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Weltwirtschaftlicher Preis 2014 für Johnson-Sirleaf, Mazumdar-Shaw und Thaler

Die Staatspräsidentin Liberias und Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson Sirleaf, die indische Biotechnologie-Unternehmerin Kiran Mazumdar-Shaw und der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler sind die Preisträger des Weltwirtschaftlichen Preises 2014.

Weltwirtschaftlicher Preis 2014 verliehen an Ellen Johnson Sirleaf, Kiran Mazumdar-Shaw und Richard Thaler

Weltwirtschaftlicher Preis 2014 für Johnson-Sirleaf, Mazumdar-Shaw und Thaler
Kiel, 19.08.2014 (IfW) - Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat heute in einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Landeshauptstadt Kiel und der IHK Schleswig-Holstein zum zehnten Mal den Weltwirtschaftlichen Preis verliehen. Preisträger 2014 sind die Staatspräsidentin Liberias und Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson Sirleaf, die indische Biotechnologie-Unternehmerin Kiran Mazumdar-Shaw und der Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler. Die Festrede zu Ehren der Preisträger hielt Brigitte Zypries, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

„Alle drei Preisträger haben in ihrem beruflichen Wirken stets den Menschen, sein Verhalten und sein Wohlbefinden in den Fokus gestellt. Die Staatspräsidentin Liberias, Ellen Johnson Sirleaf, hat sich in ihrer politischen Karriere vehement für die Sicherheit und Rechte der Menschen im Allgemeinen und der Frauen im Besonderen eingesetzt. Auch Kiran Mazumdar-Shaw gibt uns ein leuchtendes Beispiel dafür, wie erfolgreiches unternehmerisches Handeln und ein Einsatz für weniger privilegierte Menschen vereinbar sind. Richard Thaler schließlich hat als Urvater der Verhaltensökonomie Grundannahmen der Wirtschaftswissenschaften erschüttert, die auf einem eigennützigen und rationalen Verhalten von Menschen aufbauen“, hob IfW-Präsident Dennis Snower in seiner Laudatio hervor.

Mit dem Weltwirtschaftlichen Preis werden Persönlichkeiten geehrt, die sich im besonderen Maße durch ihr Vordenken und Vermitteln weltwirtschaftlicher Lösungsansätze, ihre Dialogfähigkeit und Dialogbereitschaft über ihre Fachgrenzen hinaus und ihr Eintreten für eine auf Eigenverantwortung basierende, sozial verantwortungsvolle Gesellschaft auszeichnen. Der Weltwirtschaftliche Preis ist undotiert. Die Preisträger im vergangenen Jahr waren Gro Harlem Brundtland, ehemalige Ministerpräsidentin Norwegens, Mo Ibrahim, ehemaliger afrikanischer Mobilfunkunternehmer und Gründer der Mo Ibrahim Foundation, und Joseph E. Stiglitz, Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften. Zuvor hatten unter anderem die ehemalige irische Präsidentin und UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, Nobelpreisträger Professor Amartya Sen, Altbundeskanzler Helmut Schmidt, IKEA-Gründer Ingvar Kamprad und der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jacques Delors den Preis erhalten.

Preisträgerin des Weltwirtschaftlichen Preises 2014 - Politics:

Ellen Johnson-Sirleaf
, geboren 1938 in Liberia, ist derzeit der 24. Staatschef von Liberia und die erste Frau, die in das Amt eines Staatsoberhauptes in Afrika gewählt wurde. Nach ihrer Wiederwahl 2011 regiert sie das Land in ihrer zweiten und letzten Amtszeit. Im selben Jahr wurde sie gemeinsam mit Frau Leymah Gbowee, ebenfalls aus Liberia, und Frau Tawakkul Karmanaus aus dem Yemen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.


Frau Johnson Sirleaf studierte zunächst Wirtschaftswissenschaften am College of West Africa in Monrovia und zog 1961 in die USA, wo sie einen Abschluss in Rechnungswesen an der University of Wisconsin-Madison, ein Diplom des Economic Institute der University of Colorado in Boulder und einen Masterabschluss in Öffentlicher Verwaltung an der Kennedy School of Government der Harvard University erwarb.  Ihre Karriere begann sie 1965 im Finanzministerium Liberias, wo sie bis zur Finanzministerin der Regierung von William Tolbert aufstieg. Nach dessen Sturz und Ermordung im Jahr 1980 infolge des Militärputschs von Samuel Doe ging Frau Johnson Sirleaf ins Ausland, wo sie mehrere Ämter innehatte. Sie war Vizepräsidentin des African Regional Office von Citicorp,  verantwortlich für die Kreditvergabe der Weltbank, Vizepräsidentin der Equator Bank und Leiterin des Regional Bureau of Africa der Vereinten Nationen im Rang einer Stellvertreterin des Generalsekretärs. 2005 gewann sie die Präsidentschaftswahlen in Liberia.


Frau Johnson Sirleaf hat eine Vielzahl von Auszeichnungen erhalten, darunter 17 Ehrendoktortitel. Darüber hinaus ist sie mit dem höchsten Orden Frankreichs, dem höchsten zivilen Orden der Vereinigten Staaten und dem Indira Gandhi Friedenspreis geehrt worden.

Preisträger des Weltwirtschaftlichen Preises 2014 - Economics:

Richard H. Thaler
, geboren am 12. September 1945 in East Orange, New Jersey, USA, ist Wirtschaftswissenschaftler und Professor an der University of Chicago. Thaler ist besonders für seine Forschung in der Verhaltensökonomie bekannt. Zudem ist er Berater von US-Präsident Barack Obama.

Seine akademische Laufbahn begann Thaler an der Case Western Reserve University in Cleveland (Bachelor 1967). Für sein Master-Studium (Abschluß 1970) wechselte er an die University of Rochester, wo er 1974 auch promovierte. In seiner Ph.D.-Thesis mit dem Titel „The Value of Saving a Life“ wird sein Interesse an der menschlichen Seite der Ökonomie bereits sehr deutlich. In den folgenden Jahren war Thaler zunächst Assistenzprofessor an der University of Rochester bevor er an die renommierte Cornell University wechselte. Dort hatte er von 1978 bis 1995 verschiedene Professuren inne. Seit 1995 lehrt Thaler an der University of Chicago. Gastprofessuren haben Thaler unter anderem auch an die University of British Columbia, die Sloan School of Management am MIT, die Russell Sage Foundation und an das Center for Advanced Study in Behavioral Sciences an der Stanford University gebracht.

Thalers wesentliches Forschungsinteresse gilt dem Gebiet der Verhaltensökonomie. Er wird zitiert mit einer Aussage, die es seiner Ansicht nach zu korrigieren gilt: „Die klassische Wirtschaftswissenschaft nimmt an, dass Menschen sehr rational – super rational – und unemotional sind. Sie nimmt an, Menschen können wie ein Computer rechnen und haben keine Probleme mit ihrer Selbstkontrolle“.

Neben zahlreichen wissenschaftlichen Artikeln in renommierten Fachjournalen wie dem American Economics Review, dem Journal of Finance und dem Journal of Political Economy ist Thaler Autor mehrerer Bücher im Bereich der Verhaltensökonomie, die sich nicht nur an Wissenschaftler sondern auch an die breitere Bevölkerung wenden. Am bekanntesten ist der US-Bestseller „Nudge: Improving Decisions About Health, Wealth and Happiness“ (gemeinsam mit Cass R. Sunstein), in dem die Autoren aufzeigen, wie private und öffentliche Organisationen den Menschen helfen können, bessere Entscheidungen zu treffen. „Menschen treffen oft schlechte Entscheidungen – und schauen verblüfft darauf zurück“, werden die Autoren zitiert. Mit diesem Buch prägten sie den Ausdruck „choice achitecture“. Weitere Bücher Thalers sind „Quasi-rational Economics“ und „The Winner's Curse“.

Richard Thaler hält mehrere Ehrendoktortitel unter anderem von seiner Alma Mater sowie der Erasmus Universität in Rotterdam. 2005 erhielt er für einen Artikel den Paul. A. Samuelson Award. Für das Jahr 2015 ist Richard Thaler als Präsident der American Economic Association gewählt worden.

Preisträgerin des Weltwirtschaftlichen Preises 2014 - Business:

Kiran Mazumdar-Shaw
, geboren am 23. März 1953 in Bangalore, Indien, ist Vorsitzende der Biocon Limited, einem Biotechnologie-Unternehmen, das in Bangalore in Indien ansässig ist. Das Forbes- Magazin führt sie auf der Liste der 100 mächtigsten Frauen und die Financial Times würdigt Mazumdar-Shaw als eine der besten 50 Frauen in der Wirtschaft.

Nach dem Besuch der Highschool, begann Kiran Mazumdar-Shaw ihr Zoologie-Studium am Mount Carmel Colllege in Bangalore, welches sie 1973 abschloss (Bsc.). Für ihren Master wechselte sie ans Ballerat College of Advanced Education (heute: University of Ballerat) in Australien. Dort schloss sie 1974 als Braumeister ab. Erste Berufserfahrungen sammelte sie bei Carlton and United Breweries in Melbourne sowie bei Barrett Brothers and Burston. Auch bei zwei indischen Brauereien arbeitete Mazumdar-Shaw einige Jahre.

Nach Europa wechselte sie 1978 und stieg als Trainee-Manager bei Biocon Biochemicals Limited in Irland ein. Noch im selben Jahr gründete sie mit einem sehr kleinen Startkapital (10 000 Rupien, entspricht heute etwa 120 Euro) und der Unterstützung der irischen Firma ihr eigenes Unternehmen: Biocon India.

Bei der Gründung ihrer Firma kämpfte sie gegen zahlreiche Vorurteile: Sie war sehr jung, eine Frau und ihre Unternehmensidee war besonders in Indien noch nicht erprobt. Das Funding und auch die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern gestalteten sich schwierig. Dazu kamen die Herausforderung, ein biotechnologisches Unternehmen in einem Land zu Erfolg zu führen, in dem auf die Infrastruktur nicht immer Verlass war. Eine zuverlässige Stromversorgung, steriles Wasser und ein funktionierendes technische Equipment mussten gewährleistet werden. Trotz dieser anfänglichen Schwierigkeiten entwickelte Mazumdar-Shaw Biocon zu einem weltweit erfolgreichen Unternehmen. Es war die erste indische Firma, die Enzyme herstellen und diese in die USA und nach Europa verkaufen konnte. Heute ist Biocon ein vollständig integriertes biopharmazeutisches Unternehmen, mit einem umfangreichen Produkt-Portfolio und einem Forschungsschwerpunkt für Diabetes, Onkologie und Autoimmunkrankheiten. Mazumdar-Shaw hat ihre eigene Firma auch durch die Gründung zweier ergänzender Firmen (Syngene 1994, Clinigene 2000) weiter vorangebracht.

Neben ihrer Arbeit für ihre eigene Firma hat Mazumdar-Shaw sich in ihrer Heimat Indien mit der Biocon-Foundation dafür eingesetzt, dass auch die schwächeren Gesellschaftsschichten Zugang zu medizinischer Versorgung bekommen. Sieben Kliniken gehören zur Biocon-Foundation und jede versorgt rund 50 000 Menschen, die sonst keinen Zugang zu moderner Medizin hätten. Auch an der Einrichtung einer Krebs-Klinik mit 1400 Betten in Bangalore war Mazumdar-Shaw maßgeblich beteiligt.

Kiran Mazumdar-Shaw hat schon zahlreiche Auszeichnungen und Ehrendoktortitel erhalten. Unter anderem zwei der höchsten indische Auszeichnungen (Padmashri 1989 und Padma Bushan 2005) für ihre grundlegenden Erfolge in der industriellen Biotechnologie.