht ersichtlich.

Die Frage stellt sich also: Sind mehr Kapazitäten vorhanden, als Studienplätze vergeben wurden?

Schritt für Schritt zur Studienplatzklage
Wer das Geld in die Hand nehmen will und die festgelegten Kapazitäten der Hochschulen hinterfragt, kann den Weg der Studienplatzklage gehen. Dabei ist aber enorm wichtig: Jeder Studiengang und jede Hochschule hat andere Fristen und Auswahlverfahren, die alle explizit berücksichtigt werden müssen.

1. Bewerbung für einen Studiengang
Eine reguläre Bewerbung für den Wunschstudiengang ist verpflichtend, um später eine Klage rechtens zu machen. Denn ohne eine Bewerbung kann auch keine Ablehnung erfolgen.

2. Ablehnung der regulären Bewerbung
Der Ablehnungsbescheid der Hochschule ist notwendig, um einen außerkapazitären Antrag zu stellen.

3. Außerkapazitäre Antrag (AKA)
Der Kapazitätsantrag ist eine schriftliche Bewerbung an die Hochschule um einen Platz außerhalb der festgelegten Kapazitäten. In der Realität ist der außerkapazitäre Antrag eine reine Formalität und wird von den Hochschulen prinzipiell abgelehnt. Wurde dieser abgelehnt, folgt die Studienplatzklage.

4. Antrag auf einstweilige Anordnung
Dieser Antrag auf einstweilige Anordnung ist ein formloser Eilantrag an das zuständige Verwaltungsgericht. Damit wird beim Verwaltungsgericht beantragt, dass eine Entscheidung über eine Immatrikulation im Schnellverfahren zwischen zwei und sechs Monaten erfolgt. Wird dem Antrag stattgegeben, dann ist jeder für die Dauer des Klageverfahrens vorläufig immatrikuliert. Der Antrag auf einstweilige Anordnung läuft parallel zur Klage.

Studienplatzklage - Anwalt nehmen oder nicht?
Die Kosten einer Studienplatzklage für ein einfaches Verfahren, also für einen Studiengang, betragen für ein Anwaltshonorar rund 2.000 Euro. Billiger wird es, wenn kein Anwalt hinzugezogen wird. Die Gerichtskosten für eine einstweilige Anordnung belaufen sich auf bis 363 Euro, die Kosten der gegnerischen Hochschule auf rund 500 Euro. Die Beauftragung eines Anwaltes muss nicht zwingend die Erfolgschancen erhöhen. Viele Kanzleien haben sich jedoch auf das Hochschulrecht spezialisiert, denn mehrere tausende potentielle Studienanfänger gehen den Weg der Studienplatzklage. Der Anwalt stellt vor allem das fristgerechte Einreichen von Anträge sicher. Es obliegt der Einzelfallentscheidung und hängt am Ende auch von der Masse der Kläger ab, ob eine Studienplatzklage Erfolg hat. Um eine Klage einzureichen, gibt es grundsätzlich bewährte Vorlagen, die jedem theoretisch ermöglichen, sich vor Gericht selbst zu vertreten. Bei einem auf das Hochschulrecht spezialisierten Anwalt ist eine Studienplatzklage im Zweifel in guten Händen. Welcher Weg allerdings der richtige ist, sollte jeder für sich entscheiden. Die Allgemeinen Studierendenausschüsse (AStA) der Hochschulen können bei einer Studienplatzklage ebenfalls weiterhelfen.

Vorteile einer Studienplatzklage

Nachteile einer Studienplatzklage

Download [PDF, 33 Seiten – 196 KB]
Bundesverfassungsgericht Urteil zum Numerus clausus

Download[PDF, 47 Seiten – 1,1 MB]
CHE Numerus Clausus-Check 2016/17