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Konstruktion - Der Wirtschafts-Thriller: Teil 14

Ganz neu Perspektiven - Das Angebot der CIA

Der Jaguar fuhr langsam vom Parkplatz herunter. Chillige, atmosphärische Tracks von CD füllten das Wageninnere, sie schienen dahin zu gleiten. Sie glitten im Einklang mit der Musik waren aber keine Einheit sondern gefangen in ihren dissonanten Körper. Ihre ehedem geglaubte Einheit war verschwunden, schien aufgelöst. Die Lichter der Großstadt säumten ihr zwiespältiges Dasein. Die Straße war das einzige, was sie in diesem Moment gemeinsam teilten. Es ging nur vorwärts. Vorwärts in einem gleichmäßigen Fluss, aber wohin? Wo war ihr Ziel, ihre gemeinsame Intention, wenn es überhaupt so etwas gab?

„Es ist tatsächlich wahr! Ich bin ein Spezialagent beim C.I.A. und gehöre einer Sondereinheit an!“ brach Colin ihr Schweigen. „Ich kann es nicht glauben! Du hast mich die ganze Zeit über belogen, mich zum Narren gehalten. Und ich habe Dir vertraut!“ Philipp war in diesem Augenblick maßlos enttäuscht. Irgend etwas zwischen ihnen schien unwiderruflich zerrüttet. „Ich kann nur sagen, dass es nicht so ist wie Du vielleicht vermutest. Am Anfang war vielleicht Berechnung mit im Spiel, aber dann wurde es Freundschaft, Vertrauen und all das!“ „Vertrauen, das ich nicht lache. Ich habe Dir vertraut, aber du ...?“ brachte Philipp mit einem zwar höhnischen doch halbherzigen Lachen hervor. „Okay, ich hatte meinen Auftrag. Es ging darum dich kennen zu lernen. Aber das war ziemlich schnell nicht mehr vordergründig!“ „Ha, das ich nicht lache! Für deine Vorgesetzten schon. Du solltest mich doch beschatten und aushorchen.“ ließ ihn Philipp mit einem Kopfschütteln wissen.

Und was ist mit deinem Job als Softwareproduzent? Alles nur ausgedacht? Eine Scheinidentität?“ „So ist es!“ „Und eben diese Nummer im Tasmanian Garden?“ „Eine weitere Identität! Das gehört dazu!“ „Oh Shit, ich könnte das nicht. Niemals. Wie kannst du zu dir selbst finden, wenn du nie du selbst bist? Wie kannst du deine Linie finden, wie dein Leben leben? Was ist dir deine Identität wert? Was bist du dir überhaupt selber wert?“ In Philipps Stimme lag jetzt etwas absolut eindringliches. Man spürte, dass es ihm fortan nicht mehr darum ging, Delaney zu verhöhnen, sondern ihn zu verstehen und einen Zugang zu ihm zu bekommen. Zwar war es so als wäre er von einem auf den anderen Moment in eine andere Haut geschlüpft, aber dennoch war das Delaney. Und immer noch schien Philipp etwas an diesem Mann zu liegen.

Es war immer noch derselbe, mit dem er diese einzigartigen Gespräche über Gesichtsmasken, Rucksackurlaub und Sex unter der Dusche geführt hatte. Man konnte es auf einmal deutlich spüren. Es lag in der Luft. Zwei Männer kämpften um ihre Freundschaft. „Du entwickelst natürlich ein ganz anderes Verhältnis zu dir selbst und deiner Umwelt. Du wirst automatisch misstrauischer! Stellst ständig dich selber und alles andere, einfach alles um dich herum in Frage. Du denkst manchmal eine Sache hat Tiefe und spürst im selben Augenblick, dass es nicht so ist. Du bist auf seltsame Art und Weise gefangen! Manchmal hasse ich das alles. Würde es am liebsten hinter mir lassen, aber dann ist da dieses Gefühl, dass mich die Jungs und mein Land brauchen.

Und dann ist es auch diese kalte Faszination, die dem ganzen zugrunde liegt. Du schlüpfst in eine andere Identität und adaptierst in Sekunden Bruchteilen andere Wesenszüge. Du bist Schauspieler und das Leben ist deine Bühne. Gleichzeitig bist du aber auch Zuschauer in einem Kinofilm. Alles ist vorstellbar. Was du gestern im Kino gesehen hast, das kann Morgen wahr werden, verstehst du? Und wenn du bezahlst für deinen Film, den du dir auf der einen Seite anschaust und in dem du auf der anderen Seite mitspielst, dann ist es am Ende sogar vielleicht dein Leben mit dem du bezahlst. Aber dafür hast du einen unaufhörlichen Kitzel. Die Gefahr ist dein ständiger Begleiter. Du liebst es und du hasst es. Es ist beides. So sehr es dich auf der einen Seite ängstigt, so sehr fasziniert es dich auf der anderen. Versuche nicht mich zu verstehen. Ich erwarte es auch gar nicht von dir!“

Wieso habt ihr das Massaker am Flughafen nicht verhindert, wenn du und deine feinen Kollegen doch scheinbar alles im Voraus gewusst haben? Die vielen unschuldigen Menschen, die dabei drauf gegangen sind. Kannst du dir vorstellen wie das ist, wenn du selber fast dabei drauf gehst und dann diese vielen sterbenden Menschen um dich herum siehst? Und überhaupt, wenn du vorgibst mein Freund zu sein, wieso hast du das dann zugelassen, dass ich fast ins Gras gebissen hätte. Man ich kann dir sagen, das ganze hat mir eine Scheiß Angst gemacht?“ Philipp redete wild gestikulierend auf Delaney ein. Der hatte große Mühe, ihn zu beschwichtigen.

„Sorry, da muss ich passen! Und das musst du mir glauben! Wir haben doch bis zum Schluss gedacht, dass du mit diesem Frazier nach Detroit fliegen würdest! Frazier hatten wir überhaupt nicht auf unserer Rechnung. Er war in unseren Augen eine unbedeutende Randfigur. Der Bauer beim Schach. Die Verhandlungen in Detroit solltest Du doch führen. So war es abgesprochen, so weit ich weiß. Du hast es mir selber gesteckt, weißt du das denn nicht mehr? Und eben diese Verhandlungen ... wir haben das als den großen Turning Point angesehen, weißt du? Danach dachten wir würde es Klarsicht geben. Das da eine Bombe in diesem Koffer sein würde, das hat keiner geahnt!“ „Oh Scheiße!“ Philipp zauderte.

Woher habt ihr aber überhaupt gewusst, was da in Detroit abgehen sollte?“ „Eine Angestellte der Cymatrix Company. Sie ist eigentlich in der Personalabteilung. Sie hatte ein bisschen Dreck am Stecken. Unterschlagung einiger Gelder in eurem Unternehmen. Davon haben wir bei einer Routine Recherche, so nennen wir das jedenfalls, Wind bekommen, und daraufhin haben wir sie festgenagelt. Sie hatte keine Wahl. Sie willigte in unseren Deal ein, und so erhielten wir Einblick in Seymours Terminplaner. Wie sich herausstellte, ist der aber nicht ganz lückenlos.“ „Verstehe, Bombenattentate sind nicht extra aufgeführt!“ Der Sarkasmus in Philipps Stimme war kaum zu überhören. „Die gute Frau verschaffte uns dann auch Einsicht in deine Personalakte und kurz bevor du in die Firma eingetreten bist, war uns klar, dass du unser Mann sein würdest!“ „Wie meinst du das? Euer Mann.“ drängte Philipp gespannt auf die Antwort. „Also, das erkläre ich dir gleich bzw. mein Chef wird es dir erklären!“ „Dein Chef? Wieso bringst du mich zu deinem Chef?“ Philipp starrte ihn ungläubig an.

Ich sagte bereits du bist unser Mann. Das heißt wir setzen auf dich. Gemeinsam werden wir herausfinden was Seymour vorhat. Denn dass er etwas vorhat, scheint nicht erst seit gestern ersichtlich. Es gibt da noch zwei ungeklärte Todesfälle, die scheinbar ebenfalls auf seine Rechnung gehen. Darüber hinaus sind uns Seymour aber auch dieser Mc Grogan, der Mann der aussieht wie eine Mischung aus einer trägen Sau und einem brünstigen Kampfeber sehr wohl bekannt. Näheres sollst du aber gleich von meinem Chef erfahren!“ Mit diesen Worten schloss Delaney das Gespräch. Ihre Fahrt dauerte noch ungefähr eine weitere Stunde bis sie schließlich den Ort erreicht hatten, an dem sie auf Duncan Callahan, den Vorgesetzten von Delaney, treffen sollten.

Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt als sie in Atlantic City ankamen. Direkt am Wasser hatten sie den Jaguar an der Straße abgestellt und begannen im Wagen sitzend zu warten. Eher selten verkehrten hier noch andere Autos zu dieser Stunde. Circa fünf Minuten später, sahen sie im Rückspiegel die Scheinwerferlichter eines Wagens, der kurz darauf hinter ihnen zum Stehen kam. Der Wagen hinter ihnen ließ zweimal kurz hintereinander das Fernlicht aufleuchten. „Das ist er! Los, lass uns zu ihm hinüber gehen!“ sagte Delaney. Philipp nickte. Dann stiegen die beiden aus dem Wagen und trotteten zu ihm hinüber.

Ein kurzes Schnappgeräusch signalisierte ihnen, dass Callahan die Zentralverriegelung des Wagens gelöst hatte. Die beiden nahmen hinter ihm auf der Rückbank Platz. Callahan drehte sich dann zu ihnen herum und begrüßte Philipp förmlich mit einem Handschlag. Die obere Hälfte des Gesichtes von Callahan war vollends in Schatten getaucht. Nur sein Mund und die untere Hälfte seiner Nase waren deutlich zu sehen. „Schön, dass wir uns endlich persönlich kennenlernen. Leider sind die Umstände ein wenig bedauerlich, aber so will es nun einmal das Schicksal, das uns hier und jetzt und heute zusammengeführt hat!“ Callahans Stimme war in diesem Moment erfüllt von einer vertrauensseligen Wärme. Dann lag darin auch so etwas wie Ruhe. Irgendwie väterliche Ruhe, die geeignet dazu schien, Zuversicht zu geben. Für Philipp, der sich ständig hin und her gerissen fühlte und nahezu in die Abgründe des unverhohlenen Wahnsinns hinab gerutscht war, schien das überlebenswichtig.

Ich hätte nicht erwartet mal irgendwann etwas mit dem C.I.A. zu tun zu haben.“ „Sie können mir glauben. Von uns hätte auch keiner erwartet, mal irgendwann im Dienste dieser Organisation zu stehen! Nicht war Delaney?“ Er sah in Delaneys Richtung. Der nickte ihm nur zu. „Irgendwann kommt der C.I.A. auf dich zu, tritt gewissermaßen in dein Leben. Und dann kommt der Moment wo man sich entscheiden muss!“ „Und das ist hier der Moment, in dem ich mich entscheiden soll?“ gab Philipp in fragendem Ton zurück, wobei er in jedem Fall wusste wie die Antwort lautete. „So ist es!“ erwiderte Callahan. „Ich soll also einsteigen. Welche Rolle haben sie mir denn zugedacht? „Ich denke, das wissen sie bereits!“ Callahan blickte ihm mit erhobener Stirn tief in die Augen.