DieManager von Morgen WiWi-TReFF.de - Zeitung & Forum für Wirtschaftsstudium & Karriere
WiWi-NewsSchuldenkrise

Griechenland-Krise: Auf dem Weg zum Dauerkrisenherd

Nach den dramatischen Verhandlungen über die Zukunft Griechenlands ist beschlossen worden, ein neues Hilfsprogramm auf den Weg zu bringen. Was bedeutet das für die Zukunft der Eurozone insgesamt? ZEW-Präsident Fuest erläutert, was auf einen Dauerkrisenherd in Griechenland hindeutet. Vor einigen Wochen hatte der Chefökonom der ZEW mit seinem Vorschlag eines Griechenland-Solis bereits für Aufsehen gesorgt.

Griechenland-Krise: Auf dem Weg zum Dauerkrisenherd
Mannheim, 13.08.2015 (zew) -  Die wirtschaftliche Lage Griechenlands hat sich im ersten Halbjahr 2015 dramatisch verschlechtert, während es 2014 noch besser aussah: In den ersten drei Quartalen war das Wachstum positiv. Im vierten Quartal 2014 endete die Erholung, und im ersten Halbjahr 2015 schrumpfte die griechische Wirtschaft wieder. Wesentliche Ursache war Verunsicherung, die nach der Machtübernahme der Syriza-Regierung ausbrach. Die zwischenzeitliche Schließung der Banken und die Einführung von Kapitalkontrollen werden den wirtschaftlichen Einbruch weiter verstärken. Deshalb hat die Fähigkeit Griechenlands, seine Schulden zu bedienen, sich im Vergleich zur Lage vor einem Jahr deutlich verschlechtert. Das Land ist nun eindeutig überschuldet.

Für die Eurozone folgt daraus zwingend, dass ein neues Hilfsprogramm kein Kreditprogramm mehr ist, sondern ein Transferprogramm: einem bereits überschuldeten Land neue Kredite zu geben heißt, dem Land Geld zu schenken. Dabei spielt es keine Rolle, ob die neuen Kredite durch künftige Privatisierungserlöse abgesichert werden. Erstens wird man das Ziel, Staatsvermögen im Umfang von 50 Milliarden Euro zu veräußern, in absehbarer Zeit kaum erreichen. Zweitens verliert der griechische Staat mit der Veräußerung von Vermögen auch die Einnahmen aus diesem Vermögen. Privatisierung kann die Vermögenssituation eines Landes nur verbessern, soweit mit der Privatisierung Effizienzverbesserungen erreicht werden und die sich schon im Verkaufspreis widerspiegeln.

Befremdlich ist, dass die Politik derzeit betont, es sei kein Schuldenschnitt beabsichtigt, sondern ‚nur‘ eine Verlängerung von Kreditlaufzeiten, verbunden mit niedrigen Zinsen. Wenn bei einem Kredit über 25 Jahre die Zinsen von fünf auf zwei Prozent reduziert werden, ist der Verlust für den Gläubiger kleiner als bei einem Schuldenschnitt um 50 Prozent. Da die Gefahr besteht, dass die Kosten des neuen Hilfsprogramms verschleiert werden, habe ich vorgeschlagen, sie durch eine Steuererhöhung oder ein Ausgabenkürzungsprogramm offenzulegen. Nicht, weil ich mir Steuererhöhungen wünsche, sondern weil die Geschäftsgrundlage der Währungsunion mit dem Transferprogramm für Griechenland grundlegend geändert wird. Das kann man tun, aber die Bürger und Wähler in Europa sollten darüber informiert sein und Gelegenheit erhalten, zu widersprechen.

Wird das neue Programm Griechenland helfen? Die Chancen dafür stehen schlecht. Trotz der Hilfen wird von Athen verlangt, Steuern zu erhöhen und Ausgaben weiter zu kürzen, was den Abschwung kurzfristig beschleunigen wird. Dem könnte eine entschlossene Reformpolitik entgegenwirken. Aber dass die vereinbarten Neuerungen wirklich umgesetzt werden, ist zu bezweifeln. Die griechische Bevölkerung hat mit großer Mehrheit gegen wesentlich weniger invasive Maßnahmen gestimmt, und Alexis Tsipras hat sich von den Vereinbarungen bereits distanziert.

Währenddessen besteht die Gefahr, dass Griechenland wirtschaftlich weiter abstürzen wird. Wenn es dazu kommt, wird man Deutschland dafür die Verantwortung zuschieben, denn vor allem die Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Griechenland werden international als von der Bundesrepublik durchgesetzt angesehen. Ein geordneter Austritt Griechenlands aus der Eurozone, verbunden mit einem Schuldenerlass, hätte die Steuerzahler in Europa auch Geld gekostet, aber es wäre besser angelegt. Die Warnung, daran würden der Euro oder die EU scheitern, ist überzogen. Dass der Währungsunion und Europa besser gedient ist, wenn sich Griechenland zu einem Dauerkrisenherd entwickelt, überzeugt mich nicht.

Weitere Informationen
ZEW-Chefökonom Fuest zum Griechenland-Soli und dem Beginn einer Transferunion

Im Forum zu Schuldenkrise

2 Kommentare

Griechenland-Krise: Wirtschaftsweisen legen Sondergutachten vor

WiWi Gast

Die Spur der Troika: Todesstoß für Griechenland! Am 11.09.2015 wurde im Phönix-TV eine Dokumentation mit dem Titel ?Spur der Troika? zur Arbeit dieses Gremiums zur ?ökonomischen Sanierung? von Griec ...

1 Kommentare

Griechenland-Krise und Folgen für Deutschland

WiWi Gast

Hi, Ich soll eine Ausarbeitung zu folgenden Thema machen: Ursachen der Griechenland-Krise Und der Folgen für den Euro, die EWWU und Deutschland bzw. dem deutschen Export. Für Die Themen Euro und EWWU ...

1 Kommentare

Griechische "income Balance"

jackson joe

LINK was verbirgt sich hinter dieser Bilanz? ist die Teil der Leistungs- oder Kapitalbilanz? beispielsweise portfolio investment? ich bin bis jetzt davon ausgegangen, dass sich dahinter Zahlungen ver ...

1 Kommentare

Staatsverschuldung Griechenland

patrick127

Hallo liebes Forum, ich habe mal eine Frage zur der Zusammensetzung der Staatsverschuldung von Griechenland. Ist es richtig, wenn ich sagen würde, dass die Nettoauslandsverschuldung Griechenlands v ...

1 Kommentare

Frage Zahlungsbilanz

WiWi Gast

Wird in der Kapitalbilanz Zahlungsströme verbucht und in der Leistungsbilanz Güterströme?

1 Kommentare

Nachhilfe in Advanced Trade Theory

WiWi Gast

Hallo, in meinem Master belege ich aktuell das Modul "Advanced Trade Theory". Inhalt des Moduls sind insbesondere Modelle der traditionellen trade theories (Ricardo, Heckscher-Ohlin, Ricardo-Viner) ...

Artikel kommentieren

Als WiWi Gast oder Login

Zum Thema Schuldenkrise

Präsident ifo Institut Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest

Griechenland-Soli: ZEW-Chefökonom Fuest kritisiert den Beginn einer Transferunion

Der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Prof. Dr. Clemens Fuest fordert einen klaren Ausweis der Kosten des Griechenland Hilfspakets gegenüber den Steuerzahlern. In dem neuen Hilfsprogramm sieht er den Einstieg in die Transferunion und hält die Finanzierung dafür über einen höheren Solidaritätszuschlag von 8 statt 5,5 Prozent für denkbar.

Wirtschaftsweisen - Der Sachverständigenrat für Wirtschaft zur wissenschaftlichen Politikberatung.

Griechenland-Krise: Wirtschaftsweisen legen Sondergutachten vor

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung diskutiert in seinem neu vorgelegten Sondergutachten zur Griechenland-Krise Reformen für einen stabileren Euro-Raum und regt ein staatliches Insolvenzverfahren an. Das Sondergutachten trägt den Titel: „Konsequenzen aus der Griechenland-Krise für einen stabileren Euro-Raum“. Ein Mitglied des Sachverständigenrates, Peter Bofinger, hat zu wesentlichen Punkten des Sondergutachtens ein Minderheitsvotum abgegeben.

Griechenland-Hilfe beschlossen

Deutschland kann sich an Finanzhilfen der Euro-Länder für Griechenland zusammen mit Hilfen des Internationalen Währungsfonds beteiligen. Bundestag und Bundesrat haben einen Gesetzentwurf der Bundesregierung verabschiedet, der wesentlich zum Erhalt der Finanzstabilität in der Europäischen Währungsunion beiträgt.

Weiteres zum Thema WiWi-News

Jahreswirtschaftsbericht 2017 - Bruttoinlandsprodukt wächst um 1,4 Prozent

Nach dem Verzicht auf seine Kanzlerkandidatur stellte Sigmar Gabriel den aktuellen Jahresbericht 2017 vor. Aus dem Bericht mit dem Titel „Für inklusives Wachstum in Deutschland und Europa“ geht hervor, dass das Bundeskabinett eine Zunahme des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts von 1,4 Prozent erwartet. Grund für den Rückgang im Vergleich zum Vorjahr von 1,7 auf 1,4 Prozent ist die geringere Anzahl von Arbeitstagen.

Wirtschaftsweisen - Der Sachverständigenrat für Wirtschaft zur wissenschaftlichen Politikberatung.

Wirtschaftsweisen legen Jahresgutachten 2016/17 »Zeit für Reformen« vor

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat sein Jahresgutachten 2016/17 vorgelegt. Das Jahresgutachten trägt den Titel »Zeit für Reformen«. Das neue Jahresgutachten hat drei Schwerpunktthemen: die Bewältigung der Flüchtlingsmigration, die Stärkung der Architektur der Europäischen Währungsunion und die Schaffung von Voraussetzungen für mehr Wachstum in Deutschland.

Ein Fenster mit einem Aufkleber: Made in Germany.

Herbstprojektion 2016 der Bundesregierung - Deutsche Wirtschaft wächst solide

In der aktuellen Herbstprojektion erwartet die Bundesregierung einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von preisbereinigt 1,8 Prozent im Jahr 2016, im Jahr 2017 um 1,4 Prozent und im Jahr 2018 um 1,6 Prozent. Die deutsche Wirtschaft wächst solide weiter, etwas weniger, als noch im Frühjahr angenommen. Der niedrige Ölpreis, der Wechselkurs und die Anstrengungen zur Bewältigung des Flüchtlingszustroms haben dazu beigetragen.

Ein weißes London-Taxi mit einer britischen Fahne auf der Motorhaube.

Brexit-Folgen für Deutschland: Ökonomen-Kommentare und Studien

Nach dem Brexit-Votum der Briten werden die wirtschaftlichen Folgen eines EU-Austritts für Deutschland unter Ökonomen heiß diskutiert. Millionen britische Brexit-Gegner protestieren derweil gegen das Brexit-Votum vom 23. Juni 2016. In einer Online-Petition fordern sie eine zweite Volksabstimmung und hoffen auf einen Regrexit, den Exit vom Brexit.

Ein Baugerüst mit einem alten Bild in schwarz weiß mit Arbeitern von früher.

DIHK-Konjunkturumfrage Frühsommer 2016: Wachstum profitiert von Bau und Konsum

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rechnet für 2016 mit einem Wachstum von 1,5 Prozent, nachdem er zu Jahresbeginn noch einen Zuwachs von 1,3 Prozent prognostiziert hatte. Nach der jüngsten Konjunkturumfrage zieht das Wachstum an und die Erwartung der Unternehmen verbessert sich leicht.

Screenshot

Preis-Kaleidoskop

Das Preis-Kaleidoskop bietet einerseits einen schnellen Überblick über die Bedeutung von Gütergruppen und über deren Preisentwicklungen.

Screenshot Homepage w-wie-wachstum.de

w-wie-wachstum.de - Portal zum Thema Wirtschaftswachstum

Das Bruttoinlandsprodukt ist in Deutschland seit 1991 zwar langsamer gestiegen als im Schnitt der Industrieländer. Doch in mancherlei Hinsicht war und ist das deutsche Wachstum nachhaltiger - zum Beispiel, weil viel Geld in die Forschung fließt. Zu den Schwachstellen zählen die eher niedrige Investitionsquote und der hohe Energieverbrauch. Fakten, Analysen, Grafiken und Videos zum Thema Wachstum bietet ein neues Portal des Institut der deutschen Wirtschaft Köln.

Beliebtes zum Thema News

Porsche übernimmt IT-Beratung MHP

Porsche übernimmt IT-Beratung MHP

Die Porsche AG übernimmt bis Januar 2024 schrittweise alle Anteile der MHP GmbH. Damit möchte die bisherige Mehrheitseignerin das Wachstumspotenzial der Management- und IT-Beratung MHP konsequent nutzen.

Eine amerikanische Flagge weht vor einem Hochhaus Bürogebäude.

Mizuho übernimmt Greenhill für 550 Millionen US-Dollar

Mizuho übernimmt die Investmentbank Greenhill zu einem Kaufpreis von 15 US-Dollar pro Aktie für etwa 550 Millionen US-Dollar. Greenhill fungiert als M&A- und Restrukturierungsberatungsunternehmen für Mizuho. Die Marke, das globales Netzwerk, die Führung und das Team von Greenhill bleiben bestehen. Die Übernahme soll Mizuhos Wachstumsstrategie im Investmentbanking beschleunigen. Die Mizuho Financial Group ist mit einer Bilanzsumme von etwa 2 Billionen US-Dollar die 15. größte Bank der Welt.

Ein Nahverkehrszug hält am Gleis.

Deutsche Bahn legt Angebot mit 10 Prozent Lohnerhöhung vor

Die Deutsche Bahn bietet 10 Prozent Lohnerhöhung für untere und mittlere Lohngruppen, 8 Prozent für obere und zusätzlich 2.850 Euro Inflationsausgleichsprämie. Nach eigenen Aussagen liegt das durchschnittliche Tarifgehalt bei der Bahn über alle Berufsgruppen aktuell bei 4.000 Euro im Monat. In den letzten zehn Jahren sind die Gehälter bei der DB um 26,5 Prozent gestiegen, und damit mehr als im Öffentlichen Dienst mit 26,1 Prozent.

Das Foto zeigt das Logo der Schweizer Bank UBS, die gerade die Bank Credit Suisse übernimmt.

UBS übernimmt Credit Suisse für 3 Milliarden CHF

Die Schweizerische Nationalbank UBS hat die Akquisition der Credit Suisse bekannt gegeben. Durch die Fusion entsteht eine Bank mit einem verwalteten Vermögen von über 5 Billionen US-Dollar, davon 1,5 Billionen in Europa. Der Bundesrat der Schweiz begrüsst die geplante Übernahme. Aktionäre der Credit Suisse erhalten für die Fusion 1 Aktie der UBS für 22,48 Aktien der Credit Suisse. Das entspricht einem Übernahmepreis von 3 Milliarden Schweizer Franken. Der Zusammenschluss soll bis Ende 2023 vollzogen werden.

Online-Shopping: Fakeshop-Finder der Verbraucherzentrale

Fakeshop-Finder prüft Online-Shops

Ein Fakeshop ist – wie der Name bereits andeutet – ein gefälschter Online-Shop. Es wird immer schwieriger, Fakeshops von seriösen Online-Shops zu unterscheiden. Mit dem Fakeshop-Finder bietet die Verbraucherzentrale ein kostenloses Online-Tool an, um die Webseiten (URLs) von Online-Shop zu überprüfen. Die Website zeigt zudem, wie sich Fakeshops erkennen lassen. Ein Fakeshop-Glossar, eine Liste häufiger Fragen zu Fakeshops und ein Fakeshop-Kalender mit saisonalen Fakeshop-Listen runden das Angebot ab.

Eine Europaflagge vor einem Betongebäude und eine verschnörkelte Straßenlampe.

Europäisches Parlament bestätigt Einigung zur Reform vom EU-Emissionshandel

Das Europäische Parlament hat am 18. April 2023 die politische Einigung zur AStV-Reform des EU-Emissionshandels bestätigt. Damit die Reform in Kraft treten kann, fehlt nun noch eine formale Befassung im Rat. Der Europäische Emissionshandel wird auf fast alle Sektoren ausgeweitet, insbesondere auf die Bereiche Gebäude und Verkehr. Etwa 85 Prozent aller europäischen CO2-Emissionen sind damit zukünftig an Zertifikate bzw. Emissionsrechte gebunden. Deren Menge sinkt kontinuierlich ab – entsprechend der europäischen Klimaziele.

Energiepreispauschale für Studenten im Entlastungspaket

Studierende erhalten Energiepreispauschale von 200 Euro

Das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung ist mit 20 Maßnahmen sehr umfangreich. Die auf den ersten Blick gewaltig erscheinende Summe von 65 Milliarden Euro ist jedoch eine Mogelpackung, meint das Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Mindestens 25 Milliarden Euro davon beziehen sich auf Vorhaben, die auch ohne Energiekrise angestanden hätten. Was bedeutet das Paket für Singles, Familien und vor allem für Studierende? Studierende erhalten eine Energiepreispauschale von 200 Euro.