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RWI: Konjunktur auf dem Wege der Besserung

Die deutsche Konjunktur belebt sich nur langsam. Das RWI prognostiziert einen Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5,0 Prozent für 2009 und erhöht damit seine Prognose vom Juni 2009 um 1,4 Prozentpunkte.

Ein Feldweg an Weinreben entlang.

RWI: Konjunktur auf dem Wege der Besserung
Essen, 17.09.2009 (rwi) - Die deutsche Konjunktur belebt sich nur langsam. Das RWI prognostiziert einen Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5,0 Prozent für 2009 und erhöht damit seine Prognose vom Juni 2009 um 1,4 Prozentpunkte. Für 2010 erwartet das RWI ein BIP-Wachstum von 1,2 Prozent. Zudem rechnet das Institut für den Prognosezeitraum mit einer wieder anziehenden Teuerung und einem schwächeren Arbeitsmarkt. Auch die Weltwirtschaft dürfte sich allmählich erholen. Während die Belebung in den meisten Schwellenländern deutlich ausfallen dürfte, wird die Expansion in den Industrieländern voraussichtlich nicht sehr schwungvoll sein. Die Konjunktur in Deutschland erholt sich nur langsam. Zwar hat die gesamtwirtschaftliche Produktion im zweiten Quartal 2009 im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent zugenommen, nachdem sie zuvor vier Quartale in Folge gesunken war. Gleichwohl ist die Wirtschaftsleistung um 7,1 Prozent niedriger als vor einem Jahr, so dass man lediglich von einer Stabilisierung auf niedrigem Niveau sprechen kann. Zugenommen haben insbesondere die privaten und staatlichen Konsumausgaben sowie die Bauinvestitionen. Die vorlaufenden Indikatoren deuten auf eine moderate Belebung der Konjunktur im zweiten Halbjahr 2009 hin, Impulse kommen vor allem von der Weltwirtschaft und dem kommunalen Investitionsprogramm, während der private Konsum rückläufig sein dürfte. Die Teuerung dürfte anziehen und die Verbraucherpreise in diesem Jahr um 0,4 Prozent, im kommenden Jahr um 1,3 Prozent ansteigen.

Vor diesem Hintergrund erwartet das RWI für das Jahr 2009 einen Rückgang des realen BIP von 5,0 Prozent, während es im Juni noch von einem Minus von 6,4 Prozent ausgegangen war. Der Unterschied mag auf den ersten Blick groß erscheinen, doch weisen beide Prognosen ein ähnliches Profil der konjunkturellen Entwicklung auf, sie gehen von einem deutlichen Einbruch im ersten Quartal und einer allmählichen Stabilisierung im weiteren Verlauf des Jahres aus. Die Tiefe des Einbruchs wurde jedoch damals gravierender eingeschätzt, die Erholung etwas später datiert. Zudem hatte das Statistische Bundesamt zunächst für das erste Quartal -3,8 Prozent gemeldet, mittlerweile hat es diese Zahl auf -3,5 Prozent revidiert. Das immer noch kräftige Minus unserer aktuellen Prognose wird vor allem von dem statistischen Unterhang und einem kräftigen Rückgang im ersten Quartal verursacht. Für den gesamten Prognosezeitraum ist eine zögerliche Erholung zu erwarten. Für den Jahresdurchschnitt 2010 hält das RWI ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent für wahrscheinlich. Damit erhöht es seine Prognose für 2010 gegenüber dem Juni dieses Jahres um einen Prozentpunkt. Die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt dürfte sich noch für einige Zeit verschlechtern. Bisher verhinderten Kurzarbeit und andere Anpassungen auf betrieblicher Ebene, dass die Beschäftigung an die niedrigere Produktion angeglichen wurde. Dadurch sanken die Produktivität und die Arbeitszeit der Arbeitnehmer kräftig, die Lohnstückkosten stiegen. Die Unternehmen werden allerdings bestrebt sein, die Kosten zu senken, so dass die Arbeitslosigkeit auf 3,7 Millionen Personen am Ende dieses und auf 4,4 Millionen am Ende kommenden Jahres steigen dürfte. Die Arbeitslosenquote dürfte im Jahresdurchschnitt entsprechend von 8,3 Prozent auf 9,8 Prozent steigen.

Die Lage der öffentlichen Haushalte hat sich aufgrund konjunkturbedingter Mindereinnahmen und Mehrausgaben sowie durch die Maßnahmen zur Stabilisierung der Konjunktur bereits deutlich verschlechtert. Wir erwarten, dass diese Entwicklung sich fortsetzt und das gesamtstaatliche Budgetdefizit in diesem Jahr auf 3,0 Prozent in Relation zum BIP steigen wird, 2010 auf 5 Prozent. Die Schuldenstandsquote (staatlicher Schuldenstand im Verhältnis zum nominalen BIP) dürfte damit Ende kommenden Jahres über 75 Prozent liegen. Angesichts der aktuellen Situation steht die Wirtschaftspolitik vor großen Aufgaben. Die EZB hat, um die Funktionsfähigkeit des Geldmarkts zu gewährleisten, die Liquiditätsversorgung drastisch ausgeweitet und sollte die geldpolitischen Zügel jetzt behutsam straffen. Die Finanzpolitik sollte Wege aufzeigen, um die gestiegene Verschuldung zu reduzieren. Eine glaubwürdige Strategie sollte nach unserer Einschätzung das Ausgabenwachstum begrenzen und das Budget zu Gunsten von Ausgaben, die das Wachstum fördern, umschichten.

Nach dem außerordentlich kräftigen Abschwung zu Beginn dieses Jahres ist die Weltwirtschaft in den Sommermonaten allmählich wieder in Tritt gekommen. Insbesondere einige Schwellenländer verzeichneten kräftige Zuwächse, in den Industrieländern scheint zumindest der Boden erreicht zu sein. Der Welthandel erholt sich langsam von seinem ungewöhnlich scharfen Einbruch, wohl auch, weil sich die Finanzmärkte beruhigt haben und dadurch die Handelsfinanzierung wieder leichter fällt. Zudem sind die Rohstoffpreise gesunken. Das RWI erwartet, dass sich die Erholung im Prognosezeitraum weiter festigen wird, zumal die Wirtschaftspolitik zunächst expansiv ausgerichtet bleibt. Allerdings lassen die Impulse seitens der Finanzpolitik nach, weil die Konjunkturprogramme in vielen Ländern im kommenden Jahr auslaufen. Auch dürfte die Geldpolitik, sofern sich die Konjunktur stabilisiert, wieder restriktiver werden. Deutlich dürfte die Belebung in den meisten Schwellenländern ausfallen. Sie litten besonders stark unter dem Einbruch des Welthandels, und dürften entsprechend von dessen Erholung stärker profitieren.

In den Industrieländern wird die Expansion voraussichtlich nicht sehr schwungvoll sein. Die Konjunkturprogramme vieler Länder laufen aus, die Kaufkraft wird nicht mehr durch rückläufige Rohstoffpreise gestützt und, auf dem Arbeitsmarkt dürften vielfach noch größere Anpassungen bevorstehen. Hinzu kommt, dass sich die Finanzierungsbedingungen trotz allmählicher Stabilisierung des Finanzsektors nicht wesentlich verbessern dürften, da die Bonität vieler Schuldner durch die Rezession gelitten hat.