Hi,
was für ein Zufall, dass ich gerade Deine Frage auf meinen alten Post von damals gesehen habe...
Das Kreditrisiko ließ sich in meinem Fall qualitativ beurteilen. Es gab kein granulares Portfolio, sondern nur ein oder zwei Forderungen (keine Diversifikation -> sehr starke Risikokonzentration). Wäre auch nur eine der Forderungen ausgefallen, hätte der Verlust mehr als das komplette EK der Bank ausgelöscht.
Marktrisiko: hinsichtlich einer Aktienposition habe ich mit einer Stressannahme gearbeitet (Verfall der Aktien in der Finanzkrise, die von der Beispielbank gehaltene Aktie war DAX-typisch). Hinsichtlich des Zinsrisikos habe ich vorgerechnet, wie sich das Nettozinsergebnis bei einem Zinsshift i.H.v. X Basispunkten aufgrund von Fristentransformation verändert hätte.
Liquiditätsrisiko: Haben wir nicht drüber gesprochen, hier hätte man aber auch mit einer einfachen Szenariobetrachtung erläutern können, ab wann abgezogene Einlagen aufgrund der Fristentransformation zur Zahlungsunfähigkeit führen (wann wäre das Konto der Bank bei der Zentralbank leer?).
OpRisk: nicht thematisiert. Sieht man auch nicht in der Bilanz. Schadet natürlich nicht, wenn man das trotzdem erläutern kann (was, wenn die IT ausfällt...?).
Um Deine Frage abschließend zu beantworten: versuche szenariobasiert zu argumentieren, wann Verluste entstehen können und versuche zu begründen, warum der Eintritt dieser (ggfs. drastischen) Szenarien eine nicht-vernachlässigbare Wahrscheinlichkeit hat.
Viel Erfolg!
WiWi Gast schrieb am 29.08.2018:
Hallo WiWi Gast,
hast du Tipps für mich, wie man am besten auf die Fragen nach Risiken in der Bilanz antworten kann?
In der Bilanz lassen sich ja keine detaillierten Risikobeträge ablesen, sondern nur Volumina. Für das Kreditrisiko lässt sich ja bspw. ablesen, wie viel Kreditvolumen ich habe, aber nichts zur Ausfallwahrscheinlichkeit und somit kann ich ja auch kein Kreditrisiko berechnen.
Danke im Voraus für deine Hilfe.
WiWi Gast schrieb am 23.11.2017:
CORE = Credit & Operational & Enterprise Risk Managment (neues Cluster, Fusion aus den alten Clustern Gesamtbanksteuerung und Kreditrisiko)
Die Frage ist, aus welchem der alten Cluster dein Gesprächspartner kommt.
Gesamtbanksteuerung (mein altes Cluster): Vorgelegt wurde ein Case. Kleine Bank. Du solltest eine typische, vereinfachte Bankbilanz aufschreiben und erläutern können, welche Risiken hier abzulesen sind (Adressenausfall- / Kreditrisiken, Marktrisiken (Zins, Aktien, FX), Liquiditätsrisiken). OpRisk siehst du nicht wirklich in der Bilanz. In meinem Fall haben wir durchgerechnet, wie sich eine Zinsveränderung auf die PnL ausgewirkt hätte (nur Grundrechenarten, Interviewpartner hat fachlich unterstützt, Kopfrechnen musste ich selber). Die Risikomodelle sind i.d.R. recht komplex und man mutet den Einsteigern eher selten zu, in einer Stresssituation anspruchsvollere Mathematik vorzuturnen.
Kreditrisiko (habe die Kollegen kürzlich erst kennengelernt): hier kann ich weniger beisteuern, wenn du die Begriffe PD, LGD, EaD, Kreditportfoliomodell (z.B. CreditMetrics) verstehst / grob erläutern kannst und auch ein bisschen was von der zugrundeliegenden Mathematik verstehst (Copula, logistische Regression, Monte Carlo Simulation), bist du wahrscheinlich sehr gut gerüstet. Das hot topic bei den Kollegen ist gerade IFRS 9 im Hinblick auf Lifetime PD / LGD.
Meine Erfahrung basiert allerdings auf einem Job-Interview zwecks Festeinstellung, deine Fragen werden leichter sein. Wir stellen auch Physiker in CORE ein, die vorher noch nie was von Bilanz, PnL, Liquiditätsrisiko etc. gehört haben. Also mach dir keine Sorgen. Solltest du wenig Vorkenntnisse haben, solltest du alternativ gut erklären können, was deine Schwerpunkte und Interessen im Studium sind. Standard HR-Fragen wie "was sind ihre Stärken und Schwächen" werden wohl nicht kommen.
Viel Erfolg!
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