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IZA-Preis 2009 für Begründer ökonomischer Glücksforschung

Der mit 50.000 Euro dotierte IZA-Preis für Arbeitsmarktforschung des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit wird in diesem Jahr an den US-amerikanischen Ökonomen Richard A. Easterlin (University of Southern California) verliehen.

IZA-Prize 2009 Easterlin
IZA-Preis 2009 für Begründer ökonomischer Glücksforschung
Bonn, 06.05.2009 (idw) - Das IZA würdigt mit dieser Auszeichnung Easterlins fundamentale Arbeiten zum Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Wohlstand, Arbeitsmarktteilhabe und subjektiver Lebenszufriedenheit sowie zum Einfluss demographischer Entwicklungen auf den ökonomischen Erfolg. Die Preisverleihung findet am 22. Oktober 2009 in Washington statt. »Easterlin ist ein großartiger Wissenschaftler, der auf ein beeindruckendes Lebenswerk zurückblicken kann. Die ökonomische Glücksforschung wäre ohne ihn gar nicht vorstellbar. Sie ist auch politisch wichtig, weil sie zeigt, dass Menschen keineswegs allein auf Wohlstandsmehrung zielen, um ihre Lebenszufriedenheit zu erhöhen. Lebensqualität bemisst sich auch in gesellschaftlicher Fairness, in guter Infrastruktur, in einem Sozialstaat, der die Starken fördert und die Schwachen stützt, der Leistung und Gegenleistung beinhaltet«, so IZA-Direktor Klaus F. Zimmermann. »Easterlins Forschungen sind gerade heute im Angesicht der Wirtschaftskrise ein Fingerzeig für die Wirtschafts- und Sozialpolitik.«

Durch seine Forschungsbeiträge hat Richard Easterlin vor allem die ökonomische Glücksforschung maßgeblich geprägt und damit auch der Arbeitsmarktforschung wichtige Impulse gegeben. Bereits in den 1970er Jahren konnte er zeigen, dass höherer materieller Wohlstand nicht automatisch mit steigender Lebenszufriedenheit einhergeht. Zwar sind innerhalb einzelner Gesellschaften Menschen mit höherem Einkommen im Durchschnitt zufriedener als Ärmere. Doch wenn durch die Teilhabe am Arbeitsleben ein bestimmtes Wohlstandsniveau erreicht ist, das grundlegende Lebensbedürfnisse sicherstellt, steigt die Zufriedenheit eines Individuums und damit auch einer Gesellschaft als Ganzes nicht mehr an, wenn sich ihr Wohlstand (durch Wirtschaftswachstum) weiter erhöht. Soziale Vergleiche und Veränderungen im Anspruchsdenken beeinflussen die individuelle Zufriedenheit sehr stark.

Verfügt man zwar selbst über ein hohes Erwerbseinkommen, verdient aber relativ zu sozialen Vergleichsgruppen weniger, beeinträchtigt dies die eigene Zufriedenheit unmittelbar. Mit steigendem Einkommen tendieren Menschen dazu, auch ihre Ansprüche nach oben zu korrigieren, mit der Folge, dass sie trotz gestiegenen materiellen Wohlstands mit ihrer Lebenssituation nicht zufriedener sind als zuvor. Verallgemeinernd zeigen die Forschungsarbeiten Easterlins, dass Menschen in wohlhabenderen Gesellschaften insgesamt keine höhere Lebenszufriedenheit aufweisen als Einwohner ärmerer Länder, sofern auch in diesen ein Mindestlebensstandard verwirklicht ist.

Dieses scheinbar widersprüchliche Phänomen ist unter der Bezeichnung »Easterlin-Paradox« bekannt geworden und fester Bestandteil von zahllosen Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet. Die von Easterlin identifizierten Mechanismen haben bedeutende Auswirkungen auf menschliches Verhalten und sind beispielsweise für das Suchverhalten von Arbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt oder für die Erwerbsbeteiligung von Frauen von erheblicher Bedeutung. Das »Easterlin-Paradox« fasziniert bis heute Wissenschaftler unterschiedlichster Forschungsdisziplinen. Die »World Data Base of Happiness«, die wissenschaftliche Arbeiten zur Glücksforschung sammelt, verzeichnet über 10.000 Studien aus der Psychologie, Medizin, Soziologie und den Wirtschaftswissenschaften.

Das Forschungsinteresse des IZA-Preisträgers gilt ferner den Zusammenhängen zwischen demographischen Entwicklungen und ökonomischen Variablen. Seine zentrale Idee - die sogenannte »Easterlin-Hypothese« - besagt, dass die relative Größe einer Geburtenkohorte und ihr ökonomischer Erfolg eng miteinander verknüpft sind. Easterlins Analysen haben mehrere Mechanismen identifiziert, die für diesen Zusammenhang verantwortlich sind: Zunächst führt ein Anstieg in der Geburtenhäufigkeit zu einem Anwachsen der durchschnittlichen Familiengröße und damit zu einem Absinken der Ressourcen, die einer Familie pro Kind zur Verfügung stehen. Hinzu kommen weitere Verdrängungsmechanismen im Schulsystem, die eine Reduktion von Bildungsressourcen für Kinder größerer Geburtskohorten mit sich bringen, da die Kapazitäten im Bildungssystem allgemein nicht schnell genug auf unterschiedlich große Kohorten reagieren. Beide Effekte bewirken eine durchschnittlich geringere Qualität der Ausbildung für Mitglieder großer Geburtskohorten. Als Folge daraus sehen sich große Kohorten mit relativ schlechteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert, verbunden mit geringeren Einkommen und höherer Arbeitslosigkeit. Auch diese wichtigen Arbeiten von Richard Easterlin beeinflussen die Wirtschaftswissenschaften bis heute und sind politisch unverändert aktuell.

Richard Easterlin ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der University of Southern California in Los Angeles. Er ist Ehrendoktor der Universität Lund, Mitglied der National Academy of Sciences und Fellow der American Academy of Arts and Sciences sowie der Econometric Society. Auch im Alter von über 80 Jahren ist Easterlin noch ein ungemein produktiver Forscher, dessen Beiträge hohe Aufmerksamkeit in der Fachwelt finden.

Über den IZA Prize
Die außerordentliche Bedeutung arbeitsökonomischer Fragestellungen für die Bewältigung der Anpassungsprozesse auf den internationalen Arbeitsmärkten hat das Institut zur Zukunft der Arbeit dazu veranlasst, mit großzügiger Unterstützung der Deutschen Post-Stiftung den »IZA Prize in Labor Economics« ins Leben zu rufen. Dieser Preis wird jährlich in Anerkennung besonderer wissenschaftlicher Leistungen auf dem Gebiet der Arbeitsökonomie verliehen und soll einen Anreiz zu weiteren Forschungsarbeiten liefern, die sich den drängenden Fragen der Arbeitsmarktpolitik widmen. Im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung wird der IZA Prize in Labor Economics jeweils im Herbst überreicht. Erstmalig fand die Preisverleihung im November 2002 statt.