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Frühjahrsgutachten 2008 der führenden Wirtschaftsinstitute

Im Frühjahr 2008 wird dieWeltkonjunktur von der Krise des Immobilien- und des Finanzsektors in den USA und den von ihr ausgelösten weltweiten Finanzmarktturbulenzen überschattet.

Frühjahrsgutachten 2008 der führenden Wirtschaftsinstitute
München, 19.04.2007 (ifo) - Im Frühjahr 2008 wird dieWeltkonjunktur von der Krise des Immobilien- und des Finanzsektors in den USA und den von ihr ausgelösten weltweiten Finanzmarktturbulenzen überschattet. Die USA stehen am Rande einer Rezession, in Westeuropa hat sich die Konjunktur etwas abgekühlt, und in Japan nimmt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nur noch schwach zu. Gleichwohl ist das weltwirtschaftliche Expansionstempo immer noch beträchtlich, vor allem, weil die Produktion in den Schwellenländern bis zuletzt kräftig stieg.

Für den Prognosezeitraum ist ein weiteres Nachlassen der weltwirtschaftlichen Expansion zu erwarten. Die Krise auf den US-Finanzmärkten und die weltweiten Finanzmarktturbulenzen belasten die Konjunktur. Sie führen zu Vermögensverlusten der privaten Haushalte, die den Konsum dämpfen, besonders deutlich in den USA.Vor allem aber verschlechtern sich die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und Haushalte. Beeinträchtigt wird die weltwirtschaftliche Entwicklung derzeit zudem dadurch, dass sich der Preisauftrieb in den vergangenen Monaten erheblich beschleunigt hat. Neben dem anhaltenden Anstieg der Rohölpreise haben sich vor allem Nahrungsmittel massiv verteuert.Weltweit führt dies zu einem Entzug von Kaufkraft der privaten Haushalte zugunsten der Produzenten von Rohstoffen und Nahrungsmitteln.

In dieser Situation sieht sich besonders die Geldpolitik großen Herausforderungen gegenüber. Sie muss im Spannungsfeld zwischen Liquiditätsproblemen, konjunktureller Abschwächung und Inflationsgefahren die Balance wahren. Vordringlich ist gegenwärtig, eine ausreichende Liquiditätsversorgung sicherzustellen; zu diesem Zweck haben die Zentralbanken in den vergangenen Monaten ihr Instrumentarium angepasst. Darüber hinaus haben die Notenbanken unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt: Die US-Notenbank hat angesichts der Rezessionsgefahr ihre Leitzinsen imWinterhalbjahr drastisch gesenkt, während die europäischen Zentralbanken - auch entsprechend den dort bislang weniger trüben konjunkturellen Aussichten - den Inflationsrisiken eine höhere Bedeutung beimessen und ihre Zinsen wenn überhaupt nur wenig gesenkt haben.
 

Europäische und globale Entwicklung
Im Prognosezeitraum wird die Weltkonjunktur angesichts der beträchtlichen Belastungen zwar zunächst noch an Fahrt verlieren. Der Verlust an Dynamik wird aber nach Einschätzung der Institute begrenzt bleiben. Dafür sprechen die im Allgemeinen sehr günstige Verfassung der Unternehmen im nichtfinanziellen Sektor, die kräftigen Impulse vonseiten der amerikanischenWirtschaftspolitik,wo zu der sehr expansiven Geldpolitik eine stimulierende Finanzpolitik hinzu kommt, und die hohe Wachstumsdynamik in den Schwellenländern. Allerdings dämpfen die Probleme in den USA die Aktivität in den übrigen Weltregionen: Über die Weltfinanzmärkte breiten sich Vermögensverluste und die Verschlechterung von Finanzierungsbedingungen aus. Auch werden die schwächer expandierenden Importe der USA die Produktion insbesondere in den mit den USA eng verflochtenen Ländern bremsen. In Westeuropa kommt das Ende des Immobilienbooms in einigen Ländern hinzu. Im Euroraum wirkt darüber hinaus die Aufwertung der Gemeinschaftswährung belastend. Anzeichen für eine Rezession sind hier zwar nicht zu erkennen. Doch wird dieWirtschaft im Euroraum in den Jahren 2008 und 2009 mit einer Rate expandieren, die unterhalb derjenigen des längerfristigen Trends liegt.

Die Schwellenländer werden vor allem über denAußenhandel von der schwächerenKonjunktur in den Industrieländern betroffen. Ihre Finanzmärkte haben sich hingegen bisher als recht robust erwiesen, auch wenn die Aktienkurse in einigen Ländern in den vergangenen Monaten gesunken sind. Der Finanzmarktstabilität in den Schwellenländern kommt zugute, dass sie insgesamt netto Kapital exportieren und inzwischen über hohe Währungsreserven verfügen. Alles in allem wird der Produktionsanstieg in den Schwellenländern 2008 und 2009 zwar gedämpft, er wird aber beachtlich bleiben.
 

Prognose
Das Bruttoinlandsprodukt derWelt dürfte in diesem Jahr mit 2,7%merklich langsamer als in den vergangenen Jahren zulegen. Im Jahr 2009 dürften die expansiven Kräfte allmählich wieder die Oberhand gewinnen;im Jahresdurchschnitt nimmt dieWeltproduktion allerdings voraussichtlich noch nicht deutlich rascher zu.DerWelthandel steigt sowohl in diesem Jahr als auch im nächsten Jahr wohl nur in mäßigem Tempo. Der Prognose liegt ein Erdölpreis von 98 Dollar pro Barrel (Brent) für dieses und von 100 Dollar für nächstes Jahr zugrunde sowie die Erwartung, dass sich der Anstieg der Nahrungsmittelpreise abschwächt. Bei diesen Annahmen werden sich die Inflationsraten im Verlauf des Prognosezeitraums zurückbilden.

Das größte Abwärtsrisiko für dieWeltkonjunktur bildet die Krise im Immobilien- und Finanzsektor in den USA. Es ist kaum abzusehen, wie weit die Immobilienpreise und Aktienkurse noch fallen und wann sie ihren Tiefpunkt erreichen werden.Auch sind weitere Liquiditätskrisen großer Finanzinstitute denkbar, mit erheblichen negativen Folgen für die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und Haushalte. Die amerikanische Wirtschaftspolitik zeigt sich zwar entschlossen, erhebliche Mittel zur Eindämmung der Krise bereitzustellen, es besteht allerdings die Gefahr, dass ihre Maßnahmen nicht so gut wie in früheren Abschwüngen greifen. In diesem Fall wären ein Abgleiten der US-Wirtschaft in eine ausgeprägte Rezession und eine deutlich schwächere Entwicklung in der übrigen Welt zu erwarten. In Deutschland ist die wirtschaftliche Lage bis zum Frühjahr 2008 trotz einer Reihe widriger Einflüsse günstig geblieben, und die Konjunktur dürfte mit viel Schwung in das Jahr gestartet sein. Anders als in vielen anderen Industrieländern halten sich die Stimmungsindikatoren auf hohem Niveau; dieKennziffern für Nachfrage und Produktion sind in der Tendenz weiter aufwärts gerichtet. Dies ist bemerkenswert vor dem Hintergrund der zahlreichen negativen Schocks, die in jüngster Zeit auftraten.Neben der im vergangenen Jahr restriktiven Finanzpolitik waren es vor allem die kräftige Aufwertung des Euro, die massive Verteuerung von Erdöl und Nahrungsmitteln sowie die Folgen der US-Immobilienkrise.

Offenbar ist die deutscheWirtschaft in den vergangenen Jahren robuster geworden. Die Gefahr einer Rezession ist deshalb heute geringer. So hat sich dasWachstum des Produktionspotentials in den vergangenen Jahren beschleunigt. Darüber hinaus hat sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessert. Ferner gibt es in Deutschland keine Übersteigerungen auf dem Immobilienmarkt, so dass eine Korrektur, die in anderen Ländern die wirtschaftliche Aktivität dämpft, nicht ansteht. Und schließlich erweist sich das deutsche Bankensystem vor dem Hintergrund der internationalen Krise im Finanzsektor als relativ robust. Alles in allem ist als Folge der kräftigen Schocks zwar eine spürbare Verlangsamung der konjunkturellen Expansion zu erwarten; ein Abgleiten in eine Rezession halten die Institute jedoch für wenig wahrscheinlich. 

 


Eckdaten der Prognose



Frühjahrsgutachten 2008
Die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft im Frühjahr 2008

Download der Langfassung (5,4 MB)

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