Die Frage, wo man sich in 5 Jahren sieht, ist auf den ersten Blick eine banale Personalerfangfrage. Auf den zweiten Blick kann sie sich als Chance herausstellen, besonders gut dazustehen.
Natürlich kann man antworten: "Fragen Sie mich in 4,5 Jahren." Das heißt dann: Ich habe keine Ahnung, will mich nicht festlegen, vielleicht doch, habe aber auch keine Ziele und keine Ambitionen bzw. will ich nicht zugeben, dass ich welche habe, weil sie mir peinlich sind oder ich selbst nicht daran glaube. Super.
Man könnte sich ja auch mal mit der Branche, den Unternehmen, den üblichen Lebensläufen beschäftigen und abwägen, welche Erfolge einem in den nächsten 5 Jahren wirklich wichtig sind. Es müssen nicht unbedingt Vorstandsposten, Weltrekorde oder Erdumsegelungen sein, aber irgendwelche Ambitionen sollte man als Berufseinsteiger schon haben, wenn man sich nicht als völlig unmotivierte Spielmasse vorzeigen will.
Also:
- Möchte ich in 5 Jahren noch im selben Job sein? Im selben Team? Im selben Bereich? Wenn ja, warum? Wenn nein, wo sonst? Warum dann gerade dort und nicht woanders?
- Möchte ich in 5 Jahren noch dieselbe Verantwortung haben? Wenn nein, was möchte ich zusätzlich bekommen?
- Möchte ich in meiner aktuellen Position etwas erreicht haben? Wenn ja, was? Warum gerade das?
- Möchte ich überaupt noch in dieser Firma sein? Wenn ja, sollte man dafür auch ein klares Bekenntnis abgeben.
Schon 20 Minuten Internetrecherche können helfen, um wenigstens die aktuellen "großen" Herausforderungen zu erfahren, die der Arbeitgeber vor sich hat. Zum Beispiel Kostendruck, Globalisierung, Wandel eines großen Marktes, neue Technologien, neue Produkte, neue Wettbewerber, neue Absatzmärkte, gesetzliche Vorgaben, Veränderungen in der Zuliefererbasis, interne Strukturveränderungen, Renditeerwartungen der Kapitalgeber, Wechsel im Management, Wachstum, neue Produktionsstandorte oder schlicht die Absicherung der Marktanteile. Irgendwas ist immer. Viele Themen werden in Form eines großen oder kleinen Projekts im Unternehmen aufschlagen.
Mit diesen Anhaltspunkten kann ich mir in etwa ein Bild davon malen, was die Firma in den nächsten 5 Jahren durchmacht und wie sie dann aussehen wird. Schon damit kann ich ein paar Punkte nennen, die mich in den nächsten 5 Jahren betreffen könnten (je nach Job, um den es geht).
Nur nicht die Firma hat dann 5 Jahre mehr auf dem Buckel, auch ich selbst. "In 5 Jahren werden ich xx Jahre alt sein und ich möchte dann 5 Jahre bei Ihnen gearbeitet haben. In diesem Alter ist es mir wichtig, eigene Verantwortung über yy bekommen zu haben, was man in dieser Branche normalerweise schon nach 2 Jahren bekommt. Ich habe ein wenig nachgelesen und aus meiner Sicht kommen auf Sie die Themen a), b) und c) zu, die direkt auch den Job betreffen, in dem ich arbeiten werde. Ich würde zu diesen Themen sehr gerne meinen Beitrag leisten."
Nicht vergessen, dass der Interviewer zwei Punkte abgleicht:
- Hat der Bewerber eine realistische Vorstellung von dem, was er bringen muss und was er werden kann?
- Kann ich ihm das bieten, was er erwartet, so dass er ein loyaler Arbeitnehmer wird, der langfristig für das Unternehmen arbeiten wird?
"Bei jedem Ratgeber Stand, man solle eine definitive Antwort geben. Entweder konkret, d.h. in 5 Jahren möchte ich die Position "Senior xy" haben oder abstrakt "ich möchte Führungsverantwortung für ein Team übernehmen". Ich hatte bislang immer das subjektive Gefühl, dass derartige Antworten nicht gut ankamen. Ist es überhaupt ratsam, im VG auf eine Einstiegsposition gleich von den großen Zielen in 5 Jahren zu sprechen."
Je nachdem, wie sehr man über seine Antwort nachgedacht hat und ob man sie stichhaltig untermauern kann. Einfach so "ich will Chef werden" ist seltsam.
"Am liebsten würde ich sinngemäß antworten: "Ich möchte mich zunächst darauf konzentrieren, dass ich in den ersten 1-2 Jahren viel lerne und darauf aufbauend souverän in meinem Bereich werde. Wo ich in 5 Jahren sein will möchte ich ihnen gerne frühestens in 2 Jahren beantworten" Was haltet ihr davon?"
Sagen wir mal so: Man kann viel mehr aus dieser Frage herausholen.
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